Der Kölner Pfarrer Tim Lahr hat am Donnerstag seine Kirche in Deutz für den ColognePride geschmückt. In der Nacht wurde die Deko zerstört. Der Pfarrer zeigt sich gegenüber EXPRESS.de sichtlich schockiert.
„Was kommt als Nächstes?“Pfarrer schockiert: Pride-Deko an Kölner Kirche mit Messer zerstört
Knapp vier Stunden haben der Kölner Pfarrer Tim Lahr und seine Helferinnen und Helfer am Donnerstag (27. Juni 2024) die beiden Säulen am Eingang seiner evangelischen Kirche an der Tempelstraße in Köln-Deutz geschmückt.
Die Säulen wurden anlässlich des am 6. Juli starteten ColognePride, der seinen Höhepunkt bei der großen CSD-Parade am 21. Juli haben wird, in den Farben der Progress-Pride-Flagge eingewickelt. Der Pfarrer und seine Gemeinde wollten damit das Zeichen setzen, dass auch Gotteshäuser ein sicherer Hafen für queere Personen sein können. Allerdings wurden die Dekorationen an den Säulen in der Nacht auf Freitag von unbekannten Personen abgerissen. Der Kölner Pfarrer ist schockiert.
Vandalismus wegen Pride-Flagge an Kölner Kirche – Pfarrer geschockt
Tim Lahr, dieses Jahr übrigens auch für die EXPRESS QUEER AWARDS nominiert, organisiert als queerer Pfarrer die Bewegung „Queere Kirche“ zusammen mit seinem Team. Die Mission der Bewegung: eine „inklusive Kirche“ fördern, „in der Verletzungen geheilt, Vertrauen aufgebaut und Diskriminierung bekämpft wird“. Auch auf Instagram klärt Tim Lahr mit seinem Account „amen_aber_sexy“ über Glauben und LGBTQIA+ auf.
Mit der Progress-Pride-Flagge, die die bekannte Regenbogenfahne um weitere Farben ergänzt und die somit auch queere People of Color und trans Menschen repräsentiert, wollte er seine Kirche im Herzen vom Kölner Stadtteil Deutz für die kommenden Wochen dekorieren.
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Allerdings kam es schon beim Anbringen der Deko zu unterschiedlichen Reaktionen von Passantinnen und Passanten: „Viele Menschen haben uns dafür gelobt und meinten, dass es cool sei, dass wir das machen. Aber es gab auch gegenteilige Reaktionen. Die Sätze ‚macht das wieder ab, das ist verboten‘ oder ‚ihr übertreibt es, das geht so nicht‘ fielen beispielsweise. Aus einer Gruppe junger Erwachsener wurde uns angedroht, dass sie den Säulen-Schmuck wieder abreißen werden.“
Und so kam es letztendlich auch. Ob es tatsächlich diese Gruppe war, die zuvor mit dem Vandalismus drohte, ist bisher noch unklar.
Tim Lahr hat Anzeige erstattet – von der Aktion an sich ist er am Freitagvormittag sichtlich mitgenommen, als EXPRESS.de ihn erreicht: „Die Leute sind mit einem Messer hierhin gekommen und haben die Flagge eingeschnitten und zerstört. Ich bin wirklich schockiert, dass gerade wegen der EM überall Deutschlandfahnen hängen, aber sobald man eine Flagge für Offenheit und Toleranz aufhängt, die allen Menschen gilt, wird sie gewaltsam entfernt. Was kommt als Nächstes?“
Kölner Pfarrer nach Vandalismus-Angriff: „Alle müssen etwas tun“
Tim Lahr habe mit Gegenreaktionen gerechnet, sagt er – allerdings nicht in dieser radikalen Form. Durch seine Aktivitäten im Internet, wo er das Zusammenspiel der Kirche und der queeren Community fördert, ist er Hass gewohnt.
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„Dass dieser Hass nun aber auch ins echte Leben schwappt, ist wirklich eine beunruhigende und beängstigende Entwicklung. Die Einschläge kommen näher und für viele, vor allem junge queere Personen, ist das wirklich eine Katastrophe. Jetzt werden Symbole wie die Flagge angegriffen und demnächst dann Leute aus der Community?“, fragt er.
Der Kölner Pfarrer will sich durch diesen Angriff nicht einschüchtern lassen, plant vielmehr, die Deko wieder herzurichten: „Wir müssen schauen, ob wir uns nochmal die Arbeit mit den beiden Säulen machen. Vielleicht hängen wir eine Flagge auch weiter oben auf. Aber das Ziel dieser Menschen, uns unsichtbar zu machen, werden sie nicht erreichen.“
Für Tim Lahr sei die Religion offen, alle Menschen müssten in der Kirche einen Zufluchtsort finden. Er wendet sich daher abschließend mit einem Appell an die Öffentlichkeit: „Die queere Community braucht auch Unterstützung von Menschen, die hetero sind. Wer stellt sich schützend vor uns? Ich habe immer mehr das Gefühl, dass wir allein gelassen werden mit diesem Hass einzelner Personen. Alle können etwas tun und für ein sicheres Miteinander sorgen.“