Jede Kölnerinnen und jeder Kölner kennt wohl das Reissdorf-Männchen/-Weibchen, das seit mehr als 50 Jahren Werbung für die Kölschmarke macht. Nun gibt es aber Probleme.
Bangen um Kult-Werbung„Not-Operation“ bei Kölner Reissdorf-Männchen – Elektrik macht Probleme
Er – beziehungsweise sie – ist die „Mutter aller Kölner Neon-Reklamen“: Das trinkende Reissdorf-Männchen, das sich im Sekundentakt zum Reissdorf-„Weibchen“ verwandelt und wieder zurück, ist seit Generationen ein Hingucker an der Hausfassade Aachener Straße Ecke Händelstraße.
In diesen Tagen macht die 1968 installierte Kult-Figur die vielleicht kritischste Phase ihres kölschseligen Lebens durch.
Reissdorf-Werbung in Köln: Elektrik macht Probleme
Denn: Das populäre Aushängeschild der Traditionsbrauerei Reissdorf ist in die Jahre gekommen – und wurde einer Not-Operation unterzogen. Das Kölner Lichtwerbeunternehmen Efra, aus deren Ateliers das Männchen stammt, hat die Kultfigur runderneuert.
Efra-Geschäftsführerin Corinna Franke: „Es war diesmal eine sehr aufwändige Generalüberholung. Wir haben alle Neonsysteme erneuert.“ Sonst seien die Röhren stets „regeneriert“ worden, wie sie sagt. „Aber das macht man drei- oder viermal. Dann geht das nicht mehr.“
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Insgesamt 160 Neon-Röhren mussten jetzt also neu produziert werden. Und es sei schwer gewesen, für diesen Auftrag überhaupt Glasbläser zu finden – „ein aussterbender Beruf“, sagt Franke. Man wurde nach langer Suche fündig, eine Firma aus der Nähe von Dortmund lieferte und sicherte so die weitere Existenz des Dauertrinkers/der Dauertrinkerin.
Efra befüllte die Röhren im Ehrenfelder Werk mit dem nötigen Neongas, damit die Lichter der Kölner Großstadt am Rudolfplatz wieder leuchten, dann wieder kräftiger. Kommende Woche Dienstag soll das Gerüst an der Hausfassade abgebaut werden.
Doch ob das derzeit abgestellte Reissdorf-Männchen dann in gewohnter Art und Weise wieder in Aktion tritt, ist noch nicht sicher. Bislang war es so: Das geschniegelte Männeken (es trägt Fliege) hebt das Glas, kippt das Kölsch runter, der Bauch füllt sich imposant, der Arm senkt sich – der Schriftzug „Er trinkt“ erleuchtet dabei. Dann springt der Schriftzug um in „Sie trinkt“ – und der Kopf bekommt einen Zopf und ein Löckchen. Jetzt ist die Frau am Zug. Und auch sie füllt sich ab.
Damit das so reibungslos funktioniert, war eine ausgetüftelte Schalttechnik nötig. Jetzt aber gibt es Probleme mit dem alten Schaltwerk, wie Corinna Franke erklärt – und man finde heutzutage niemanden, der solche analogen Schaltwerke bearbeiten oder gar neu herstellen könne.
„Und digital kann man diese Transformatorenteile nicht ansteuern.“ Daher ist man bei der Firma Efra gespannt. Cornelia Franke sagt, es könne sein, dass man bei der Reklame „einen anderen Ablauf machen“ müsse. Könnte es dann nur noch ein Reissdorf-Männchen bzw. ein Reissdorf-Mädchen geben und nicht mehr beides? „Ich hoffe nicht!“
Köln: Reissdorf-Werbung steht unter Denkmalschutz
Als das Reissdorf-Männchen/Weibchen auf die Welt kam, war die Reklame noch anders angeordnet. Der Schriftzug „Reissdorf“ befand sich unten. 1986 gab es dann zwei bedeutende Änderungen: Der Brauereiname wurde nach oben gesetzt (die Figur rutschte entsprechend runter), außerdem verwendete Reissdorf fortan einen anderen, altdeutschen Schrifttypus.
Die Umstellung war nötig geworden, weil ein neu gepflanzter Baum auf der kleinen Platzfläche in den Jahren in die Höhe geschossen war und das Wort Reissdorf verdeckte.
Der frühere Reissdorf-Chef, heißt es bei Efra, habe damals Ende der 1960er Jahre nach einer „außergewöhnlichen Präsentation“ für sein Unternehmen gesucht. Und ein gewisser Herr Reuter, damals Chefgrafiker bei Efra, sei ein Mann mit tollen Ideen gewesen. Im Archiv der Firma sind noch alle Entwürfe Reuters zum Reissdorf-Männchen erhalten.
Heute ist die Neon-Reklame nicht nur Kult, sondern steht sogar unter Denkmalschutz. Das ist in Köln zwar an sich nichts Besonderes, aber im Gegensatz zu vielen anderen Denkmälern gehört das Reissdorf-Männchen für viele Kölnerinnen und Kölner zur Stadt wie die Türme zum Dom. Etwas „kölscheres“ als Kölsch ist schließlich kaum zu finden.
Die Firma Efra wurde 1907 von Ernst Franke in der Südstadt gegründet. 1956 zog die Firma nach Ehrenfeld. Auch das frühere Logo auf dem Kölner Messeturm, die mächtigen 4711-Leuchtziffern in der Kuppel des Hauptbahnhofs, die Schriftzüge der Gebrüder Stollwerck Aktiengesellschaft, der ehemaligen Aurora-Mühle, nahezu jedes Fachgeschäfts auf der Hohe Straße und der Schildergasse ließ seine Neon-Werbung bei Efra konzipieren und herstellen.