In der ARD ermittelt die coole Kommissarin Elena Barin – die genau wie Schauspielerin Hayal Kaya eine trans Frau ist.
„Mache kein Tam-Tam draus“Hayal Kaya ist die erste transidente TV-Kommissarin
von Laura Schmidl
Hayal Kaya (36) alias Elena Barin ist eine TV-Ermittlerin mit besonderer Geschichte. In „Seeland – Ein Krimi vom Bodensee“ muss sie im mittlerweile zweiten Film der Reihe gegen einen Geiselnehmer auf einem Boot kämpfen.
Am 14. November 2024 läuft der Krimi um 20.15 Uhr im ARD-Fernsehen. Im Gespräch mit dem EXPRESS.de erzählt sie, was sie und ihre Rolle so besonders macht.
Hayal Kaya: „Schon meine Existenz ist Aktivismus“
Wie ihre Rolle Elena Barin im „Seeland“-Krimi ist Hayal eine trans Frau und repräsentiert damit als erste deutsche TV-Kommissarin transidente Menschen im TV. „Ich gehe ganz selbstverständlich damit um“, sagt sie. „So wie Elena auch. Ich mache da kein Tam-Tam draus. Ich bin grundsätzlich kein lauter Mensch.“
Trotzdem ist sie sich darüber im Klaren, was es bedeutet, eine Hauptrolle im Prime-Time-Programm zu spielen. „Mir ist bewusst geworden, wie viele Menschen ich erreichen kann, welche Hoffnung ich ihnen geben könnte. Und natürlich sorge ich für eine gewisse Sichtbarkeit – ob ich will oder nicht.“
Als Aktivistin nämlich sieht sich Hayal eigentlich nicht. „Im Grunde aber bin ich es doch – alleine durch meine Existenz. Ich bin da, ich zeige mich wie ich bin, ich bin authentisch. Ich habe schon eine Vorreiterin-Rolle, vor allem für die kommende Generation“, sagt sie. „Ich bin 36. Und wenn ich so darüber nachdenke, gab es kaum Beispielfiguren, mit denen ich mich identifizieren konnte.“
Im Seeland-Krimi soll die Identität aber nur Nebensache sein, „und eine Opferrolle hat Elena Barin schonmal gar nicht“, betont Hayal. „Wir haben den Fokus darauf gelegt, dass sie eine coole, starke Kommissarin ist – mit einer besonderen Geschichte.“
So ist es auch im Alltag der Schauspielerin. „Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich so gut wie keine negativen Erfahrungen gemacht habe. Das ist nicht selbstverständlich. Ich habe auch nicht das Gefühl, ständig über meine Identität reden zu müssen“, sagt sie. „Cis-Menschen machen das ja auch nicht. Es stellt sich ja keiner hin und sagt: ‚Hallo, ich bin eine Cis-Frau.‘ Ich kommuniziere das nur, wenn es wirklich sein muss.“
Im Job wünscht Hayal sich dennoch mehr Offenheit und Selbstverständlichkeit, „dass ich auch andere Rollenprofile bekomme, in denen trans sein gar keine Rolle spielt. Ich bin ausgebildete Schauspielerin – ich kann zwar nicht alles, aber ich kann vieles spielen.“
Hayal Kayas Appell: „Fühlt euch niemals falsch oder alleine!“
Hayal Kaya kam 2013 aus der Türkei nach Deutschland, weil sie hier einen Job angeboten bekam. Manchmal vermisse sie die Spontaneität ihrer Heimat im strukturierten Deutschland, sagt sie. „Und meine Familie und die Vertrautheit meiner Muttersprache …“ Aber: „Es war die richtige Entscheidung – eigentlich war nicht geplant, dass ich hier bleibe und eine Fernsehkarriere starte – aber: go with the flow!“
Für Menschen, die sich auf einer ähnlichen Reise zu ihrem echten Selbst sehen, hat sie einige Ratschläge parat: „Wenn möglich, umgebt euch mit Menschen, die euch lieben, wie ihr seid und euch unterstützen. Besucht Selbsthilfegruppen. Therapeutische Hilfe ist extrem wichtig. Dafür gibt es Schnittstellen, wo man anrufen, um Hilfe bitten kann. Niemals alleine große Entscheidungen treffen! Mit Menschen reden, die alles schon hinter sich haben. Traut euch, auf Menschen zuzugehen: in Foren, Selbsthilfegruppen, live. Fühlt euch niemals falsch oder alleine: Ihr seid gut so wie ihr seid. Beschäftigt euch mit Selbstheilung – rutscht nicht in eine Opferrolle, helft euch selbst.“