„Wer heißt schon Toni?“Die verrückt-kölsche Geschichte von Kilian-Berater Pierre Esser

1. FC Köln: Zugang Luca Kilian mit Berater Pierre Esser, Thomas Kessler und Lukas Berg (1. FC Köln), 24.08.2021, Bild: Herbert Bucco

Berater Pierre Esser (Mitte) mit Luca Kilian (l.) bei dessen Ankunft beim 1. FC Köln am 24. August 2021.

Der 1. FC Köln scheint mit Luca Kilian ein vielversprechender Griff gelungen zu sein. Den Deal eingefädelt hat Berater Pierre Esser. Und über den gibt es eine verrückte, typische kölsche Geschichte zu erzählen.

von Alexander Haubrichs  (ach)

Köln. Als Luca Kilian (22) am Freitagabend mit dem 1. FC Köln auf die SpVgg Greuther Fürth traf, war sein Berater Pierre Esser (50) einmal nicht auf der Tribüne. „Man muss Prioritäten setzen“, schmunzelt der großgewachsene frühere Torwart, der stattdessen mit der Traditionself des 1. FC Köln zu einem Freundschaftsspiel antrat.

Aber wie kommt Esser in die Mannschaft von Kapitän und Organisator Stephan Engels (61), der keinen Widerspruch duldet, wenn die Einladung kommt? Lesen Sie die verrückt kölsche Geschichte des Beraters von Kölns Verteidiger-Juwel.

Pierre Esser sucht sich seinen Namen aus

Esser kam als Cengiz Dülgeroğlu in Köln zur Welt. Die Beziehung der Eltern ging schnell in die Brüche. „Meine Mutter fand in Belgien eine neue Liebe. Ich wuchs bei meinen Großeltern auf“, erinnert sich Esser. In Höhenberg, Vingst und Kalk wird er groß, seine sportliche Heimat findet er bei Viktoria Köln.

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Seine Großeltern beantragen das Sorgerecht, bemühen sich um eine deutsche Staatsbürgerschaft. „Ich habe mich immer mehr deutsch als türkisch gefühlt“, sagt Esser. Mit 14 ist es soweit, mit dem deutschen Pass nimmt er auch den Mädchennamen der Mutter an. Den Vornamen konnte er sich aussuchen. „Mein sportliches Torwart-Idol war Toni Schumacher. Aber wer heißt in den 80ern schon Toni? Also hab ich mir den Namen meines anderen Stars ausgewählt: Pierre Littbarski“, sagt Esser.

Die Torwartkarriere führt ihn aber nicht zum FC, sondern zu Fortuna Düsseldorf. Dort kommt er am überragenden Georg Koch (49) nicht vorbei. Über einen Mittelsmann findet er den Weg zu Galatasaray Istanbul. „Damals hat mich ein ARD-Team mit Jürgen Bergener begleitet. Ich war kaum gelandet, da musste ich schon spielen. Beim nächsten Spiel saß ich nur noch auf der Bank“, erinnert sich Esser.

Türkischer Meister mit Gheorghe Hagi und Fatih Terim

Die Kollegen haben illustre Namen, bei Gala spielen damals die rumänischen Ausnahmekönner Gheorghe Hagi (56) oder Gheorghe Popescu (54), doch bei Trainer Fatih Terim (68) hat Esser einen schweren Stand. Auf der Bank wird er türkischer Meister, noch bevor die Kollegen im zweiten Jahr den UEFA-Pokal holen, kommt es zum Knall mit dem „Imperator“. „Dass ich nicht gespielt habe, konnte ich nicht akzeptieren. Das hab ich ihm ziemlich deutlich gesagt. Da war klar, dass ich unter ihm nie mehr ein Spiel mache.“

Die Traditionself des 1. FC Köln mit Stephan Engels (r.) und Torwart Pierre Esser gleich daneben.

Esser will zurück nach Deutschland, Ex-Kaiserslautern-Legende Hans-Peter Briegel (65) und Trainer Peter Vollmann (63) überzeugen ihn vom Wechsel zum ambitionierten Drittligisten Eintracht Trier. Schon im dritten Spiel kommt es zum GAU: Fitgespritzt knickt ihm das Knie weg, die Diagnose: Kreuzbandriss und Knorpelschaden, die Karriere war mit 28 Jahren vorbei.

Pierre Esser: „Luca Kilian ist bei Baumgart richtig aufgehoben“

Esser studierte und wurde Berater, lebt inzwischen verheiratet mit zwei Kindern in Essen. Dort arbeitet er auch für die Agentur Coresport. Dass Luca Kilian beim 1. FC Köln landete, hatte aber nur bedingt mit seiner kölschen Vergangenheit zu tun.

„Die Perspektive in Mainz war nicht mehr gegeben, aber er wollte unbedingt in der ersten Liga bleiben. In Köln bei Steffen Baumgart ist er genau richtig aufgehoben“, sagt Esser. Für den Spieler und den FC könnte der Transfer eine Erfolgsgeschichte werden.

Dass Esser dabei wieder öfters in seiner Geburtsstadt ist und einen Kaffee in der Ehrenstraße trinken kann, kommt ihm natürlich nicht ungelegen. Die Atmosphäre im Rhein-Energie-Stadion genießt er dabei so oft wie möglich – wenn nicht gerade Stephan Engels und die Altinternationalen zum Traditionskick rufen…