Schumi als Mercedes-LehrlingJochen Mass: „Mein Gott, fuhr der uns Alten um die Ohren“

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1990 in Hockenheim: Die Mercedes-Sportwagenfahrer Jean-Louis Schlesser, Michael Schumacher, Heinz-Harald Frentzen, Jochen Mass, Karl Wendlinger und Mauro Baldi (v.l.)

von Oliver Reuter  (reu)

Formel-1-Legende Michael Schumacher wird am 3. Januar 50 Jahre alt. In unserer Serie erinnern sich seine wichtigsten Weggefährten an ihre Jahre mit Schumi.

Heute: Schumis Lehrjahre in der Sportwagen-WM

Später sagte Schumi oft schmunzelnd: „Wir Schumachers können es nicht in Autos mit Dach.“ Doch auf seinem Weg vom Formel-3-Meister in Richtung Formel 1 wurde der Rohdiamant in Autos mit Dach geschliffen – und zwar von seinem Mercedes-Lehrmeister Jochen Mass (72).

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Der frühere Formel-1-Haudegen teilte sich mit Schumi 1990 die legendäre Mercedes-C11-Flunder (730 PS) in der Sportwagen-WM. Bei uns erinnert sich Mass an seine Mercedes-Jahre mit Michael Schumacher.

Von Jochen Mass

Michael kam aus der Formel 3 zu uns. Er war schnell, aber er war es gewohnt, ein Einzelkämpfer zu sein. Ich sollte das Vorbild sein. In ein Werksteam eingebunden zu sein, war für Michael neu. Die Abläufe in einer so großen Mannschaft erfordern Disziplin. Er sollte an meinem Beispiel sehen, wie man mit Ingenieuren zusammenarbeitet und mit der Presse umgeht.

Mercedes-Juniorteam mit Schumi, Frentzen und Wendlinger

Mercedes hatte auch Meister Karl Wendlinger und Heinz-Harald Frentzen aus der Formel 3 geholt. Schnell waren sie alle drei, das sah man schon bei den ersten Tests. Aber bei Michael fiel auf, wie methodisch er vorging. Er war einfach schlauer. Er wollte immer etwas verbessern, am Auto und an seinem Fahrstil. Er studierte penibel die Computerdaten und verglich seine Zeiten mit denen der anderen. Er fragte sich ständig: Wo sind die besser, wo habe ich Vorteile?

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Frühjahr 1990: Mercedes-Rennleiter Jochen Neerpasch mit seinen drei Junioren Michael Schumacher, Karl Wendlinger und Heinz-Harald Frentzen

Michael Schumacher blieb immer hartnäckig

Frentzen war da anders. Er war superschnell, eine natürliche Begabung, aber ein Luftikus, der mit seinen Gedanken oft woanders war. Frentzen hat sich in seiner ganzen Karriere unter Wert verkauft. Mir war klar, dass Michael so etwas nicht passieren würde.

Michael hat bei mir ganz genau zugeschaut. Außerdem hatte ich den Ehrgeiz angestachelt, ohne viel sagen zu müssen. Ich war 43, Michael 21. Er hätte niemals akzeptiert, langsamer zu sein als jemand, der doppelt so alt ist wie er.

Und er hat gemerkt, dass wir älteren Fahrer manchmal zu lässig sind. Wenn wir den Ingenieuren im Training sagten, lasst gut sein, das Auto ist okay so, mit der Abstimmung fahren wir im Rennen, dann blieb Michael hartnäckig und sagte: Da und dort könnten wir sicher noch etwas verbessern.

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Michael Schumacher bei seinem Sieg im Mercedes-C11-Sportwagen in Mexiko.

Schumacher fuhr den Alten um die Ohren

Einmal wollte er wissen, wieso ich in einer bestimmten Kurve schneller bin als er. Ich habe ihm, etwas flapsig, geantwortet: „Vielleicht, weil ich mehr Muckis habe als du!“ Die Autos waren schwer zu lenken, wir brauchten viel Kraft in den Armen. Michael hat schnell verstanden, wie wichtig Fitness ist. Er war eher schmal, also machte er Muskeltraining.

Ich habe ein bisschen väterliche Gefühle für ihn gehegt. Natürlich wusste ich, dass eine neue Zeit beginnt und meine zu Ende geht. Beim letzten Saisonrennen 1991 in Japan habe ich mir gedacht: Langsam wird's Zeit aufzuhören. Michael fuhr uns Alten dermaßen um die Ohren. Mein Gott, hat der das Ding um den Kurs gejagt!