Wenn ein Kneipengast stirbt, bleibt sein Platz am Tresen natürlich leer. In der Corona-Zeit halten die Macher eine Veedelskneipe in der Südstadt dagegen. Ein befreundeter Künstler setzte dem dahingeschiedenen Jochen so ein Andenken.
Direkt neben TV-StarKölner Südstadt: Toter Stammgast in Veedelskneipe verewigt
Köln. Die Gastro und die Corona-Depression: Seit fast genau eineinhalb Jahren. Die Lokale waren zumeist zwangsweise geschlossen. Bitter für viele Stammgäste, die ihrer Kneipe die Treue halten wollten und im Lockdown inklusive Ausgangssperren zu Hause einsam herumsaßen.
Besonders schlimm: Wenn Stammgäste verstarben, gab es häufig nicht mal die Möglichkeit, „Lebe wohl” zu sagen.
Kölner Südstadt: Filos mit Kunstwerk für verstorbenen Stammgast
Wer aber seit Beginn der Lockerungen im Filos in der Südstadt einkehrt, dürfte ein wenig staunen. Denn die Säulen des Lokals wurden künstlerisch aufwändig verschönert.
Und so kommt man an bekannten Gesichtern des Ladens unweigerlich nicht mehr vorbei, selbst wenn man das einmal vorgehabt haben sollte. Denn: Der in Köln renommierte bildende Freigeist Thomas Klukas setzte im Filos seinen nächsten Streich.
EXPRESS hatte bereits berichtet, dass sich Klukas in der unweit entfernten Szene-Bar Bagatelle nicht als Toilettenmaler zu schade war und den Abort des Etablissements mit Karikaturen der derzeit polarisierenden Politikergrößen Kölns und ganz Deutschlands ausstattete.
Nun ist der Grund der Arbeit, die Klukas detailversessen und mit viel Liebe drei ganze Tage kostete, allerdings kein heiterer, sondern ein emotionaler. Er schuf auf den Säulen die Konterfeis von Mitarbeitern, Inhabern und ausgewählten Stammgästen, zu denen Jochen T. neben bspsw. Kabarett-Genie Wilfried Schmickler oder Streetart-König Peter Mück, treu gehörte.
Filos in der Südstadt: Künstler verschönert Ambiente mit Porträts
So grüßt der verstorbene Jochen mit Sonnenbrille lässig von der Decke, als würde er auf seinen früheren Stammplatz am Tresen, von wo aus er als Fan die Livespiele des 1.FC Köln verfolgte, zuschauen.
Klukas zum EXPRESS: „Das Bild von Jochen war ein Wunsch des Inhabers, die beiden waren wohl gut befreundet und er wollte ihm ein Andenken setzen. “
Pinsel-Profi Klukas weiter: „Die anderen Personen sind alles Angestellte. Außer meiner Frau und mir.“
Man mag vermuten, in Anlehnung an die Meister der Renaissance wie den großen Raffael (1483-1520), die sich durch raffiniert versteckte Selbstportraits auf ihren Monumentalgemälden unsterblich machten, malte sich Klukas mit seiner Frau als treue Stammgäste der Veedelskneipe ebenfalls auf die Säule.
Oder dem Beispiel des Künstlerkollegen Markus Schönau folgend, der vor Jahrzehnten im bekannten Kultlokal Chlodwig Eck nahe des Chlodwigplatzes viele Gäste und sich selbst an die Wand malte. Eine Variation dessen stellt der Kölner Top-Cuisineprofi Martin Schlüter dabei dar, der als FC-Fan die Gerichte auf der Speisekarte nach den Namen von Spielern („Jonas Hector-Salat“) und Anhägern auf der Speisekarte benennt.
Es sei ihnen gegönnt. Das „Rest in peace“ bei Jochen berührt nicht nur die, die ihn selber kannten. Es bewahrt im Veedel dieses Stück Menschlichkeit, für das Köln über seine Grenzen stets bekannt war und auch noch immer ist: Niemals geht man eben so ganz ...