„Es war mir eine Ehre“Joe Biden verkündet Verzicht auf Präsidentschaftskandidatur

Joe Biden wird bei der anstehenden US-Präsidentschaftswahl im November 2024 nicht mehr antreten.

US-Präsident Joe Biden verkündet Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur. Das teilte er am Sonntagabend (MESZ) auf X mit. In den vergangenen Wochen war der 81-Jährige wegen seines Alters und seines mentalen Zustandes in der eigenen Partei massiv unter Druck geraten.

Die große Frage ist nun, wer Joe Biden als Kandidatin oder Kandidat der Demokraten ersetzen könnte.

Joe Biden zieht Präsidentschaftskandidatur zurück

Biden veröffentlichte eine offizielle Erklärung, in der er zunächst deutlich machte, dass „wir als Nation in den letzten dreieinhalb Jahren große Fortschritte gemacht haben“. Er zählt darin die Errungenschaften seiner Politik in Sachen Wirtschaft, Gesundheitswesen und Waffensicherheitsgesetz auf. Auch die Ernennung der ersten afroamerikanischen Frau zum Obersten Gerichtshof und „das bedeutendste Klimagesetz der Weltgeschichte“ finden Erwähnung.

Alles zum Thema Joe Biden

Biden schreibt: „Es war die größte Ehre meines Lebens, Ihr Präsident zu sein. Und obwohl es meine Absicht war, mich um eine Wiederaufnahme zu bemühen, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, wenn ich zurücktrete und mich für den Rest meiner Amtszeit ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident konzentriere.“

Noch für diese Woche kündigte er eine ausführlichere Erklärung für seine Entscheidung an. Einen klaren Wunsch zu seiner Nachfolge hat Joe Biden aber schon geäußert.

Biden war nach einem desaströsen Auftritt bei einem Fernsehduell gegen Ex-Präsident Trump Ende Juni extrem in die Kritik geraten. Während des Schlagabtauschs verhaspelte sich der mächtigste Mann der Welt regelmäßig, verlor den Faden, starrte mit offenem Mund ins Leere und konnte häufig seine Sätze nicht richtig beenden. Schon vorher hatte es innerhalb der Demokratischen Partei und in der Bevölkerung wegen Bidens Alter Vorbehalte gegen seine Wiederwahlambitionen gegeben. Doch nach dem Duell entflammte die Debatte über die Eignung des Bidens als Präsidentschaftskandidat der Demokraten in ganz neuem Ausmaß - und in aller Öffentlichkeit.

Fernsehdebatte der Anfang vom Ende Bidens

Nach der Debatte hatten sich Bidens Umfragewerte noch mal deutlich verschlechtert. Und in seiner eigenen Partei wagten sich einer nach dem anderen vor, um öffentlich Bidens Rückzug aus dem Rennen um die Präsidentschaft zu fordern. Der Präsident selbst versuchte zunächst, sich herauszureden. Seinen schwachen Auftritt begründete er mit Müdigkeit in Folge anstrengender Auslandsreisen. Er habe nicht aus seine Berater gehört und sich übernommen. Bei diversen Auftritten gab er sich trotzig und versicherte ein ums andere Mal, er werde sich nicht zurückziehen. Doch es folgten weitere Patzer. Und am Ende wurde der Druck aus den eigenen Reihen zu groß.

In den vergangenen Tagen hatte sich Biden nach einer Infektion mit dem Coronavirus in sein Privathaus in Rehoboth Delaware zurückgezogen und keine öffentlichen Termine absolviert. Während seiner Zwangspause fasste er nun den Entschluss, sich dem Druck seiner Parteikollegen zu beugen.

Rivale Trump, Ehefrau Jill, Enkelin Naomi

Reaktionen auf den Rückzug von Joe Biden

Joe Biden (hier am 5. Juli 2024)

Joe Biden (hier am 5. Juli 2024) hat seinen Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur erklärt. In unserer Bildergalerie siehst du die Reaktionen darauf, von Rivale Trump über Enkelin Naomi bis hin zu deutschen Politikerinnen und Politikern.

