Nach der Vereidigung von Donald Trump als 47. US-Präsident äußerte Sigmar Gabriel bei „Markus Lanz“ die Sorge, dass Europa bald Ähnliches blühe. Der SPD-Politiker erklärte zudem, welche Auswirkungen das Abwenden Amerikas von Europa für die Weltordnung haben könnte.
Bei LanzSigmar Gabriel äußert große Sorge nach Vereidigung von Donald Trump: „eine völlig neue Situation“
Nach der Amtseinführung von Donald Trump steht für viele die Frage im Raum: Wie geht es jetzt weiter – und was sind die Folgen für Europa? „Ist das schlicht das Ende des alten Westens, wie wir ihn kennen?“, fragte Markus Lanz zudem in seiner Sendung am Dienstagabend (21. Januar 2025).
Eine Frage, auf die vor allem SPD-Politiker Sigmar Gabriel nachdenklich reagierte. Der frühere Außenminister erklärte, dass für ihn nach der Vereidigung von Trump vor allem die Frage wichtig sei, „welche Rolle Amerika in Zukunft in der Welt einnehmen wird“.
„Markus Lanz“: Sigmar Gabriel nach Vereidigung von Trump besorgt
Sigmar Gabriel ergänzte mahnend: „Da verabschiedet sich eine globale Ordnungsmacht aus ihrer Rolle, zumindest den Anspruch zu haben, die Welt mit in einer Balance zu halten. Und es entwickelt sich eine Hegemonialmacht.“ Der Einschätzung stimmte auch Linken-Politiker Bodo Ramelow zu.
Er erklärte: „Bei dieser Amtseinführung waren alle Oligarchen dieser Welt da.“ Dieser zunehmende Einfluss reicher Unternehmer und Milliardäre sei „eine Herausforderung“ und „eine völlig neue Situation, ein ganz neuer Blick auf das, was wir als bisher freie Welt bezeichnet haben“, sagte Ramelow, „das bedeutet Freiheit für die Mächtigen“.
Dies nahm Lanz zum Anlass, um über die konkreten Maßnahmen und Pläne von Trump zu sprechen. Neben dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen sowie der Weltgesundheitsorganisation WHO kündigte Trump auch an, die Inflation zu senken, die Öl- und Gasproduktion zu erweitern, sowie Zölle auf Produkte aus Kanada und Mexiko zu verhängen.
„Donald Trump muss Taten liefern nach all den Worten“, erklärte ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen, der aus Washington, D.C., zugeschaltet war. „Das tut er jetzt erstmal durch diese Exekutivbefehle. Und die werden auch zu entsprechend martialischen Bildern führen - zum Beispiel beim Thema Zuwanderung.“
Sigmar Gabriel warnt vor Zerfall Europas: „Dann sind wir Provinz der Weltpolitik“
Laut Theveßen werde es zwar „Bilder von Razzien geben in den nächsten Tagen“, doch Trump werde es „im Leben nicht schaffen, acht bis 14 Millionen Zuwanderer, die keinen Aufenthaltstitel haben, abzuschieben – aus rein logistischen Gründen schon“. In Bezug auf das Aufgehen der vielen Wirtschaftspläne von Donald Trump zeigte sich derweil Sigmar Gabriel skeptisch. Er sagte: „Ich bin einfach ein bisschen vorsichtig, in der Frage, ob ich jetzt schon weiß, dass das alles so negativ endet, wie das viele jetzt vorhersagen.“
Besorgter zeigte sich der ehemalige SPD-Chef derweil in Bezug auf den allgemeinen Rechtsruck in vielen westlichen Ländern. Offensichtlich gebe es in allen demokratischen Ländern das gleiche Problem, „dass diese liberale Demokratie für viele Menschen nicht das liefert, was sie verspricht. Wenn wir das nicht ändern - und zwar zu Hause ändern – dann brauchen wir über die USA gar nicht nachdenken.“
Laut des ehemaligen Vizekanzlers müsse man sich in Deutschland nun die Frage stellen, „was davon ist eigentlich bei uns ähnlich und was müssen wir tun, um unsere liberale Demokratie nicht in die gleiche Falle laufen zu lassen?“.
Gabriel warnte dabei vor allem vor Amerikas „Abwenden von der internationalen Ordnung“ und ergänzte sorgenvoll: „Was bleibt dann eigentlich übrig von dem, was wir transatlantischen Wertekanon genannt haben? Was bleibt vom liberalen Westen übrig, wenn das wichtigste Land (...) sich von dieser Idee verabschiedet? Dann ist das (...) eine andere Welt, als die, die wir heute haben - und eine, in der wir Europäer überhaupt nicht klarkommen.“
Sigmar Gabriel: „Ich halte Vance für weit gefährlicher als Trump“
Der SPD-Politiker äußerte deshalb die deutliche Warnung: „Wenn Europa jetzt zerfällt oder jede Regierung versucht, mal noch was für sich rauszuholen, dann sind wir Provinz der Weltpolitik. Dann wird mit uns gespielt, aber dann sind wir keine Spieler!“
Dass viele Amerikaner die Gefahren hinter Donald Trump nicht zu erkennen scheinen, erklärte Sigmar Gabriel mit der Faszination, die der Präsident auslöse. Er verspreche seinen Wählern keine konkreten Lösungen, sondern er begeistere mit Sätzen wie: „Ich mache Amerika groß. Er bildet ein Gefäß und er appelliert sozusagen daran, mitzubauen an diesem Gefäß. Und da kommt die Faszination her.“
In Bezug auf das politische Wirken Trumps warnte Gabriel jedoch vor dem Vizepräsidenten J.D. Vance, denn: „Ich halte Vance für weit gefährlicher als Trump.“
Markus Lanz reagierte zustimmend: „Ich auch.“ Ein weiterer Mann, der für den ehemaligen deutschen Außenminister ein Dorn im Auge zu sein scheint? Tesla-Chef Elon Musk. Laut Sigmar Gabriel sei der Milliardär „grenzenlos in seiner Machtfantasie“. Für ihn sei Trump daher lediglich „ein nützlicher Idiot, um die Institutionen zu zerstören“. Das Ziel von Musk? Nicht mehr Geld, sondern mehr Macht. (tsch)