Schlagzeuger bei BringsChristian Blüm verrät, warum er nicht nach Köln zieht

Christian Blüm, seit 1994 Schlagzeuger bei Brings

Christian Blüm, seit 1994 Schlagzeuger bei Brings. Er fädelte die Kooperation mit dem Beethoven Orchester Bonn ein. Das Foto entstand im Juli 2023 in Bonn am Rhein.

Christian Blüm (58) ist Schlagzeuger bei Brings, engagierter Bürger und einer, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Im großen Interview verrät er auch, warum ihn die Intoleranz vieler Großstädter stört.

von Andrea Kahlmeier  (ak)

Wenn das der Opa noch miterlebt hätte! Gilbert Blüm (18), Enkel des legendären CDU-Arbeitsministers Norbert Blüm (†2020), ist aktiv in der Jungen Union Bonn.

„Finde ich gut, auch wenn es nicht meine Partei ist. Aber solange es nicht die AfD ist, kann ich mit allem leben, was unsere demokratische Kraft unterstützt.“ Klare Ansage von Papa Christian Blüm (58), der seit fast 30 Jahren Schlagzeuger bei Brings ist und nie ein Blatt vor den Mund nimmt.

Christian Blüm von Brings im EXPRESS.de-Interview

Du fährst fast jeden Tag von Bonn nach Köln zur Bandprobe. Nie daran gedacht, umzuziehen?

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Christian Blüm: Nie. Der Charme, den Köln ausmacht, sind die Menschen. Aber die Stadt finde ich mit ihren vielen gestopften Baulücken hässlich. Bonn ist viel schöner, hatte aber auch den Vorteil, dass hier im Krieg alles erhalten geblieben ist. Ich wohne mitten in der Südstadt und liebe diese Stadt bis auf das aktuelle Verkehrschaos. Hier herrscht ein einziger Stau, die CO2-Werte steigen in die Höhe, die alten Traditionsgeschäfte gehen kaputt, weil es keine Parkplätze mehr gibt. Ob das die Grünen gewollt haben? Was mich aber auch stört, ist die Intoleranz vieler Großstädter.

Wie meinst du das?

Christian Blüm: Es gibt riesige Lärmimmissionsauflagen, weil sich ein paar Einzelne beschweren, wie beim Bonner Kunstrasen oder in Köln beim Tanzbrunnen, die erfüllt werden müssen. Das können sich kleinere Bands nicht leisten, da klafft die Schere mit den Weltstars immer weiter auseinander. Ich finde, wer die Vorzüge des urbanen Lebens genießen will, etwa mit dem Taxi für ein paar Euro in die Oper zu fahren, der sollte seinen Mitmenschen gegenüber etwas mehr Toleranz zeigen.

Du engagierst dich für viele Projekte, bist Schirmherr des Bonner Kulturbades, legst gern den Finger in die Wunde wie bei den Roten Funken in Katar. Nie daran gedacht, in die Politik zu gehen?

Christian Blüm: Nein, Politik ist ein schmutziges Geschäft. Zu viel Geschacher. Mir liegt es nicht, Kompromisse zu finden. Ich kann auch als Künstler klar meine Meinung sagen und merke, dass ich gehört werde. In unserer Familie hat das Politik-Gen eine Generation übersprungen.

Wie war denn das Leben mit einem Minister als Vater?

Christian Blüm: Ach, das stellt man sich immer so schlimm vor. Ich rechne es meinem Vater als großen Verdienst an, dass er versucht hat, alles so normal wie möglich zu halten. „Herr Blüm, sie bleiben aber zu Hause“, hieß es, wenn er die Überwacher wegschicken wollte. Und dann sind wir zusammen in die Kneipe gezogen. Wir haben auch immer tolle Sommerurlaube gemacht, zum Beispiel im finnischen Joensuu in einem Getreidesilo nahe der russischen Grenze. Da gab es keinen Strom und kein fließend Wasser. Das war wie ein Pfadfinderlager, da war mein Vater immer voll für uns da. Deshalb bin ich wohl auch sehr skandinavienaffin im Gegensatz zum Rest meiner Familie. Ich liebe einfach die Weite, das Meer. Und die Ruhe. Die Ruhe immer mehr.

Norbert und Marita Blüm mit Christian (Mitte) und seinen beiden Schwestern auf Abenteuer-Tour

Abenteuerliche Urlaube in Skandinavien: Norbert und Marita Blüm mit Christian (Mitte) und seinen Schwestern.

