Er hat 30 KinderARD-Doku begleitet ihn zum „Herdentreffen“ – wer ist der Mann hinter den Samenspenden?

Beim „Herdentreffen“ spielt Gerrit mit seinem Sohn Keno (links) und seinem Spenderkind Otis.

Beim „Herdentreffen“ spielt Gerrit mit seinem Sohn Keno (links) und seinem Spenderkind Otis.

Samenspenden laufen häufig anonym ab. Nicht so bei Gerrit aus Hamburg: Der 44-Jährige legt großen Wert darauf, dass seine mittlerweile 30 Kinder ihren Vater kennen. Zu diesem Zweck veranstaltet er ein jährliches „Herdentreffen“, zu dem ein Kamerateam der ARD ihn nun begleitet hat.

Auf den ersten Blick führt Gerrit ein ganz gewöhnliches Leben. Der 44-Jährige lebt mit seiner Frau Frau Chi-ju in Hamburg, gemeinsam hat das Paar drei Söhne. Eigentlich, so verrät Gerrit in einer ARD-Dokumentation, hat er schon viele weitere Kinder gezeugt.

„Vater bekannt – ein Samenspender und seine 30 Kinder“ lautet der Titel des Films, der Gerrit als liebenden Familienvater porträtiert – aber auch als Mann, der eine Liste über seinen Nachwuchs führt, um nicht den Überblick zu verlieren.

„Wenn ich eines meiner Kinder sehe, habe ich keine Vatergefühle“

„Es war nicht ganz mein Plan, 30 Kinder zu haben“, sagt er. 2014 kam sein erstes Spenderkind zur Welt, im Februar 2025 soll Kind Nummer 31 folgen. „Dass es sich so ein bisschen verselbstständigt hat, liegt daran, dass ich diese Nische sehr gut bedient habe als transparenter Spender, der den Kontakt vorschreibt“, erklärt der ehemalige Tango-Lehrer. „Da kamen so viele Anfragen, immer und immer wieder.“

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Anonyme Spenden kamen für Gerrit nie infrage. Alle seine Kinder sollen wissen, wer ihr Erzeuger ist. Trotzdem stellt er klar: „Wenn ich eines meiner Kinder sehe, habe ich keine Vatergefühle.“

Als Samenspender hat Gerrit in den vergangen zehn Jahren 30 Kinder gezeugt.

Als Samenspender hat Gerrit in den vergangen zehn Jahren 30 Kinder gezeugt.

Auch zum Geburtstag gratuliert Gerrit den Spenderkindern nicht; in der Erziehung der Mädchen und Jungen spielt er keine Rolle. Aber: „Die Regel ist: Ich darf angerufen werden. Jeder darf vorbeikommen und Kontakt aufnehmen, wann er oder sie möchte.“

Es ist eine „lebenslange Verantwortung“, der sich Gerrit gerne stellt – aus verschiedenen Gründen. Bei seiner ersten Spende fühlte er sich noch nicht bereit, ein Kind zu erziehen, wollte aber dennoch Vater werden.

„Ich hatte das Gefühl, die eigenen Gene weitergeben zu wollen“, erinnert er sich. Heute stehe ein anderer Wunsch im Vordergrund: „Es macht mir Freude, kinderlosen Paaren oder Single-Müttern zu helfen.“

Beim „Herdentreffen“ in Hamburg kommen die Spenderfamilien zusammen.

Beim „Herdentreffen“ in Hamburg kommen die Spenderfamilien zusammen.

50 Euro nimmt der Hamburger pro Samenspende. Eine vergleichsweise geringe Summe, die eher symbolischen Charakter hat. „Mir hat ein Paar mal gesagt, sie fänden es seltsam, wenn ich gar nix dafür nehme. Weil sich dann die Frage stellt: Warum macht er das?“, erklärt Gerrit. Sexuelle Interessen habe er „kein einziges Mal verfolgt“, die Spende erfolge ausschließlich per Bechermethode.

„Herdentreffen“ in Hamburg: „Hier laufen 29 absolute Wunschkinder rum“

Viele der Familien suchen sich gezielt Gerrit aus, weil sie keine anonyme Spende möchten. „Er soll der Papa mit der guten Onkel-Funktion sein“, sagt Tina, eine der Mütter seiner Kinder. In der Vergangenheit hat Gerrit an lesbische Paare gespendet, an Frauen ohne Partner, aber auch Hetero-Paare, bei denen der Mann nicht zeugungsfähig ist.

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Sie alle stehen in Kontakt zueinander, nennen sich scherzhaft „die Herde“. Single-Mutter Dana weiß: „Der Kern ist ja Gerrit. Und daraus entwickeln sich die Familien.“

Als „Kern“ der Gruppe veranstaltet der Vielfach-Vater einmal im Jahr ein „Herdentreffen“, bei dem er alle Kinder und ihre Familien nach Hamburg einlädt. „Ich finde es überwältigend“, sagt eine frischgebackene Mutter, als sie die Halbgeschwister miteinander spielen sieht. „Hier laufen 29 absolute Wunschkinder rum“, strahlt eine weitere Frau. Gerrit „berührt das Glück der Mütter“, er stellt aber auch immer wieder klar: „Ich fühle mich nicht als Papa der Kinder.“ Zu seinen drei Söhnen habe er eine Bindung, zu den Spendenkindern nicht.

Für die Mädchen und Jungen selbst ist die Sache nicht immer ganz so einfach. „Er ist für mich nicht ganz mein Papa, aber halt irgendwie doch“, sagt die achtjährige Karlotta, die Gerrit zu ihrer Einschulung einlud und sich auch im Alltag mehr Kontakt zu ihrem Erzeuger wünscht.

Auch der Samenspender weiß: Erst die Zukunft wird zeigen, wie die Kinder später mit der außergewöhnlichen Situation umgehen werden. Dennoch steht für Gerrit fest: „Natürlich ist heteronormativ – Mutter, Vater, Kind – sehr richtig. Aber das heißt nicht, dass das andere falsch ist.“

„Vater bekannt – ein Samenspender und seine 30 Kinder“ läuft am Mittwoch, 6. November, 23.20 Uhr, im Ersten und ist schon vorab in der ARD-Mediathek zu sehen. (tsch)