FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle spricht im EXPRESS-Interview über die drängendsten Fragen zum 1. FC Köln.
Wehrle kündigt FC-Transfers an„Haben Zielpositionen, die wir noch besetzen wollen“
Donaueschingen. Seit Ende Mai ist Alexander Wehrle alleiniger Geschäftsführer des 1. FC Köln. EXPRESS traf den 46-Jährigen im Trainingslager zum Gespräch. Fan-Rückkehr, Finanzen, Transfers, Kader-Planung, Sportchef-Suche, Steffen Baumgart – im Interview spricht Wehrle über die wichtigsten Themen rund um den Klub. Lesen Sie hier den zweiten Teil.
Alexander Wehrle im EXPRESS-Interview
Herr Wehrle, Ihr Ex-Kollege Jörg Schmadtke wollte explizit nur mit Ihnen als Geschäftsführer über Sebastiaan Bornauws Transfer zum VfL Wolfsburg verhandeln. Eine spezielle Situation?
Wehrle: Das war sicherlich besonders, aber die Dinge, die ich mit Jörg besprochen habe, habe ich intern immer mit Jörg Jakobs und dem Vorstand abgestimmt. Das war am Ende keine einsame Entscheidung von mir, sondern von allen mitgetragen. Ein sauberer Prozess.
Ist Jörg Schmadtke ein harter Verhandlungspartner?
Wehrle: (lacht) Sagen wir mal so: Wir haben nach intensiven Verhandlungen am Ende eine marktgerechte Lösung gefunden. Wir haben ja auch nicht jeden Zwischenschritt kommuniziert. Entscheidend war, dass uns der Spieler klar gesagt hatte, dass er sich erhofft, über die Champions League Nationalmannschafts-Einsätze zu bekommen. Das haben wir respektiert. Er musste auf der anderen Seite respektieren, dass er noch drei Jahre Vertragslaufzeit hatte. Aus meiner Sicht sind die Abgänge von Seb und auch Iso Jakobs zu marktgerechten Konditionen geschehen. Das hat vielleicht ein bisschen länger gedauert, aber es hat sich am Ende ausgezahlt, dass wir bei unserer Linie geblieben sind.
Durch die Transfers von Bornauw und Jakobs hat der FC deutlich mehr als 20 Millionen Euro eingenommen. Kann davon etwas in Neuzugänge fließen?
Wehrle: Erst einmal ist es so, dass wir schon vier Spieler verpflichtet haben. Mark Uth, Marvin Schwäbe, Timo Hübers und Dejan Ljubicic werden eine Rolle spielen. Dass wir durch die pandemische Situation und die Verluste, die wir hinnehmen mussten, Transfereinnahmen generieren müssen, war klar. Jetzt schauen wir, wie sich die nächsten Tage und Wochen gestalten. Wir haben Zielpositionen, die wir noch besetzen wollen. Idealerweise arbeiten wir mit ablösefreien Spielern oder einer Leihe. Aber es ist auch nicht völlig auszuschließen, dass wir eine Ablösesumme investieren, wenn uns ein Spieler sofort weiterbringen würde.
Was sind die Zielpositionen?
Wehrle: Grundsätzlich suchen wir noch jeweils einen Stürmer, Linksverteidiger und Innenverteidiger. Wir ziehen zum Ende der Vorbereitungsphase noch einmal Bilanz, setzen uns mit dem Trainer und der sportlichen Leitung zusammen und entscheiden dann final.
Was wäre eine gesunde Kadergröße – finanziell und sportlich?
Wehrle: Finanziell haben wir eine Grenze an Gehaltskosten, die wir einhalten wollen und auch sollten. Über die Kadergröße entscheidet am Ende der Cheftrainer. Dank unserer guten Nachwuchsarbeit haben wir dazu die Möglichkeit, junge Spieler zu integrieren. Ich höre, dass die Jungs hier im Trainingslager einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Wer weiß, ob der eine oder andere, der vielleicht bislang nicht eingeplant war, zukünftig eine größere Rolle spielt.
Der FC hat in diesem und im vergangenen Sommer mehrfach Spieler ablösefrei abgegeben und Ihnen zusätzlich noch eine Abfindung mitgegeben. Wie kann das in dieser Häufigkeit vorkommen?
Wehrle: Es gibt Spieler, die man ablösefrei verpflichtet hat, in solchen Fällen fällt das Gehalt ein bisschen höher aus. Und es gibt Spieler, die weniger gut funktioniert haben als erwartet. Am Ende ist es dann eine unternehmerische Entscheidung. Gibt man einen Spieler ab oder lässt man ihn zwölf Monate auf der Tribüne sitzen bzw. bei der U21 spielen? Damit blockiert man junge Talente. Wir haben bei allen Abgängen signifikante Gehaltseinsparungen erzielt. Das ist, was unterm Strich zählt.
Gibt es eine Zahl an Spielern, die gehen noch sollen?
Wehrle: Es gibt beispielsweise Spieler, die nicht mit ins Trainingslager gefahren sind. Darüber hinaus ziehen wir auch hier zum Ende der Vorbereitung Bilanz. Dann gilt es, Lösungen für den einen oder anderen Spieler zu finden, der in den Planungen des Trainers keine übergeordnete Rolle mehr spielt. Grundsätzlich respektieren wir Verträge und halten sie ein.
Ärgert Sie der Wechsel von Jhon Cordoba nach Russland? Es heißt, dem FC würden dadurch Bonus-Zahlungen von Hertha BSC durch die Lappen gehen.
Wehrle: Gerüchte über Vertragsinhalte kommentiere ich generell nicht. Aber ich glaube, der Hertha-Transfer von Jhon Cordoba mit 15 Millionen Euro Ablöse war bei einer Vertragslaufzeit von damals neun Monaten und in Anbetracht der Tatsache, dass der Spieler unbedingt gehen wollte, ein sehr ordentliches Ergebnis.
Steffen Baumgart ist für viele Fans der Hoffnungsträger. Wie nehmen Sie ihn wahr?
Wehrle: Ich habe vom allerersten Gespräch an, das schon ein paar Monate her ist, bis zum heutigen Tag wirklich einen sehr, sehr positiven Eindruck von Steffen. Er ist sehr authentisch, hat eine klare Linie. Und er ist immer auf 100 Prozent Energie, immer unter Strom und interessiert sich auch für Dinge im Klub, die außerhalb des Sports laufen. Die Zusammenarbeit macht richtig Spaß.
Verkraften Sie das auf der Tribüne, wenn es künftig auch mal ein 5:3 gibt?
Wehrle: Nach dieser nervenaufreibenden letzten Saison, insbesondere mit den letzten Spielen, müsste ich eigentlich jedes Spiel entspannt angehen können (lacht). Ich wünsche mir für uns eine ruhigere Saison. Am Ende zählen die drei Punkte und wenn wir die mit einem 5:3 oder 6:4 holen, ist das völlig in Ordnung.
Neben Steffen Baumgart war unter anderem auch Peter Stöger ein Kandidat – der allerdings für einen gänzlich anderen Fußball steht. Wusste der FC damals noch nicht, für welchen Spielstil er künftig stehen will?
Wehrle: Wir hatten, wie das üblich ist, eine Longlist mit vielen möglichen Kandidaten. Im Anschluss haben wir insgesamt fünf Gespräche geführt. Und wir waren uns tatsächlich alle komplett einig, dass Steffen mit seiner Art, seinen Erfahrungen aus Paderborn und auch mit seiner Idee von Fußball wirklich gut nach Köln passt. Es gab keinen im Verein, der Bedenken hatte.