Die Aidshilfe Köln feierte nach fast zehnjähriger Pause wieder eine spektakuläre Gala. Viele Stargäste sorgten dafür, dass am Ende eine Rekord-Spendensumme zusammengetragen werden konnte.
Rekordspende nach ShowAidshilfe sorgt für spektakuläres Gala-Comeback in Köln – Zarrella hielt sein Wort
Was für ein fulminantes Comeback! Fast zehn Jahre musste Köln auf eine schillernde Gala der Aidshilfe verzichten. Nach der 23. Ausgabe im Rahmen des CSD 2015 schien das Ende des glamourösen Abends besiegelt. Doch am Montagabend (2. Dezember 2024) gelang die spektakuläre Rückkehr auf die Eventbühne der Stadt.
Der Musical Dome bildete mit seinem „Moulin Rouge“-Ambiente den passenden Rahmen für ein vierstündiges Gala-Programm mit zahlreichen Höhepunkten. Viele der über 1600 Gäste – darunter einige Dragqueens – hatten sich mächtig in Schale geschmissen und feierten nach dem Bühnenprogramm noch ausgelassen weiter.
Die Gala brachte über 123.000 Euro für die Kölner Aidshilfe
Zum Auftakt ertönten erschreckende und bedrückende Statements voller Missgunst, Hass und Demütigungen aus der Politik und HIV-positiven Menschen aus den 80er- und 90er-Jahren. „Wir sind da, um das Gegenteil zu feiern“, sagte Moderatorin Erika Laste, der perfekt der Spagat zwischen etwas Klamauk und Ernsthaftigkeit gelang. „Die Gesellschaft wird rauer, Gegenwind kommt. Offene Liebe wird von rechts attackiert“, zählte die Stand-Upperin auf.
Das ehrenamtliche Show-Projekt der Aidshilfe Köln sang das Intro „I will Survive“ und zeigte damit gleich, wie groß das Engagement aller war, um diese Gala wieder möglich zu machen. Über 50 Sponsoren halfen, die Stars traten ohne Gage auf, Südstadt-Künstler Cornel Wachter organisierte beispielsweise einen Flügel.
„Ich hatte Dirk Bach versprochen, dass ich mich weiter um das Event kümmere. Köln braucht so etwas, das muss sogar noch größer werden“, verriet er EXPRESS.de. „Ich habe gedacht, alles ist vorbei“, gestand auch Chansonnier Tim Fischer. „Ich habe die Gala vermisst und bin sehr stolz auf die Stadt Köln, dass solch ein Abend wieder möglich ist.“
Der Schauspieler war einer der hochkarätigen Programmpunkte. René Gligée brachte den Saal dazu, Karnevalsklassiker zu singen. Marcella Rockefeller verriet zwischen ihren Titeln „Liebe ist kein Einzelfall“ und dem Rosenstolz-Klassiker „Liebe ist alles“, dass sie nach 16 Jahren Köln Richtung Berlin verlassen habe.
Die deutsch-amerikanische Entertainerin Gayle Tufts erinnerte zwischen ihren Songs „Don’t Stop the Music“ und „I Need a Hero“ ebenfalls an Dirk Bachs Wesen: „Was würde der wohl sagen angesichts dessen, was überall so los ist?“ Zudem verriet sie, dass sie allein in den 90er-Jahren 27 enge Menschen an Aids verloren habe.
Die 50 Grüngürtelrosen sorgten direkt nach der Pause für laute „Zugabe“-Rufe. Lola Lametta präsentierte das Lied „Hymne à l‘amour“ von Céline Dion. Während des Songs wurden großflächige Bilder von Freddie Mercury, Aidshilfe Köln-Gründer Jean-Claude Letist, HIV-Aktivist Jörg Vathke sowie natürlich Dirk Bach hochgehalten, um an die zu erinnern, die an den Folgen ihrer HIV-Erkrankung verstorben waren.
Auch Comedian Markus Barth (47) nutzte seinen Auftritt für beißende Kritik. „Endlich mal nette Menschen. Draußen rennen so viele Gewitterfressen herum. Wann ist die Lunte bei allen nur so kurz geworden? Die Pandemie hat uns nicht gutgetan“, merkte er an. Seit 20 Jahren ist der Franke mit seinem Mann zusammen, 2018 heirateten sie.
