Nach AnschlägenKölner Polizei präsentiert Konzept: „Sicherheitslage an Karneval angespannter“

Polizei auf der Uniwiese an Weiberfastnacht.

Die Uniwiese dient an Karneval wieder als Ausweichfläche, falls die Zülpicher Straße keine Feiernden mehr fassen sollte.

Die Stadt Köln und die Polizei haben ihr Sperr- und Sicherheitskonzept für den Straßenkarneval vorgestellt. Vor allem Weiberfastnacht wird wieder für einen Großeinsatz sorgen.

Eigentlich stellt der Straßenkarneval den Höhepunkt der fünften Jahreszeit dar. Doch bei den Verantwortlichen von Stadt und Polizei sorgt das jecke Finale von Weiberfastnacht bis Veilchendienstag für immer größere Sorgenfalten.

Wer am Dienstag (18. Februar 2025) die Ausführungen im Europasaal des Rathauses verfolgt hat, konnte nur noch am Rande erahnen, dass es um Karneval geht. Alkohol- und Drogenmissbrauch, Schlägereien, Taschendiebstähle, Sexualdelikte, Messereinsätze, Angst vor Anschlägen – die Liste der Problemfelder ist lang.

1500 Polizisten, 300 Ordnungsamt- und 1200 private Sicherheitskräfte

Die Anschläge in Magdeburg, Aschaffenburg oder München haben vor allem bei der Polizei für eine Überarbeitung der Pläne gesorgt. „Die Sicherheitslage nach den Taten radikalisierter Einzeltäter ist angespannter als in den Vorjahren, aber wir werden alles dafür tun, dass die Menschen in Köln sicher feiern können. Die Serie von Anschlägen in Deutschland macht uns alle betroffen und verdeutlicht auch, dass freiheitliches Leben angreifbar ist“, sagte der Leitende Polizeidirektor Martin Lotz.

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„Bei allen Bestrebungen und Anstrengungen, die wir unternehmen, können wir keinen hundertprozentigen Schutz bieten“. Gegen Angriffe mit Autos gebe es keinen absoluten Schutz. „Das ist aber nur ein Szenario“, sagte Lotz. „Wir kennen noch viele andere.“ Konkrete Hinweise auf Gefahren oder Anschlagspläne lägen nicht vor. An neuralgischen Stellen in der Stadt wird es wie schon während der Fußball-EM sogenannte Überfahrsperren geben.

Auch das Ordnungsamt der Stadt Köln und das Jugendamt haben ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorbereitet. EXPRESS.de gibt einen Überblick.

Was macht die Polizei? Sie wird an Weiberfastnacht und Rosenmontag mit 1450 zusätzlichen Kräften im Einsatz sein. „Wir werden die Zugabsicherung noch weiter intensivieren und bringen alles, was wir irgendwie bekommen, auf die Straße, streichen Dienstfrei, Urlaub und alles, was eben geht, um möglichst alle Kräfte in den Einsatz zu bekommen“, sagte Lotz auf EXPRESS.de-Nachfrage. Ins Detail wollte er noch nicht gehen. „Was wir ändern, werde ich der Gegenseite oder potenziellen Attentätern sicherlich nicht vorher erzählen“.

Martin Lotz, Ralf Mayer und Dagmar Niederlein bei der Pressekonferenz.

Stadt Köln und Polizei informierten am Dienstag (18. Februar 2025) über die Planungen zum Straßenkarneval. Martin Lotz, Ralf Mayer und Dagmar Niederlein (v.l.) äußerten sich im Rathaus.

Wie im Vorjahr wird die Synagoge an der Roonstraße wieder durch Gitter geschützt. Störer würden frühzeitig aus dem Verkehr gezogen. „Unser Tipp: Vermeiden Sie verbale Provokation und körperliche Konfrontation“, sagte der Polizeidirektor. Außerdem wies er noch einmal deutlich auf das Messerverbot auf jeglichen Veranstaltungen hin. Zudem sollte auch bei Kostümen auf waffenähnliche Gegenstände verzichtet werden.

Wie stellt sich das Ordnungsamt auf? Mehr als 300 Mitarbeitende sind an den Karnevalstagen im Einsatz, 190 allein an Weiberfastnacht. Rund 1200 Mitarbeitende von privaten Sicherheitsunternehmen werden die Arbeit unterstützen. „Wir bieten alles auf, was wir derzeit aufbieten können“, sagt Leiter Ralf Mayer. Die Präsenz von Einsatzkräften wird verstärkt, die Einsätze von kombinierten Streifen aus Polizei und Ordnungsamt werden erhöht.

