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So lotste Weber Schumi zu Ferrari„Willst du Nachfolger eines Affen werden?“

Ferrari-Teammanager Jean Todt feiert Michael Schumacher.

Am 8. Oktober 2000 feiert Michael Schumacher mit Jean Todt den WM-Titel mit Ferrari in Suzuka. Mika Häkkinen und McLaren-Kollege David Coulthard sind geschlagen.

Willi Weber, Ex-Manager von Michael Schumacher, schreibt in seiner Autobiografie „Benzin im Blut“ über seine Zeit mit der Formel-1-Legende.

Köln. Michael Schumacher (52) und Ferrari. Das ist eine Liebesbeziehung, die mit fünf Weltmeister-Titeln in Serie Formel-1-Geschichte schrieb. Aber dass der schnelle Kerpener vor der Saison 1996 bei dem damaligen Chaos-Team unterschrieb, erforderte viel Überzeugungsarbeit von Willi Weber (79). Darüber schreibt der Manager in seiner am 27. August im Lübbe-Verlag erscheinenden Autobiografie „Benzin im Blut“. EXPRESS darf daraus vorab zitieren.

In der Formel 1 ist es wie in jeder Ehe. Über kurz oder lang bist du beziehungsmüde und neugierig auf was Neues. Michael und ich blicken auf vier erfolgreiche Benetton-Jahre zurück, als mich plötzlich per Brieftaube die Nachricht erreicht, Ron Dennis habe großes Interesse daran, mit mir zu sprechen. Dennis ist der mächtige Teamchef von McLaren. Ein Pokerface, das zum Lachen mit der Lore ins Bergwerk einfährt, weil ihm der Keller nicht tief genug ist.

Dass Ron das außerordentliche Potenzial von Michael erkannt hat, steht für mich außer Frage. Und dass er ihn um jeden Preis haben will, auch das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Für diese Erkenntnis muss man aber kein Hellseher sein. Letztlich hat jeder Formel-1-Chef nur dieses eine Ansinnen: Top-Piloten vom Markt kaufen – und sei es, um der Konkurrenz zuvorzukommen.

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Ron Dennis verzichtet nicht nur aufs Vorspiel

Und dann macht mir Dennis auch schon ein Angebot. Dieser Mann verzichtet nicht nur aufs Vorspiel, der steigt überhaupt nicht aus der Hose. Wir haben kaum verhandelt. Ich will ihm aber zugutehalten: Die Summe ist derart, dass eine Oma lange dafür stricken müsste. „Denken Sie ein paar Tage über mein Angebot nach, Herr Weber“, sagt Dennis gönnerhaft. „Und dann geben Sie mir über den Mittelsmann Bescheid, ob Michael annimmt oder nicht.“

Wir haben ein Boot gemietet und sind bei herrlichstem Wetter rausgefahren auf den Comer See. Ich im Bug, Michael an den Rudern. Wie in einem dieser alten Kostümfilme, wo der Edelmann seine Liebste über den Teich paddelt. Mitten auf dem See haben wir die Ruder eingeholt, und nun diskutieren wir schon seit Stunden voller Inbrunst McLaren versus Ferrari.

„Ich frage dich ganz ehrlich, Michael: Was willst du bei McLaren? Du weißt doch, was Niki Lauda vor Wochen über McLaren gesagt hat: Im McLaren kann sogar ein Affe gewinnen“, zitiere ich. „Und jetzt frage ich dich, Michael: Willst du der Nachfolger von einem Affen werden?“ Michael verschränkt die Arme vor der Brust: „Was für eine Frage, Willi. McLaren ist das Siegerteam! Und wir können davon ausgehen, dass das so bleibt. Und wir mit dem Auto gewinnen. Guck dir doch mal Ferrari an! Die gewinnen seit Jahren kein einziges Rennen mehr. Was soll ich in diesem Loser-Team? Die fahren doch nur hinterher.“

„Aber was soll das für eine Leistung sein, wenn du in einem McLaren gewinnst?“, insistiere ich. „Du steigst in ein perfektes Auto ein und fährst als Erster über die Ziellinie. Und dann? Bist du stolz? Ich sag’s dir: nein. Aber nimm mal an, du steigst in einen Ferrari. Ein Scheiß-Auto, wie wir beide wissen. Aber du machst daraus ein Siegerauto. Und dann? Dann bist du stolz! Das ist nämlich dein Erfolg.“

Michael zögert noch immer, und ich beschließe, dass es an der Zeit ist, ihn unter Druck zu setzen. „Pass auf, ich brauche in den nächsten drei Tagen eine Entscheidung von dir. Denn dann fliege ich entweder nach London oder nach Paris.“ Michael guckt mich an. Für einen Moment herrscht Schweigen. Er nickt: „Okay, Willi, wenn du meinst! Dann nimm Kontakt auf mit Ferrari.“

Buchcover der Autobiografie von Willi Weber: „Benzin im Blut"

Das Buchcover der Autobiografie von Willi Weber: „Benzin im Blut"

Auffällig unauffällig treibe ich mich beim nächsten Rennen, dem letzten der Saison, vor der Ferrari-Box herum. Ich muss nicht lange warten, und Niki Lauda kommt des Wegs, Berater bei Ferrari. „Sag mal, Willi, ihr seid doch jetzt frei für nächstes Jahr“, konstatiert er präzise. „Ja – und es ist auch noch nicht so ganz klar, wohin wir gehen“, werfe ich meinen Köder aus. Und Niki nimmt meine Einladung zum Tanzen an: „Na, dann nimm doch mal Kontakt auf mit dem Jean Todt.“ Ein paar Tage später treffe ich Jean Todt in dessen Pariser Wohnung. Ein wunderschönes, großzügig geschnittenes Domizil voller kostbarer Antiquitäten. Man sieht sofort: Todt ist ein Mann mit sehr teurem Geschmack. Dieser Abend ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die am Ende mit dem größten Erfolg der Rennsportgeschichte belohnt werden wird, aber das wissen wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.

„Probleme sind dafür da, gelöst zu werden“

Wir kommen auf Michaels Gage zu sprechen. Auch hier springt Todt mit beiden Füßen ins Thema und wirft ein Gebot in die Runde. „Nun, das liegt deutlich unter den anderen Angeboten, die wir haben“, lüge ich. Mein Gegenüber hebt sein Rotweinglas: „Probleme sind dafür da, gelöst zu werden, Herr Weber.“ Er prostet mir zu: „Ich bin Jean.“ Ich reiche ihm über den Tisch hinweg die Hand. „Willi.“

Es ist das erste von sehr vielen Meetings. Bei einem Formel-1-Deal geht es nämlich de facto nicht darum, nur einen Vertrag zu verhandeln, sondern gleich sechs oder sieben. Doch am Ende liegt es vor uns, das Ergebnis von harten Verhandlungen und sehr viel Schweiß: ein wasserdichter Eins-A-Vertrag.

Den nehme ich Michael zur Unterschrift mit. Bin ich stolz? Nein. Eine Vertragsunterzeichnung ist für mich ein unsentimentaler Akt. Wo andere ihren Montblanc-Füller zücken, greife ich zum herumliegenden Kugelschreiber.