Donald Trump (hier am 20. Juli 2024

Rivale Donald Trump (hier am 20. Juli 2024) reagierte mit Häme: Der 81-Jährige sei „nicht geeignet, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren, und sicherlich nicht geeignet zu dienen“, erklärte Trump auf seiner Onlineplattform Truth Social.

US-Präsident Joe Biden und First Lady Jill Biden kommen mit der Marine One am East Hampton Airport in East Hampton, N.Y. an

Jill Biden hat den Rückzug ihres Ehemannes aus dem US-Präsidentschaftsrennen zunächst mit einem Emoji kommentiert. Die First Lady repostete über ihren privaten Account auf der Plattform X den entsprechenden Beitrag von US-Präsident Joe Biden mit zwei pinken Herzen. Das Foto zeigt das Ehepaar am 29. Juni 2024.

Naomi Biden Nea und ihr Ehemann Peter Neal

Naomi Biden (hier mit Ehemann Peter Neal am 23. Mai 2024), die Enkeltochter von US-Präsident Joe Biden hat ihren Großvater nach dessen Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen gewürdigt. Sie sei „einfach nur stolz“ auf ihren Großvater. Er sei nicht nur der effektivste Präsident unserer Zeit gewesen - und werde es auch weiterhin sein, schrieb die 30-Jährige auf der Plattform X. „Unsere Welt ist heute dank ihm in vielerlei Hinsicht besser.“ Er habe sich wahrscheinlich bereits als der effektivste und wirkungsvollste Staatsdiener in der Geschichte der USA etabliert. Sie schrieb weiter: „An die Amerikaner, die ihm immer den Rücken gestärkt haben: Bleibt weiter hoffnungsvoll.“ Naomi Biden ist die Tochter von Bidens Sohn Hunter Biden.

Der Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer aus New York im februar 2024

Der führende Demokrat im US-Senat, Chuck Schumer (hier im Februar 2024), hat dem Rückzug von US-Präsident Joe Biden aus dem Wahlkampf Respekt gezollt. Biden sei nicht nur ein großartiger Präsident, sondern auch ein wirklich bemerkenswerter Mensch. „Seine Entscheidung war gewiss nicht leicht, aber er hat wieder einmal sein Land, seine Partei und unsere Zukunft an die erste Stelle gesetzt“, schrieb Schumer in einer Stellungnahme. Der heutige Tag zeige, dass Biden „ein wahrer Patriot und großer Amerikaner“ sei.

Bundeskanzler Olaf Scholz, SPD, hier am 20. Juli 2024

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, hier am 20. Juli 2024) hat US-Präsident Joe Biden für dessen Rückzug von der Präsidentschaftskandidatur Respekt gezollt. „Sein Entschluss, nicht noch einmal zu kandidieren, verdient Anerkennung“, schrieb Scholz am Sonntagabend im Onlinedienst X. Scholz nannte Biden seinen „Freund“. Der US-Präsident habe „viel erreicht: für sein Land, für Europa, die Welt“, schrieb Scholz. „Dank ihm ist die transatlantische Zusammenarbeit eng, die Nato stark, die USA ein guter und verlässlicher Partner für uns.“

Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen,

„Joe Biden hat als Präsident seinem Land auf beeindruckende Art und Weise gedient. Und er tut es auch mit diesem Schritt. Mein größter Respekt!“, schrieb die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang (hier im Februar 2023) auf der Plattform X.

Norbert Röttgen

Biden habe seinen Fehler, erneut zu kandidieren, spät, aber nicht zu spät korrigiert, schrieb der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen (hier im Dezember 2021) auf X. „Auch das verdient größten Respekt. Die Demokratische Partei hat nun die Chance, den Wahlkampf noch einmal zu drehen.“

Ralf Stegner (SPD) spricht als neuer Ausschussvorsitzender nach der Konstituierenden Sitzung des Bundestags-Untersuchungsausschusses zum Bundeswehr-Abzug aus Afghanistan.

Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner (hier im Juli 2022) schrieb bei X, es sei ein „erwarteter Paukenschlag in den USA“. Am Ende sei dies alternativlos und notwendig, um den republikanischen Kandidaten Donald Trump doch noch zu besiegen.

Donald Tusk, Ministerpräsident von Polen, spricht mit Reportern vor dem Westflügel des Weißen Hauses nach einem Treffen mit dem US-Präsidenten Biden.

„Lieber Präsident Joe Biden, Sie haben oft schwierige Entscheidungen getroffen, dank derer Polen, Amerika und die Welt sicherer sowie Demokratie und Freiheit stärker sind“, schrieb der polnische Ministerpräsident Donald Tusk (hier im März 2024) bei der Online-Plattform X. Er sei überzeugt, dass sich Biden davon auch bei seiner jetzigen Entscheidung habe leiten lassen. Es sei für den US-Demokraten „vielleicht die schwierigste im Leben“ gewesen, fügte der liberale Politiker hinzu.

US-Präsident Joe Biden schüttelt dem tschechischen Premierminister Petr Fiala während eines Treffens im Oval Office im Weißen Haus die Hand.

„Das ist zweifellos die Entscheidung eines Staatsmanns, der seinem Land jahrzehntelang gedient hat“, schrieb der tschechische Regierungschef Petr Fiala (hier im April 2024 mit Joe Biden) bei X. „Es ist ein verantwortungsvoller und persönlich sicher nicht leichter Schritt, der aber deshalb umso mehr Anerkennung verdient“, führte der liberalkonservative Politiker aus. Er drücke den USA die Daumen, dass aus der Wahl im November ein guter Präsident hervorgehe.

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Die Demokraten müssen nun in kürzester Zeit umsatteln und die Nachfolge regeln. Als Ersatzkandidatin rückte in den vergangenen Wochen mehr und mehr Bidens Stellvertreterin Kamala Harris in den Fokus. Die 59-Jährige war in ihrem Vizepräsidentenamt an der Seite Bidens bislang blass geblieben, bekam angesichts von dessen Schwäche zuletzt allerdings die Unterstützung einer ganzen Reihe wichtiger Parteimitglieder. Die Demokraten nominieren ihren Präsidentschaftskandidaten offiziell bei einem Parteitag in Chicago Mitte Augst.

Die Republikaner haben ihren Präsidentschaftskandidaten Donald Trump bei einem Nominierungsparteitag in Milwaukee bereits offiziell gekürt. Biden hatte bis zuletzt immer wieder behauptet, er sei der einzige, der Trump schlagen könne.

Verurteilter Straftäter Trump will Präsident werden

Schon vor dieser größtmöglichen Komplikation war dieses US-Wahljahr eines, das auf allen Ebenen heraussticht, vor allem mit Blick auf den republikanischen Kandidaten. Mit Trump bewirbt sich ein verurteilter Straftäter um das höchste Amt im Staat. Als erster Ex-Präsident der Vereinigten Staaten wurde der Republikaner in einem Strafverfahren schuldig gesprochen - wegen der Verschleierung einer Schweigegeldzahlung an eine Pornodarstellerin. Im Wahlkampf hat das dem 78-Jährigen bislang nicht geschadet. Es laufen noch andere Strafverfahren gegen ihn - allerdings dürfte es vor dem Wahltag in diesen Fällen nicht mehr zum Prozess kommen.

Bereits das jüngste US-Wahljahr 2020 war chaotisch gewesen. Trump akzeptierte seine Wahlniederlage gegen Biden damals nicht, sondern versuchte mit drastischen Mitteln, den Wahlausgang umzukehren. Sein Feldzug gipfelte damals in einem gewaltsamen Angriff seiner Anhänger auf das US-Kapitol, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen. (sku, dpa)