Das designierte Kölner Dreigestirn wird beim Sessionsauftakt die ersten öffentlichen Auftritte haben. Zuvor sprachen die drei über die aufregende Zeit, die vor ihnen liegt und blickten auch ein wenig nachdenklich zurück.
Aufregender 11.11.Kölner Dreigestirn ganz privat über Liebe, plötzliche Prominenz und frühere Anfeindungen
Das Kribbeln, die Anspannung und die Vorfreude wachsen stündlich. Am Montag (11. November 2024) hat das neue designierte Dreigestirn die ersten öffentlichen Auftritte. Zunächst steht im historischen Rathaus ein Empfang bei Oberbürgermeisterin Henriette Reker (67) an, anschließend tritt das Trio um 11.33 Uhr auf die Heumarkt-Bühne.
René Klöver (59), Michael Samm (62) und Hendrik Ermen (45) haben in den vergangenen Wochen schon etliche Termine absolviert, sich bei zahlreichen Vereinen und Gesellschaften vorgestellt und die Session vorbereitet.
Kölner Dreigestirn: Empfang bei der OB, dann auf die Heumarkt-Bühne
Die Reden sind weitestgehend geschrieben, das Musik-Medley steht, Biggi Fahnenschreiber-Depenheuer (93) hat schon zum Tanztraining gebeten. „Eine Frau voller Power und Energie, trotz ihres Alters. Wenn wir nur 50 Prozent davon rüberbringen, was sie mit uns übt, haben wir die Säle gewonnen“, ist sich die designierte Jungfrau Marlis sicher.
„Frau Reker hat zu uns beim Abnick-Abend gesagt: ‚Wir vier sind nun die Repräsentanten der Stadt Köln‘. Diese Verantwortung wurde uns da noch mal richtig bewusst“, sagt der designierte Bauer Michael. Die Ziele des Dreigestirns für die Session sind klar.
„Wir wollen zugänglich, offen und authentisch sein. Da wir acht Wochen Session haben, hoffen wir, dass wir etwas mehr Zeit für die persönlichen Begegnungen haben“, sagt der designierte Prinz René I. Das Vorgänger-Dreigestirn von der Familie Klupsch habe beim Treffen gesagt, dass vor allem die sozialen Termine sehr nachhaltig in Erinnerung bleiben.
Direkt nach der Verkündung, dass er die Ehre hat, das Amt zu bekleiden, sei er erst einmal kurz in den Urlaub nach Frankreich gefahren. „Ich hab‘ das Handy zwei Tage in den Flugmodus gestellt. Es gab unheimlich viele positive Meldungen.“ Nun wird es langsam ernst. „Man spürt direkt, welche Strahlkraft diese Figuren haben“, sagt der Prinz, nachdem er inzwischen schon ein ums andere Mal auf der Straße angesprochen wurde.
Auch der Bauer, der auf Norderney eine Immobilienverwaltung besitzt, erlebte schon spezielle Momente. „Als ich auf der Insel im Büro saß, kamen zwei Frauen aus Euskirchen rein und wollten ein Foto mit mir machen. Die Kollegen, die mit dem Thema Karneval nichts zu tun haben, kriegen nun ein Gefühl, was das bedeutet, Teil des Dreigestirns zu sein. Noch ist das ein bisschen bizarr, aber schön.“
Nachdem in der vergangenen Session Jungfrau Frieda an den tollen Tagen ins Krankenhaus musste, hofft Marlis auf eine verletzungsfreie Zeit. „Ich jogge täglich, mache viel Sport. Letztlich kann man es aber auch nicht beeinflussen“, sagt Hendrik zu EXPRESS.de.
