EXPRESS-SerieDas macht Ex-FC-Trainer Erich Rutemöller heute

Rutemöller (1)

Erich Rutemöller am Grab seines Mentors Hennes Weisweiler in Erftstadt.

von Markus Krücken  (krue)

Erftstadt – Friedhofswetter. Es ist grau, kalt und es fieselt. Vor 33 Jahren, zur Beerdigung, war er zuletzt hier, auf dem kleinen Friedhof in Lechenich. Er sieht heute anders aus.

„Entschuldigung, wo ist denn das Grab vom Hennes?“, fragt Erich Rutemöller (70) einen Gartenarbeiter. „Da vorne links, Erich.“ Ein paar Schritte durch den Schlamm, und wir stehen davor, und es ist, als sei alles wie früher.

Besuch beim Vorgänger

Der große Hennes Weisweiler (†63) war der Grund, warum er sich in den 70er Jahren entschloss, Trainer zu werden. Erich Rutemöllers Stimme wird leise, als er über seinen einstigen Mentor spricht.

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„Hennes war mein Lehrer an der Sporthochschule. Ich kam aus dem kleinen Rheine als Student in die große Welt. Da haben wir schon gezittert vor dem Hennes. Er war für uns eine Trainergröße, da haben wir hochgeschaut.“

Trainerausbildung ab 2000 geleitet

Weisweiler – ein Trainergigant. Erfinder der Fohlen-Elf in Gladbach, später Coach des FC Barcelona, US-Champion mit Cosmos New York und in Zürich. Erfolgsgarant beim 1.FC Köln, mit dem er 1978 das Double holte.

„Er hatte Prinzipien, die er ständig wiederholte. Zum Beispiel, dass er Konopka immer über die rechte Seite jagte und Dieter Müller vorne köpfen musste. Er hat so viel für den FC getan, für mich ist er von allen FC-Trainern der Historie die Nummer 1. Der ganze Dom war voller Menschen bei seiner Beerdigung.“

Die Trainerausbildung des DFB, die Rutemöller ab 2000 als dessen Erbe leitete, trug Weisweilers Namen.

Vieles erinnert an Weisweiler

Er bewundert noch heute die „Bauernschläue“ des Originals. „Im Fußballlehrer-Lehrgang hatten wir montags eine aktuelle Stunde. Einige Trainer mussten von ihren Spielen berichten. Das hat er nicht ohne Grund gemacht. Hennes war ja in Doppelfunktion noch Gladbach-Trainer. Und so holte er sich Infos über die nächsten Gegner...“

Rutemöller unterrichtete Hecking und Schuster

Wie Weisweiler Abseits erklärte? Rutemöller muss laut lachen: „Abseits ist, wenn das lange Arschloch zu spät abspielt. Damit meinte er Günter Netzer. Mit dem kam er nicht klar – wie mit vielen Stars.“

Daum und Rute

Konkurrenten in der Liga 1990: Christoph Daum und Erich Rutemöller.

Als Trainer-Ausbilder formte Rutemöller im Lehrgang heutige Größen wie Dieter Hecking oder Dirk Schuster. Aber warum packte er selbst nie die große Karriere?

Der große blonde Mann macht ganz klein: „Als ich von den Amateuren 1990 zum FC-Trainer aufstieg, bestand die Mannschaft fast nur aus Nationalspielern. Wir haben in meiner Saison den UEFA-Cup-Platz verpasst, das war die erste Katastrophe. Dann verloren wir das Pokalfinale. Es war wohl gut so.“

Rutemöller hält inne. Er hätte der letzte FC-Trainer mit einem Titel sein können. Wenn, ja wenn Rudy, Litti und Co. 1991 im DFB-Pokalfinale gegen Bremen die Nerven behalten hätten.

