„Kölner Spieler so motiviert wie FC-Fans?“Ex-Manager spricht über Existenzkampf am Geißbockheim

Volkswagen Arena: Jan Thielmann (1. FC Köln) nach einer Chance.

Kölns Jan Thielmann zieht sich nach einer vergebenen Torchance das Trikot über den Kopf. Beim VfL Wolfsburg gab es am 27. Januar 2024 ein 1:1.

In den kommenden Wochen entscheidet sich die Zukunft des 1. FC Köln. Der Klassenerhalt ist enorm wichtig. Das sieht auch Ex-Manager Michael Meier so.

von Uwe Bödeker  (ubo)

Er war Anfang der 1990er Jahre Fußball-Manager des Jahres, gewann mit dem 1. FC Köln den DFB-Pokal 1983, mit Bayer Leverkusen den Uefa-Cup 1988 und mit Borussia Dortmund die Champions League 1997. Michael Meier gehörte zu den prägenden Managern der Bundesliga.

Der 74-Jährige fiebert immer noch mit dem FC, bei dem einst als geschäftsführendes Vorstandsmitglied im Jahr 1981 seine Karriere als Fußball-Funktionär begann. In Köln arbeitete er von 1981 bis 1987 und später nochmal von 2005 bis 2010.

Michael Meier macht Köln im Abstiegskampf Mut

Nach dem 1:1 des 1. FC Köln beim VfL Wolfsburg hat Meier im Gespräch mit EXPRESS.de am Montag (29. Januar 2024) die Hoffnung noch lange nicht aufgegeben. „Für viele ist das Schicksal des FC ja schon besiegelt, auch weil die aktuellen Rahmenbedingungen durchaus dafür sprechen könnten“, so Meier, „aber im Fußball sind so viele Dinge möglich. Das hat man in Köln ja auch gesehen, als Steffen Baumgart antrat und mit dem FC in die Conference League einzog.“

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Meier will die Situation der Kölner nicht schönreden, will aber auch nicht schwarzmalen: „Es sind dunkle Wolken, die am Horizont aufziehen, das kann man nicht verniedlichen. Aber in Köln sollte keiner die Hoffnung aufgeben. Es ist noch einiges an Strecke zurückzulegen.“

Den Klassenerhalt sieht Meier aber als elementar an, wenn die Zukunft des Vereins wieder erfolgreich werden soll. Die nächsten Wochen ist also Existenzkampf angesagt. Bei einem Abstieg jedenfalls ist auch Meier nicht sonderlich optimistisch: „Die Transfersperre trifft Köln massiv. Und wenn dann im Falle des Abstiegs nicht alle gehalten werden können – dann wäre das insgesamt schon sehr tragisch für den FC.“

Apropos Transfersperre: Für Meier ist „das ein völlig unverhältnismäßiges Urteil der Fifa. So etwas habe ich in meiner gesamten Karriere nie erlebt. Es gab zwar immer mal wieder die Androhung, aber ausgesprochen wurde so eine Strafe nicht.“ Nach seiner Karriere im Fußball wurden einige Klubs dann jedoch auch mit einer Transfersperre belegt, der FC Chelsea und Real Madrid konnten die Strafe jedoch auf eine Transferperiode reduzieren.

Von Tuchel bis Trapattoni

Die legendärsten Trainer-Ausraster im deutschen Fußball

Nenad Bjelica attackiert Leroy Sané.

Nenad Bjelica verlor im Bundesliga-Nachholspiel am 24. Januar 2024 die Nerven, ließ sich zu einer Tätlichkeit gegen Leroy Sané hinreißen. Den Vorfall aus dem Spiel zwischen Bayern München und Union Berlin sowie weitere geschichtsträchtige Trainer-Auftritte gibt es in der Bildergalerie.

Thomas Tuchel blickt nach unten (l.), während Lothar Matthäus spricht (r.).

Thomas Tuchel sorgte im November 2023 nach dem souveränen 4:0 Sieg beim Rivalen Borussia Dortmund für einen Eklat im Live-TV. Der bereits vor dem Spiel genervt aufgetretene Bayern-Trainer machte die giftige Bemerkung, dass die Sky-Experten Lothar Matthäus und Didi Hamann „eine 180-Grad-Wende machen“ müssten, da diese die Spielweise des deutschen Rekordmeisters im Vorlauf mehrfach kritisiert hatten. Ohne auf eine Antwort zu warten, legte Tuchel sein Mikrofon ab und brach das Interview ab. (Foto: 27. Mai 2023)

Giovanni Trapattoni hält seine Wutrede und gestikuliert erregt in Richtung der Journalisten.

Für die wohl bekannteste Wutrede im deutschen Fußball ist der ehemalige Trainer des FC Bayern München Giovanni Trapattoni verantwortlich. Im März 1998 sorgte der Italiener für Aufsehen, als er bei einer Pressekonferenz mehrere Spieler wutentbrannt anzählte und sich insbesondere auf Thomas Strunz fixierte. Zitate wie „Was erlauben Strunz“ und „Ich habe fertig“ gingen in die Geschichte ein. (Foto: 10. März 1998)

Thomas Doll spricht in die vor ihm aufgebauten Mikrofone.

Nach Kritik an seiner Mannschaft seitens der Presse holte der damalige BVB-Trainer Thomas Doll zu einem Rundumschlag gegen die Kritiker aus. Beim Versuch, seine Mannschaft zu schützen fielen Aussagen wie „Das ist doch alles blablabla, ist das doch“ und „Da lach' ich mir doch den Arsch ab“. Sein Verhalten bei der Pressekonferenz sieht er heute kritisch. (Foto: 16. Januar 2008)

Unions Trainer Nenad Bjelica (r) greift Bayern Münchens Leroy Sane (M) ins Gesicht.