Der Prinz will ebenfalls nichts riskieren. „Im Dezember fahren wir noch einmal fünf Tage nach Garmisch, um noch einmal durchzuschnaufen. Ich habe mir aber selbst ein Skifahr-Verbot auferlegt. Ich fahre seit 40 Jahren, mir ist noch nie was passiert. Aber das würde ich mir im Leben nicht verzeihen.“
Kevin, Ehemann des Prinzen, verfolgt den Rummel um das Dreigestirn eher aus der Distanz. „Ich habe mich für die drei gefreut, sehe mich aber nicht als Teil des Ganzen. Ich feiere gerne Straßenkarneval, aber das Vereinsleben ist nicht so meins“, sagt er. „Dass wir uns nun seltener sehen werden, ist mir bewusst.“ Er wird sich in den nächsten Wochen vor allem um Hund Oscar kümmern.
Hendriks Mann Frank wiederum ist voll im jecken Fieber. „Ich finde es großartig, ich tanze selbst seit 13 Jahren in der StattGarde. Da hat solch eine Aufgabe ein ganz anderes Gewicht und erzeugt bei mir Gänsehaut. Die Rolle passt super zu ihm“, sagt er beim Treffen auf der MS RheinMagie. Dort servierten beide den Gästen auch Eierlikör. Im heimischen Garten halten sie drei Hühner. „Es ist StattGarde-Tradition, dass wir im Bus auch Eierlikör haben“, verrät die künftige Jungfrau.
Prinz René ist nicht nur Besitzer einer FC-Dauerkarte im Oberrang Süd und Teil des Fanclubs „Die Besten im Westen“. Von 1982 bis 1991 bestritt er als Torwart in der Oberliga Nordrhein 240 Spiele. Vom FV Bad Honnef wechselte er damals zu Bayer Leverkusen. Diese Zeit unter Manager-Legende Reiner Calmund (75) sei besonders prägend gewesen.
„Mein Outing war aber erst nach der aktiven Zeit, auch für mich selbst war es erst dann klar“, erzählt er beim Treffen mit EXPRESS.de. In Köln fühle er sich mit seinem Mann wohl. Im Osten, wo die Regenbogenfahne vielleicht als Feindbild angesehen sei, schätze er die Lage schwieriger ein. Dieses Stichwort sorgt dann auch für ein paar nachdenklichere Töne beim Dreigestirn.
„Ich hatte zu meiner Zeit bei der Bayer AG das Angebot, nach Singapur befördert zu werden. Der Container war nahezu schon gepackt. Doch dann wurde mir von einem befreundeten Anwalt gesagt, dass dort Gefängnisstrafe oder die Ausreise drohen, weil Homosexualität erst 2022 legalisiert wurde“, sagt René. „Unser Marketingvorstand hat daraufhin gesagt, dass wir den Karriereschritt, den ich eigentlich in Asien machen sollte, nun eben in Leverkusen realisieren werden.“
Auch Bauer Michael, der von 2002 bis 2006 erster Vorsitzender der KG Regenbogen, dem ersten queeren Karnevalsverein in Düsseldorf, war, erinnert sich: „In der Anfangsphase haben wir in Köln und Düsseldorf nicht gerade offene Türen vorgefunden. Das hat sich zum Glück total geändert. Wir kennen aber auch andere Zeiten.“
Jungfrau Marlis: „Bin sehr froh, dass ich lieben darf, wen ich möchte“
Jungfrau Marlis ergänzt: „Anfeindungen habe ich nicht erlebt. Aber es gibt heute noch Situationen, da gehen wir nicht händchenhaltend durch ein Veedel. Man muss ein wenig aufpassen, wir wollen ja auch nicht provozieren. Aber grundsätzlich sind wir im Rheinland von bedrohlichen Situationen ganz weit weg. Ich bin sehr froh, dass ich lieben darf, wen ich möchte.“
Deshalb hofft das Dreigestirn, dass die Jecken der Stadt ohne jegliche Vorbehalte mit ihnen die Session genießen werden. „Vieles ist noch etwas unwirklich und weit weg. Mit jedem Termin wird es realer“, sagt der kommende Prinz. Am 10. Januar 2025 werden die drei proklamiert. Aber schon der Auftakt auf dem Heumarkt dürfte ein erster Gänsehaut-Moment werden.