Die Brings-Gesichter kennt man. Drohte schon mal einer, wie bei anderen kölschen Bands, abzuspringen?

Christian Blüm: Nee, wir reden und lachen wirklich noch viel miteinander, auch nach 30 Jahren. Du solltest mal unsere vorpubertären Witze im Tourbus hören (grinst). Ich kenne Bands, da sitzen alle nach dem Auftritt im Bus und schweigen sich an. Klar, kann es wie in jeder Familie manchmal ordentlich krachen. Aber jeder hat bei uns so seins: Stefan und Peter die Texte und die Musik, Harry das Studio, ich bin für die Finanzen da ... Keiner von uns ist austauschbar. Ich finde, das ist auch wichtig für die Identifikation mit einer Band. Wir sind einfach gut aufeinander eingespielt. Ich hoffe, das wird man auf dem Roncalliplatz dann auch hören.

Bammel?

Christian Blüm: Und wie, viel mehr als vor dem Stadionkonzert, das ist der Höhepunkt unserer künstlerischen Laufbahn – mit echt ausgeschlafenen Arrangements und Überleitungen, nicht einfach „Brings goes Classic“. Wenns bei uns Fünfen im normalen Konzert mal hakt, können wir das überspielen. Aber hier mit dem gesamten Orchester? Da freu ich mich jetzt, dass ich doch Musik studiert habe. Ich kann nämlich als einer der wenigen in der Band Noten lesen, das war nicht ganz unwichtig im Zusammenspiel mit dem Beethoven Orchester. Da musst du wahnsinnig diszipliniert sein.

Wie sah denn ursprünglich dein Plan als Teenie aus?

Christian Blüm: Nach der Zehnten die Schule verlassen und Rockstar werden. Meine Eltern haben mich glücklicherweise in langen Gesprächen umgestimmt, sonst hätte ich nie studieren können.

Und, hält das Rockstar-Leben, was du dir davon versprochen hast? Du bist im Gegensatz zu deinen Kollegen mehr als 30 Jahre mit ein und derselben Frau zusammen, aber man sieht sie nie in der Öffentlichkeit ...

Christian Blüm: Ich finde, es ist gut für die Beziehung mit einem Musiker, wenn man einen Partner hat, den das alles kaltlässt und der es als Job wie jeden anderen sieht. Bei mir kommt dazu: Ich war und wollte nie die Rampensau sein, deshalb bin ich ja bewusst Schlagzeuger geworden und gerne im Hintergrund. Doch die Bühne ist schon meins. Ich kann es vielleicht so beschreiben: Das Brings-Karo ist wie eine Uniform, eine Rüstung. Das macht mental was mit dir, aber eben nur auf der Bühne.

Musik im Blut? Dann gleich an der Umfrage teilnehmen:

Na ja, offensichtlich auch mit den Frauen. Es scheint manchmal so, als würden sie immer übergriffiger werden, oder?

Christian Blüm: Das stimmt schon, es ist seit Corona noch extremer geworden. Die sind wirklich außer sich vor Freude, aber leider auch betrunkener. Selfies und so gehören zu unserem Job, kein Problem. Es gibt bei mir eine rote Linie. Wenn angefasst und zugedrückt wird, also nicht am Arm, sondern tiefer, dann wehre ich mich auch schon mal heftiger. Doch wenn ich dann meine Karo-Uniform z. B. nach der Hölle von Vettweiß ausziehe, mich ins Auto setze und nach Bonn fahre, bin ich wieder der ganz normale Christian.

Wie ist der? Was magst du?

Christian Blüm: Früher bin ich leidenschaftlich gern gejoggt, aber da spielen die Knie nicht mehr mit. Jetzt fahre ich viel Rad, gehe gern in den Wald. Und sonntags kann ich stundenlang kochen, was der Kühlschrank so hergibt. Das hat für mich etwas Kontemplatives.

Christian Blüm: Studierter Drummer, Matrose, Kellner – und glücklich bei Brings

Christian Blüm (58) ist der Sohn des verstorbenen Arbeitsministers Norbert Blüm. Er hat bis zum Einstieg bei der kölschen Rockband Brings an der Kölner Musikhochschule Jazzschlagzeug studiert. Während des Studiums arbeitete er auch als Musical-Drummer, war mit Blues- und Coverbands unterwegs sowie der Band „Gänsehaut“ („Karl der Käfer“).

Blüm jobbte zudem lange als Kellner und Barmann in diversen Bonner Kneipen und Discotheken, aber auch als Dachdecker, Bauarbeiter oder Matrose auf einem Containerschiff.