Zudem beginnen in dieser Woche wieder die Testkäufe in Kiosken, um den Verkauf von Alkohol oder Nikotin an Jugendlich einzudämmen. Wer sich nicht an die gesetzlichen Vorschriften hält, riskiert ein Bußgeld von 500 Euro pro Verkauf und weitergehende Maßnahmen bis hin zur Schließung des Geschäfts.

Karte vom Zülpicher Viertel an Karneval.

Überblick über den Sperrbereich rund um das Kwartier Latäng. Erneut gibt es zwei Eingänge (Roonstraße und Unimensa). Neu ist die Glasverbotszoneim Grüngürtel.

Welche Maßnahmen sind neu? Erstmalig wird das Glasverbot auf den Inneren Grüngürtel zwischen Luxemburger und Aachener Straße ausgeweitet. Vor allem der Hiroshima-Nagasaki-Park soll nach den Exzessen am 11.11. durch diese Maßnahme geschützt werden. Im Kwartier Latäng und der Altstadt herrscht an den jecken Tagen ebenfalls ein Glasverbot, in der Südstadt wird zum freiwilligen Glasverzicht aufgerufen.

In den Hotspots wird die Stadt 1000 mobile Toiletten/Urinale platzieren, 670 davon allein rund um die Zülpicher Straße. „Das Angebot kann sich sehen lassen. Hier gibt es keine Entschuldigung mehr für Wildpinkeln. Am Ende ist es auch wichtig, dass sich die Feiernden ein bisschen zügeln und respektvoll mit der Natur umgehen“, sagt Mayer. Wer erwischt wird, muss bis zu 200 Euro zahlen. Die AWB wird 750 Mülltonnen aufstellen – fast doppelt so viele wie 2024.

Toilettenhäuser auf der Zülpicher Straße.

Rund 1000 mobile Toiletten werden an den Hotspots aufgestellt, damit das Problem des Wildpinkels eingedämmt wird.

Was passiert rund um die Zülpicher Straße? „Der Bereich wird erneut eine große Anziehungs- und Strahlkraft für junge Menschen haben“, ist sich Mayer sicher. „Das Kwartier Latäng wird ohne das Zutun der Stadt weiter als Party-Hotspot kommuniziert und zieht viele an.“ Für den Fall, dass die Zülpicher Straße voll ist, dient die Uniwiese wieder als Ausweichfläche. „Wir wollen dort Aufenthaltsqualität schaffen, aber keine Party-Location“. Deshalb wird es keinen Alkoholausschank, keinen DJ und keine Bühne geben.

Wie bereitet sich das Jugendamt vor? 20 pädagogische Fachkräfte werden an Weiberfastnacht im Einsatz sein, um Eltern von hilfsbedürftigen Kindern zu kontaktieren. Zudem sind 22 Streetworker unterwegs. Leiterin Dagmar Niederlein appelliert aber auch an die Eltern, im Vorfeld mit ihren Kindern zu sprechen: „Wir können nicht überall sein. Die Eltern sollten zumindest erreichbar sein für uns und die Kinder. Karneval ist ein wunderbares Brauchtumsfest, birgt hinsichtlich des Drogenmissbrauchs aber für Minderjährige große Gefahren“.

Sanitäter auf der Zülpicher Straße.

Auch die Hilfs- und Rettungsorganisationen werden mit einem Großaufgebot im Einsatz sein.

Was erwarten Feuerwehr und Hilfsorganisationen? Die Leitstelle wird personell aufgestockt, alle Rettungswagen sind im Dienst. Am Rautenstrauch-Joest-Museum wird vorübergehend eine Rettungswache stationiert. Hunderte ehrenamtliche Kräfte der Hilfsorganisationen sind im Einsatz. Mehrere Unfallhilfsstellen werden in der Altstadt und im Kwartier Latäng eingerichtet. Im Berufskolleg Humboldtstraße wird es wieder ein Notfallversorgungszentrum geben.

Welche weiteren Maßnahmen gibt es? Die KVB-Linie 9 wird ab den Morgenstunden an Weiberfastnacht über die Aachener Straße und die Gürtelstrecke umgeleitet. Die Linien 12 und 15 halten nicht am Zülpicher Platz. Die Linie 18 wird zwischen Weißhausstraße und Barbarossaplatz getrennt. In der Innenstadt gilt zudem ein Fahrverbot für Lkw ab 7,5 Tonnen.