Bittere Tränen

Dann wäre vieles, wenn nicht alles anders gekommen, bekennt Rutemöller: „Ich denke immer wieder ans Finale. Ich hab damals bitterlich geweint. Auf dem Platz. Ich war fix und fertig. Man warf mir danach vor: ich sei zu weich. Aber das war doch eine Riesenchance einen Titel zu holen – und dann verlieren wir im Elfmeterschießen. Ich fühlte: Der Druck, das war nicht meine Welt. Ich fühle mich wohler, vor den Jungs zu stehen. Ich merkte: Ich bin Lehrer. Es war ganz gut, dass man mir den Weg gewiesen hat.“

Wie war das mit „Mach et Otze?“

Wir kommen auf das ewige Thema zu sprechen. Der Frage nach „Otze“. Mit dem „Mach et“-Spruch im TV-Interview gab Rutemöller zu, seinem gelbverwarnten Spieler Frank Ordenewitz im Pokal-Halbfinale zur Unsportlichkeit geraten zu haben, damit er die Rote Karte erhält.

So wäre er zwar für die Liga gesperrt worden, aber zum Datum des Pokalfinals wieder spielberechtigt gewesen. Die Folge der TV-Beichte: Otze wurde gesperrt, Rutemöller musste 5000 DM Strafe blechen.

Keine Vorwürfe von Otze

Würde er heute noch einmal so ehrlich sein? „Nein. Ich würde gar nichts sagen. Ich war in der Euphorie, dass wir das Finale erreicht hatten.“

Stille. Gab es Vorwürfe? „Am besten hat sich noch der Otze selbst verhalten, er hat mir nie was vorgeworfen, auch nicht im Geheimen. Wir haben uns im Klub zusammengesetzt und überlegt, ob wir irgendwie da rauskommen. Ich sollte sagen, ich hätte das scherzhaft gemeint. Aber keine Chance. Es war das Schlimmste, dass der Otze nicht spielen konnte. Wenn wir das Endspiel gewinnen, sagte ich mir damals, schenk ich Otze eine Mini-Ausgabe des Pokals. Aber Pustekuchen.“

Frust-Kölsch mit Udo Lattek

Bald darauf war für ihn beim FC Schluss. Besonders bitter: Die Niederlage gegen den VfB Stuttgart, wo Christoph Daum inzwischen angeheuert hatte.

Ericht und Lattek

1991: DFB-Pokalfinale mit Erich Rutemöller und Udo Lattek (r.)

„Daum ist Spieler bei mir gewesen, ich war sein Nachfolger als FC-Trainer. Und sein erstes Spiel mit dem VfB Stuttgart war dann natürlich gegen uns. Wir führten 2:0, und verlieren noch 2:3. Danach bin ich mit Udo Lattek erst mal in die Kneipe und wir haben ein paar Frust-Kölsch getrunken.“

Erfolgreiches Wiedersehen

Doch es gibt ein Wiedersehen. Als Trainer von Hansa Rostock kippt „Rute“ den amtierenden Meister aus der ersten Pokalrunde. „Wir schlagen die als Absteiger 2:0. Da hat er sich sehr gut verhalten. „Erich, dir hab ich es gegönnt“, hat er gesagt. „Das hab ich ihm hoch angerechnet.“ Es sollte eines der wenigen Highlights an der Ostsee bleiben. „Vor Weihnachten bin ich entlassen worden, am Ende waren sie 11.“

Kein Vereinstrainer mehr

Als Klubtrainer versucht Rutemöller keinen Neustart mehr, wechselt 1994 zum DFB. Als Ausbilder ist er bis heute ein gefragter Mann. Sein Lebensmittelpunkt bleibt seine schmucke Dachgeschosswohnung in Lindenthal. Vor kurzem hat er seine langjährige Freundin geheiratet.

Der Kreis hat sich geschlossen. „Ich kann mich nicht beklagen. Vom Balkon schaue ich auf den Stadtwald. Zum Stadion gehe ich zu Fuß. Ich bin wieder verheiratet. Ich würde alles wieder genauso machen. Nur das mit Otze nicht“, sagt Rutemöller. Und man glaubt ihm jedes Wort.

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