„Armes Deutschland”Kandidat Alex erhebt schwere Vorwürfe gegen Produktionsfirma
Celle – In der RTL-2-Sendung kam er als fauler Sozialschmarotzer rüber. Seine Aussagen polarisierten, machten viele TV-Zuschauer wütend. Doch klar ist auch, dass natürlich nur ein kleiner Ausschnitt aus seinem Leben gezeigt wurde. Deshalb geht Alex (23) jetzt selbst in die Offensive und rechnet mit den Machern der Show ab.
Seit er für die Sendung „Armes Deutschland” vor der TV-Kamera stand, geht sein Leben nach eigener Aussage den Bach herunter: Seine Frau habe ihn mitsamt ihrer drei Kinder verlassen, er könne in seiner Heimatstadt Celle kaum noch auf die Straße gehen, erhalte Morddrohungen.
Hartz-IV-Empfänger Alex macht sich bei „Armes Deutschland” unbeliebt
Nicht ohne Grund: Alex' Sprüche in der Sendung machten richtig wütend. „Für 8,50 Euro gehe ich nicht arbeiten” zum Beispiel. Das klingt ziemlich arrogant, wenn die Person, die da spricht, gerade von den Steuerabgaben des Rests der Bevölkerung finanziert wird.
Doch spiegeln die RTL-2-Aufnahmen tatsächlich auf angemessene Weise wider, wie Alex sich im Alltag verhält? Das bewusste Einteilen der Protagonisten in Gut und Böse wird Sendern wie RTL und RTL II schließlich immer wieder vorgeworfen.
Alex wirft Sender RTL II und Produktionsfirma „Psychospielchen” vor
Der 23-Jährige selbst ist überzeugt davon, dass die Aufnahmen bewusst manipuliert wurden. Nachdem er es in seiner eigenen Heimatstadt nach Ausstrahlung der Sendung einfach nicht mehr aushielt, sprach er mit dem Magazin „Watson” über seine Situation. Denn zwischen seinen Erfahrungen während der Dreharbeiten und der Umsetzung des Beitrags liegen, so der junge Mann, Welten.
Zunächst wirft Alex dem Sender und der Produktionsfirma Odeon Entertainment „Psychospielchen” vor. „Die Zusammenarbeit mit den Redakteuren war sehr nett, wir wurden viel gelobt, wie toll wir mit unseren Kindern umgehen – trotz der schwierigen Situation”, so der 23-Jährige. „Gezeigt wurde davon in der Sendung nichts. Es wurden lediglich die negativen Momente dargestellt.”
Alex aus „Armes Deutschland“: „Es wurden lediglich die negativen Momente dargestellt”
„Watson” kontaktierte auch die Produktionsfirma Odeon Entertainment. Diese war anderer Meinung, erklärte: „Wir haben den Alltag der Familie des Protagonisten journalistisch ausgewogen mit seinen Höhen und Tiefen dokumentiert.”
Doch Alex sieht das anders: Er berichtet, wie die Redakteure immer nur dieselben Fragen in leicht abgewandelter Form gestellt hätten. Beispielhaft dafür: die Szene, in der Alex erklärt, für den Mindestlohn nicht arbeiten zu wollen. Die lief seiner Auffassung zufolge so ab:
Alex behauptet auch, dazu angewiesen worden zu sein, an jedem Drehtag dieselbe Kleidung zu tragen. Warum er das tun sollte, sei ihm erst später klar geworden: „Weil die Ereignisse dann so zusammen geschnitten werden, als würden sie an einem Tag stattfinden.”
Produktionsfirma Odeon Entertainment widerlegt Alex' Berichterstattung
Auch zu diesem Detail hat die Produktionsfirma Odeon Entertainment eine andere Auffassung:
Die Produktionsfirma betont: „Es gab keinerlei Anweisungen hinsichtlich der Kleidung des Protagonisten.”
Alex wollte nicht bei „Armes Deutschland” mitmachen
Offenbar sind Protagonist und Produktionsfirma hinsichtlich vieler Einzelheiten des TV-Drehs unterschiedlicher Meinung. Und es gibt noch weitere Dinge, die Alex empören: Dass er gar nicht bei „Armes Deutschland” mitmachen wollte und dementsprechend gar nicht wusste, dass das Material für diese Show genutzt werden würde. Er behauptet:
Hätte er gewusst, dass das Material für „Armes Deutschland” genutzt worden wäre, hätte er sich nicht filmen lassen. Alex: „Ich kenne die Sendung und weiß, sie hat einen schlechten Ruf.”
Auch hierzu bezieht Odeon Entertainment Stellung. Denn laut der Produktionsfirma ist es so üblich, dass Sendungen unter einem großen Arbeitstitel entstehen:
Nach all den schlechten Erfahrungen, die Alex mit dem TV-Team gemacht hat, mag sich die Frage stellen: Wenn er doch dort so an der Nase herumgeführt wurde, warum hat sich Alex dann überhaupt entschieden, das RTL-II-Team bei sich filmen zu lassen?
Alex erhofft sich Weg aus Problemsumpf
Seine Antwort ist irgendwie doch nachvollziehbar:
Korrekt: Für die Dreharbeiten kriegt die Familie eine Aufwandsentschädigung – das ist zwar nicht viel, da die beiden gemäß der Hartz-IV-Kriterien nur bedingt eigenes Geld verdienen dürfen, aber doch eine kleine Stütze.
Alex hat dringende Bitte an TV-Produzenten und RTL-2-Team
Eigentlich hat Alex nur eine Bitte: Er hätte sich gewünscht, dass die Sendung menschlicher gestaltet worden wäre. Er hätte sich gewünscht, dass die Unterstützung des TV-Teams ihm einen Anstoß gegeben hätte, um von dem Schuldenberg runterzukommen – und ihn nicht noch tiefer in die soziale Ausgrenzung hinein getrieben hätte.
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Denn das ist durch die Ausstrahlung von „Armes Deutschland” schlussendlich geschehen, meint Alex: Er ist unglücklicher und einsamer denn je. (ta)