Nicht nur an Flughäfen, auch an den Bahnhöfen ist die Lage in diesem Jahr katastrophal. Im Juni waren die Fernzüge der Deutschen Bahn so unpünktlich wie seit mehr als zehn Jahren nicht. Ein ICE schaffte es sogar, in die falsche Richtung zu fahren.
Bahn-ChaosFast die Hälfte aller ICEs kommt zu spät – Zug fährt in die falsche Richtung
Die Pünktlichkeit der Deutschen Bahn lässt weiter nach. Im Juni erreichten nur noch 58 Prozent der Fernzüge ihr Ziel pünktlich, wie das Unternehmen mitteilte. Das ist der schwächste Monatswert seit Ende 2010. Damals brachten Schneemassen sowie Eisregen zu Weihnachten den Verkehr streckenweise zum Erliegen.
Heute machen nach Konzernangaben Baustellen und viel Verkehr Probleme. „Intensive Bautätigkeit im gesamten Netz der DB sowie die sehr hohe Auslastung zentraler Schienenwege durch die Züge des Personen- und Güterverkehrs wirken sich weiter negativ auf die Pünktlichkeit aus“, erklärte ein Sprecher der Deutschen Bahn.
Verspätungen und Ausfälle bei der Bahn – „Wir sind aus Versehen in die falsche Richtung gefahren“
Ein besonders negatives Erlebnis hatte eine Reisende, die am Mittwoch (6. Juli) vom Dortmunder Hauptbahnhof mit dem ICE 610 nach Hamburg fahren wollte. Wie „Der Westen“ berichtet, habe die Frau zunächst 40Minuten auf ihren Zug warten müssen. Als dieser dann endlich losfuhr, ging es in die falsche Richtung!
Demnach habe der Lokführer plötzlich eine Durchsage gemacht: „Wir sind aus Versehen in die falsche Richtung gefahren. Derzeit beratschlagen wir, was wir jetzt machen.“ Eine Freundin der frustrierten Reisenden machte den Vorfall auf Twitter publik.
Grund für das Malheur sei ein falsches Signal gewesen, wie ein Bahnsprecher später mitteilte. Schließlich konnte der Zug umgeleitet werden und doch noch in die richtige Richtung fahren.
Zug fällt aus: Diese Entschädigung können Reisende von der Bahn bekommen
Für solche Verspätungen verlangen viele Fahrgäste Entschädigungen. Zahlen dazu wollte die Bahn nicht nennen. Seit Tagen verweist jedoch das Servicecenter auf seiner Website auf ein deutlich erhöhtes Antragsaufkommen. „Daher kann es in Einzelfällen zu Verzögerungen und längeren Bearbeitungszeiten kommen.“
Wer mindestens eine Stunde zu spät ans Ziel kommt, kann sich ein Viertel des Fahrpreises erstatten lassen. Ab zwei Stunden ist es die Hälfte des Fahrpreises. Fahrgäste können das per Papierformular, über die Bahn-Website oder die App DB Navigator beantragen.
Nach Bahn-Definition sind Halte mit weniger als sechs Minuten Verspätung pünktlich. Konzernchef Richard Lutz hatte vor einigen Wochen das Ziel einkassiert, dieses Jahr im Fernverkehr 80 Prozent Pünktlichkeit zu erreichen. Die Bahn liegt derzeit deutlich unter dem Vorjahreswert von 75 Prozent.
Aus Sicht des Bundesverkehrsministers Volker Wissing (FDP) ist das deutsche Schienennetz über Jahre vernachlässigt worden. Er hat angekündigt, die Modernisierung zur Chefsache zu machen und in seinem Ministerium zu steuern. Geplant ist eine Generalsanierung zentraler Netzabschnitte ab 2024.
Wissing sagte bei der Präsentation im Juni: „Ich erwarte, dass wir in Zukunft wieder die Uhr nach der Bahn stellen können.“ Dabei hat er nicht nur die Fahrgäste im Blick, sondern auch die Wirtschaft. In der Industrie gibt es seit Monaten Unzufriedenheit mit der Bahn, weil sich auch Güterzüge verspäten. (mac/dpa)