Das Langeler Strandbad galt lange als beliebtes Ausflugsziel mit fesselndem Rhein-Blick. Heute befindet sich das Gebäude jedoch in einem katastrophalen Zustand. EXPRESS.de ist auf Spurensuche gegangen.
Vom Schmuckstück zum SchandfleckMüllberge, Vandalismus: Kölner Strandbad verkommt
Köln. Viele Kölner erinnern sich gerne an das Strandbad in Porz-Langel direkt am Rhein. Hier kehrte man ein, feierte Geburtstage oder guckte Fußball – über Jahrzehnte gehörte das Strandbad zu den Aushängeschildern des Kölner Südens. Umso schockierender ist das Bild, das sich jetzt bietet.
Die Fenster sind eingeschmissen, Müllberge türmen sich rund um das Gebäude, die Fassade ist mit Graffitis beschmiert und auf dem ehemaligen Parkplatz gammeln alte Wohnwagen vor sich hin. Wie konnte es nur soweit kommen? EXPRESS.de war am Samstag (6. November 2021) vor Ort, sprach mit Betroffenen und dem Eigentümer.
Köln: Langeler Strandbad wurde vermüllt und ausgeschlachtet
„Es wurde wirklich immer schlimmer. Es wurde einfach Müll abgeladen, Leute nisteten sich in dem Gebäude ein und nahmen alles mit, was sie finden konnten“, erzählt Marion Schneider wütend. Sie gehört zur Familien-Zeltgemeinschaft auf dem benachbarten Campingplatz und hat den Verfall des Strandbads beobachtet.
Obdachlose sollen sich im vergangenen Jahr rund um das Strandbad einquartiert haben. Es wurden sämtliche Kabel aus den Wänden gerissen, auch die Heizkörper fehlen mittlerweile. Zu der Zeit kam es beinahe täglich zu Einsätzen von Polizei und Ordnungsamt.
Marion Schneider und die Familien-Zeltgemeinschaft haben zusammen mit dem Langeler Bürgerverein bereits einiges unternommen, um etwas zu bewegen. Schneider: „Wir haben der Stadt mehrmals geschrieben, es gab private Angebote, den Müll zu beseitigen. Leider laufen wir da aber gegen eine Wand.“ Dabei sei das Strandbad ein Kulturgut und Camping gerade so gefragt wie nie. „Man könnte sich damit eine goldene Nase verdienen“, sagt sie überzeugt.
Doch nicht nur die Stadt sei untätig, auch der Eigentümer rühre keinen Finger, um das Strandbad wieder zum Leben zu erwecken, so der Vorwurf.
Kölner Strandbad-Besitzer Lambert Nöbel: „Es tut mir weh“
Lambert Nöbel (70) gehört das Strandbad seit mehr als 30 Jahren. Er ist Inhaber eines Architekturbüros. Im EXPRESS.de-Gespräch erzählt er, wie das Gebäude in diesen desolaten Zustand kommen konnte. „Es tut mir weh, wenn ich mir das hier so angucke“, erklärt Nöbel. „Mir wird immer wieder vorgeworfen, mir liege nichts am Strandbad. Aber dem möchte ich entscheidend widersprechen. Ich hänge an dem Gebäude und seiner Historie. Ich möchte schon länger verkaufen, aber leider sind mir da die Hände gebunden.“
Die Stadt blockiere den Verkauf, behauptet der 70-Jährige. Denn das Grundstück, auf dem das Strandbad steht, sei in städtischem Besitz. Nöbel: „Ich habe einige interessierte Käufer vorgeschlagen, aber die Stadt hat sich immer wieder quergestellt.“
Die Stadt sagt auf EXPRESS.de-Anfrage: „Das Strandbad ist im privaten Besitz. Der Eigentümer ist demnach auch für die Beseitigung des Mülls verantwortlich.“ Von einer Gefahr, dass der ganze Unrat in den Rhein geschwemmt werden könnte, da das Strandbad in einem Hochwassergebiet liegt, ist der Stadt nichts bekannt.
Strandbad in Langel: Erste Fortschritte nach EXPRESS.de-Recherchen
Lambert Nöbel hofft beim Treffen mit EXPRESS.de in den Strandbad-Ruinen nun, „dass durch die Berichterstattung nochmal neuer Wind die Angelegenheit kommt. Ich möchte, dass das Strandbad wieder in seinem alten Glanz erstrahlt.“
Einen Fortschritt haben die andauernden Recherchen von EXPRESS.de allerdings schon bewirkt: Denn laut Nöbel werden die zerstörten Geister-Wohnmobile in der kommenden Woche entfernt. Das kann aber nur der erste Schritt sein, um den Langelern eines ihrer prestigeträchtigsten Wahrzeichen zurückzugeben.
Köln: Langeler Strandbad öffnete 1911 seine Pforten
Das Strandbad wurde 1911 als mondänes Familienbad eröffnet. Zur Eröffnung kamen rund 6.000 Besucher, das pompöse Gebäude sorgte im Kölner Süden auch in der Folge regelmäßig für große Anstürme. Männer und Frauen konnten hier sogar gemeinsam plantschen gehen, was im katholischen Köln zu dieser Zeit noch als überaus frivol angesehen wurde.
Doch die glorreichen Zeiten waren nach drei Jahren vorbei, denn 1914 brannte das Strandbad komplett aus. Bis heute ist die Ursache ungeklärt. Das Gebäude wurde zwar wieder aufgebaut, aber lang nicht so groß und mondän wie zuvor. 1951 übernahmen Marie und Gustav Hollstein das Etablissement und eröffneten außerdem noch einen Campingplatz in der Nachbarschaft. Das „Strandbads Marie“ sollte in den nächsten Jahrzehnten zur Institution werden. Als sich die Hollsteins zur Ruhe setzten sah der Landschaftsplan von 1991 vor, das gesamte Gelände wieder in den Zustand des umliegenden naturbelassenen Auenwaldes zurückzuführen.
Der Protest der Langeler Bürger war jedoch groß, sodass die Entscheidung letztendlich gekippt und das Strandbad 2006 wiedereröffnen konnte. Bis 2018 wurde das Restaurant geführt, die Pächter gaben dann jedoch auf – und das Gebäude wurde sich selbst überlassen.