EXPRESS erzählt die bewegende Geschichte eines Kölner Kriegs-Veterans, dem auch nach seiner Rückkehr das Glück einfach nicht treu bleiben wollte.
Oscar-Traum für KriegsfilmBewegende Story um Kölner Kriegs-Veteran (†80): Ein Leben voller Leid
Vier Oscars gab es am Sonntag (12. März 2023) für „Im Westen nichts Neues“. Der deutsche Film handelt wie seine Romanvorlage von Erich Maria Remarque von den Schrecken des Ersten Weltkrieges. Es ist Fiktion, die auf der Grundlage historischer Ereignisse fußt.
EXPRESS erzählt aus diesem Anlass die bewegende Geschichte eines deutschen Soldaten: die des Kölners Winand Franz Jaeger. Er war in der „Hölle von Verdun“ – und kehrte als Kriegs-Invalide heim.
Kölner Kriegs-Veteran Winand Franz Jaeger: EXPRESS erzählt seine Geschichte
Als Winand Franz Jaeger, Veteran der „Hölle von Verdun“, Überlebender zweier Weltkriege, 1966 in der Thielenstraße 15 in Ehrenfeld im Alter von 80 Jahren für immer die Augen schloss, hatte er ein Lächeln auf dem Gesicht.
So schilderte Karl Ferdinand Jaeger (damals 85) vor einigen Jahren den Tod seines geliebten Vaters, der einst der brave Kölner Soldat Winand war. Der tausend Tode starb und doch überlebte. Der als Kriegsversehrter nach Hause zurückkehrte. Der vielleicht erst ganz am Ende seines beschwerlichen Lebens endlich Frieden fand.
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Die Geschichte des Winand Jaeger ist ein deutsches Drama, eine fesselnde Kölner Biografie. In Zimmer 2112 des St.Vincenz-Seniorenstifts am Konrad-Adenauer-Ufer im Kunibertsviertel bewahrte Jaeger junior die Andenken.
Wie sehr viele Kölner in der Kaiserzeit, glaubte sein Vater an eine gute Zukunft. Ein Foto von 1912 zeigt den jungen Geschäftsmann vor seiner neu eröffneten Drogerie in der Stammheimer Straße in Riehl.
Sofort nach Kriegsbeginn jedoch wird Winand Jaeger eingezogen, erhält den Marschbefehl gen Westen: Belgien, Frankreich. Sein Geschäft muss der 28-Jährige schließen. Im Krieg verliert er auch seine Gesundheit.
Erhalten ist Jaegers blauer Militärpass, in dem alle seine Regimenter und Gefechte samt Datum akribisch eingetragen sind: La Meuse steht dort, dann La Vaux, schließlich auch Verdun, immer wieder Verdun.
Winand Franz Jaeger: nicht tot, aber vom Krieg schwer gezeichnet
Unter der Rubrik Orden und Ehrenzeichen ist registriert: „Eisernes Kreuz Zweite Klasse“. Dann hat die Militärverwaltung die Verletzungen verzeichnet. Es heißt: „Am 8. Juli 1915 infolge Granatverletzungen ins Lazarett.“ Und später: „Am 3.3.1916 infolge Granatverletzung am linken Kniegelenk ins Lazarett.“ Und schließlich der Eintrag vom 31.12.1916: „als dienstunbrauchbar mit Versorgung entlassen.“
Die Realität hinter der lapidaren Bemerkung: Jaeger, dessen linkes Bein infolge von Verletzung und OP zwei Zentimeter kürzer ist, muss den Rest seines Lebens Spezialschuhe tragen. Das linke Bein ist steif. Auf Stufen muss er es nachziehen.
Die Eheleute Jaeger (Hochzeit mit Sophie 1926) ziehen aus der beschwerlich gewordenen Dachgeschosswohnung Bechergasse 5 in die Parterrewohnung Thürmchenswall 71, nah am Rhein.
Der Kriegsveteran bekommt eine Stelle in einem Labor bei den IG Farben, doch er kann nicht lange stehen. Jaeger wird von der Stadt im Rheinauhafen angestellt: Er berechnet jetzt Warenzölle. Am Schreibtisch. Es herrscht die Ruhe vor dem nächsten großen Sturm. Der Zweite Weltkrieg steht bevor – er bringt neues Leid, neue Verzweiflung.
Der Zweite Weltkrieg bringt für die Familie neues Leid, neue Verzweiflung
Am 29. Juni 1943 sterben bei einem britischen Luftangriff 4377 Kölnerinnen und Kölner – Jaeger, seine Frau und die mittlerweile vier Kinder überleben, aber das Haus der Jaegers steht in Flammen, die Wohnung ist zerstört. „Da standen meine Eltern mit uns Kindern, darunter meine zweijährige Schwester als Baby, an der Bastei und wussten nicht wohin.“
Die Mutter kommt mit den Töchtern in Aachen unter, der kleine Karl mit dem Vater bei einer Tante in Köln. Doch der Krieg nimmt ein weiteres Mal eine dramatische Wendung für die Familie: 1944 wird der 15-jährige Sohn als Flakhelfer eingezogen. „Mein Vater hat bitterlich geweint, als er mich zum Bus brachte, der mich an die Kanonen fahren sollte“, erzählt der einzige Sohn.
Das Ende seiner Tage erlebte das Ehepaar Jaeger in Ehrenfeld. „Sie konnten sich nicht mehr richtig unterhalten, weil meine Mutter durch die Kriegsdetonationen einen Hörschaden erlitten hatte. Es war schwierig“, schildert Karl Jaeger die grauen Nachkriegsjahre.
Acht Jahre nach ihrem Mann, 1974, starb auch Sophie Jäger. Letzte Ruhe fanden sie auf dem Kölner Nordfriedhof.