„Ich wurde in Köln schon homophob beleidigt“, sagte er. „Bilder aus Bautzen und Leipzig, wo der CSD nur mit Polizeischutz stattfinden kann, machen mir Angst. Aber diese Abende geben mir Aufwind, wenn man das ganze Jahr den Rotz im Netz liest.“
Dem konnte auch der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (44), nur zustimmen. „Die Aidshilfe ist ein Ort der Wärme in einer kälter wirkenden Zeit. Dort wird Solidarität gelebt, denn es darf nicht interessieren, wie Menschen lieben, leben und begehren.“
Für die beiden musikalischen Höhepunkte sorgten zwei echte Popstars. Marianne Rosenberg (69, „Er gehört zu mir“) sang ebenso wie Giovanni Zarrella (46). Nachdem der am Freitag noch aufgrund seiner schmerzhaften Nierensteine den „Kölner Treff“ vorzeitig verlassen musste, präsentierte er mit „Fantastico“, „Ci Sarai“, „Senza te“ und „Universo“ vier Lieder.
„Ich hatte es zugesagt“, begründete er sein Kommen trotz der gesundheitlichen Probleme. Zudem spendete er noch spontan einen Euro pro Handylicht bei seinem Song – natürlich gingen alle im Saal an.
Die finanziellen Sorgen der Aidshilfe waren ein Dauerthema des Abends. In Nordrhein-Westfalen sind Kürzungen von 1,5 Millionen Euro geplant. Die Wiederauflage der Gala hat über 123.000 Euro erwirtschaftet – eine noch nie dagewesene Summe. Das „Moulin Rouge“-Team überreichte zudem eine Spende von 42.000 Euro, die Rewe-Group 15.000 Euro, die Gemeinschaft Kölner Schausteller 2000 Euro und Tim Fischer 1255 Euro.
Geschäftsführer Oliver Schubert verdeutlichte, wie sehr das Geld benötigt werde. Im Etat klaffe trotz der Rekordsumme immer noch ein Loch. Noch auf der Bühne ging er deshalb vor Marketing-Chef Markus Römer auf die Knie und holte sich so die Zusage, dass am 1. Dezember 2025 passend zum Welt-Aids-Tag und dem 40-jährigen Bestehen der Aidshilfe wieder eine Gala stattfinden kann.
Vorstand Jürgen Rockstroh freute sich: „Über das Geld hinaus hilft die Wärme, die man hier spürt. Wenn wir zusammenhalten, können wir Dinge verändern, egal was politisch passiert.“ Dem pflichtete auch Bürgermeister Ralf Heinen bei: „In diesem blauen Müllsack, wie die Kölner ihn nennen, schlägt das rote Herz. Die Botschaft, die von diesem Abend gesendet wird, ist klasse. Da können alle stolz drauf sein.“
Landesminister Karl-Josef Laumann (67) nahm vor allem die finanziellen Sorgen aller mit nach Düsseldorf. „Die Aidshilfe leistet einen Riesen-Beitrag in der Gesellschaft und behandelt alle Menschen mit Respekt, selbst so einen Typen wie mich, der nicht aus dem Milieu kommt. Wir können stolz sein, dass die Medizin solche Fortschritte gemacht hat und eine HIV-Erkrankung kein Todesurteil mehr ist“, sagte er.
Aidshilfe-Gala steigt auch wieder am 1. Dezember 2025
Dennoch: Allein in Köln sind im letzten Jahr sieben Menschen an den Folgen einer HIV-Infektion gestorben, und auch in NRW stieg die Zahl der Toten im Vergleich zum Vorjahr. Mit der Gala wollten die Veranstalter für mehr Sichtbarkeit des Themas sorgen und auch ein Zeichen für mehr Gesundheit, mehr Vielfalt und mehr Menschlichkeit setzen.
„Dass es die Gala wieder gibt, ist für Köln unheimlich wichtig. Das Vergessen ist das Schlimme. Daher ist es gut, dass wir dafür stehen und wachrütteln“, sagte der Kölner Künstler Ken Reise alias Julie Voyage. „Wir müssen immer wieder in den Vordergrund schieben, wie wichtig der CSD und die Aidshilfe sind. Durch einen gewissen Wohlstand verschwinden solche Themen aus der Öffentlichkeit.“