Die Anerkennung der Sportstars in Deutschland bleibt oftmals aus. Michael Schumacher und Florian Wirtz sind dafür zwei prominente Beispiele.
Fans sauer auf zwei NRW-StädteKeine Ehrung für Michael Schumacher und Florian Wirtz
Deutschland tut sich schwer mit seinen Sportstars. Das erlebte Franz Beckenbauer (†78) nach dem angeblich gekauften „Sommermärchen“ 2006.
Das erlebte Boris Becker (57) nach Frauen- und Finanzaffären und sagte nach der Ehrung zur EXPRESS-Lichtgestalt 2016 gerührt: „Das ist der erste Preis, den ich für mein Lebenswerk erhalte.“ Das erlebte Formel-1-Gott Michael Schumacher (55), dem als angeblichem Steuer-Flüchtling das Bundesverdienstkreuz und die Ehrenbürgerschaft in Kerpen verwehrt blieben. Und so ergeht es nun auch Jungstar Florian Wirtz (21) in seiner Heimatstadt Pulheim.
Fans sauer: „Wie viel Zeit wollen die sich denn noch nehmen?“
Die leidige Geschichte um die Ehrenbürgerschaft in Kerpen zieht sich schon seit 2006. Damals wurde ein Vorschlag von Oberfan Reiner Ferling (†72), den nach Adolf Kolping (†51) und Wolfgang Graf Berghe von Trips (33) berühmtesten Sohn der Stadt zum Ehrenbürger zu ernennen, von Bürgermeister Ralf Valkysers (CDU) abgelehnt. Begründung: Es gebe in der Stadt keine Ehrensatzung. Dies wurde auch bei späteren Anträgen als Ausschlussargument genannt.
Doch Ferling blieb hartnäckig und startete anlässlich des zehnten Jahrestags Schumachers tragischen Skiunfalls eine Online-Petition. Und plötzlich gab es mit Bürgermeister Dieter Spürck (CDU) und SPD-Fraktionschef Andreas Lipp Fürsprecher.
Der sagte: „Wir sehen es grundsätzlich positiv, verdiente Bürger der Kolpingstadt zu ehren. Michael Schumacher gehört zu den wichtigsten Persönlichkeiten von Kerpen. Und wenn wir das mit einer Ehrenbürgerschaft machen, unterstützt die SPD das gerne.“ Spürck brachte sogar wieder die alte Idee eines Schumi-Denkmals ins Spiel.
Nur CDU-Fraktionschef Klaus Ripp sperrte sich: „Meiner Meinung nach haben wir Michael Schumacher in Kerpen ausreichend geehrt.“ Er sei zum Beispiel der einzige Kerpener, nach dem noch zu Lebzeiten eine Straße benannt worden sei.
Pikant: Ripp war es auch, der 2015 einen Neubau der in Kerpen-Manheim vom Tagebau bedrohten Kartbahn in der Nähe seines Wohnortes Blatzheim mit Verweis auf die Lärmbelastung ablehnte.
Dennoch sollte die Verwaltung prüfen, ob eine Ehrensatzung analog zur EU-Gemeindeordnung eingeführt werden könnte. Die teilte im März mit, der Stadtrat solle eine Entscheidung in der Sache treffen. Seitdem wurde aber ein geplanter interfraktioneller Austausch nach EXPRESS.de-Anfragen mit Verweis auf die schwierige Haushaltslage und andere wichtigere Themen vertagt.
Bürgermeister Spürck hielt es im September jedoch für wichtig, eine Änderung des Autokennzeichens von BM in KER zu fordern: „KER für die Schumacher-Stadt würde nicht nur die Rennsportbegeisterten in der größten Stadt des Rhein-Erft-Kreises freuen.“
Keine Änderung bei Michael Schumacher erwartet
Das nahm EXPRESS.de zum Anlass, erneut nachzuhaken. Und bekam nun die Antwort: Schumi wird in der Schumacher-Stadt Kerpen (vorerst) kein Ehrenbürger.
SPD-Fraktionschef Lipp bestätigte das auch im Namen der anderen Ratsfraktionen: „Wir sind uns einig, dass wir derzeit keine Verwaltungskräfte mit einer Erstellung einer Ehrenordnung beauftragen möchten, bedingt durch aktuellen Herausforderungen für unsere Stadt im Hinblick auf den anstehenden Doppelhaushalt mit einer millionenschweren Haushaltslücke. Die angespannte Personaldecke ist jetzt schon damit ausgelastet, den von übergeordneten Stellen an die Städte verordneten Aufgaben Herr zu werden.“
Doch er macht Ferling und den anderen Fans Hoffnung, dass ihr Idol doch noch die Ehre zuteil werde: „Das bedeutet nicht, dass wir in der Zukunft keinen Beschluss für das Aufstellen einer Ehrenordnung fassen könnten. Nur in der aktuellen Situation legen wir die Prioritäten auf die anderen Bereiche wie Jugendhilfe, Schulen etc.“
Hier lesen: Bericht über DFB-Juwel: Wirtz-Hammer bei Bayer Leverkusen
Fanclub-Vorsitzender Ferling ist trotzdem sauer, sagt EXPRESS.de: „Seit fast 20 Jahren versuche ich die Ehrenbürgerschaft in Kerpen auf den Weg zu bringen. Damals haben sich die Bürgermeister Valkysers und Sieburg in Michaels Licht gesonnt. Wie viel Zeit wollen die sich denn noch nehmen? Ich halte die aktuelle Begründung für eine Ausrede, das Thema auf die lange Bank zu schieben.“ Er befürchtet dank seines Kontakts zur Familie Schumacher: „Nach allem, was in den letzten Jahren passiert ist, kann ich mir gut vorstellen, dass die Familie diese Ehrenbürgerschaft gar nicht mehr will.“
Ähnlich wie Schumi in Kerpen ergeht es Florian Wirtz in Pulheim. Trotz dessen Double-Gewinns mit Bayer Leverkusen und Toren bei der Heim-EM wurden eine öffentliche Ehrung oder ein Eintrag ins Goldene Buch der Stadt u.a. von Bürgermeister Frank Keppeler (CDU) abgelehnt. Auch ein erneuter Vorstoß von SPD-Politiker Torsten Rekewitz wurde von den Fraktionen verhalten aufgenommen. „Wir werden die Anregung zur Ehrung von Herrn Wirtz im Ältestenrat behandeln“, ließ die FDP mitteilen.