Diese Szene hätte sich Nenad Bjelica lieber gespart: Bei der 0:1-Niederlage von Union Berlin am 24. Januar 2024 beim FC Bayern München verlor der Kroate in der 74. Minute die Nerven. An der Seitenlinie kam es zum Wortgefecht mit Sané, an dessen Ende der Trainer dem Nationalspieler zweimal ins Gesicht fasste. Dafür gab es von Schiedsrichter Frank Willenborg umgehend die Rote Karte. Sané kam mit einer Verwarnung davon.

Christoph Daum sitzt auf einer Pressekonferenz zu seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt.

Im Jahr 2011 sorgte der damalige Trainer von Eintracht Frankfurt Christoph Daum auf einer Pressekonferenz für Aufsehen, indem er verbal auf einen Reporter losging. Da er sich von den Fragen provoziert fühlte, bezeichnete er den Hessischen Rundfunk als skrupellos und drohte, dass er ihn „über den Haufen schießen“ wolle. (Foto: 23. März 2011)

Huub Stevens steht mit empörtem Gesichtsausdruck am Spielfeldrand.

Mitten im Abstiegskampf reagierte Schalke-Trainer Huub Stevens im Frühjahr 2019 sichtlich gereizt auf eine Nachfrage eines Reporters und beschimpfte diesen mit den Worten: „Hör auf! Ich antworte dir nicht mehr. Weg! Du bist lächerlich.“ Er machte zudem deutlich, dass er von diesem Reporter keine weiteren Fragen beantworte und ihm auch für zukünftige Interviews nicht zur Verfügung stehe. (Foto: 26. August 2012)

Oliver Glasner gibt wütend eine Antwort auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen TSG 1899 Hoffenheim.

Auch Oliver Glasner reagierte im Mai 2023 äußert dünnhäutig auf eine kritische Reporterfrage. Er unterbrach den Journalisten bei einer PK mit hochrotem Kopf und widersprach der Behauptung, der Mannschaft fehle es an Einsatz und Charakter. Schreiend berichtete er zudem, dass der 39 Jahre alte Makoto Hasebe nach einigen Spielen vor Erschöpfung Blut im Urin gehabt habe und beendete seine Schimpftirade mit den Worten: „Hört auf mit diesem Müll.“ (Foto: 6. Mai 2023)

Gertjan Verbeek steht empört im Stadion.

Nach einer Niederlage gegen den SC Freiburg war Gertjan Verbeek so aufgebracht, dass er die Teilnahme an der offiziellen Pressekonferenz verweigerte. Er wetterte in einem TV-Interview vor allem gegen seinen Trainerkollegen Christian Streich, der ihn beschimpft habe, was Verbeek als „unverschämt“ und „respektlos“ bezeichnete. Auch den Schiedsrichter kritisierte er scharf, da dieser ihm zu kleinlich gepfiffen habe. (Foto: 29. März 2014)

Rudi Völler schaut wütend ins leere.

Nach einem 0:0 gegen Island war Rudi Völler im September 2003 richtig in Rage. Nicht wegen des Spiels, sondern wegen der Kritik am Auftritt der DFB-Elf. „Ich kann diesen Scheißdreck nicht mehr hören“ schimpfte der Teamchef im Interview mit Waldemar Hartmann im TV-Studio der ARD. Nachdem Gerhard Delling und Günter Netzer einige Meter weiter die Mannschaft hart in die Kritik genommen hatten, sprach ihnen Völler aufgebracht ihren Status als Experten ab. Und Hartmann? Der musste sich den Spruch „Du sitzt hier locker auf deinem Stuhl, hast drei Weizenbier getrunken“ seitens Völler gefallen lassen. (Foto: 2. Oktober 2004)

Kopfstoß von Norbert Meier gegen Albert Streit.

Im Dezember 2005 sorgte Norbert Meier für einen Skandal. Nach einem Foul pöbelte der damalige MSV-Trainer in Richtung des gegnerischen Spielers Albert Streit und die beiden kamen sich mit den Gesichtern sehr nah. Norbert Meier fiel zu Boden, kurz nach auch der Kölner Spieler, der im Anschluss Rot sah. Die TV-Bilder zeigten jedoch, dass der Trainer des MSV Duisburg der Schuldige war: Er hatte Streit eine Kopfnuss verpasst. Im Anschluss an das Spiel verteidigte sich Meier zwar noch, Jahre später bereute er seine Tat jedoch, für die er entlassen und drei Monate gesperrt wurde. (Foto: 6. Dezember 2005)

Steffen Baumgart schreit aufgebracht in Richtung der gegnerischen Ersatzbank. Spieler und Staff stehen im Hintergrund.

Als sich die Augsburger Bank im Oktober 2022 nach einem Foul an einem Kölner Spieler lauthals über den Pfiff des Schiedsrichters beschwerte, brannten bei FC-Trainer Steffen Baumgart die Sicherungen durch. Wild gestikulierend schrie er in Richtung der Augsburger, sie sollen sich auf ihren Arsch setzen. Als diese ihm aber Widerworte gaben, entgegnete Baumgart wutentbrannt mit „Halt die Fresse“. Nach dem Spiel entschuldigte sich der für seine emotionale Art bekannte Trainer für seine Wortwahl, die „nicht die feine englische Art“ gewesen sei. (Foto: 16. Oktober 2022)

Klaus Augenthaler trinkt bei einer Pressekonferenz Kaffee.

Klaus Augenthaler war zwar äußerlich ruhig, aber innerlich kochte er, als er am 10. Mai 2007 zur Spieltags-Pressekonferenz des VfL Wolfsburg kam. Der VfL war vom Abstieg bedroht und Augenthaler angezählt. „Guten Tag! Meine Herren, es gibt vier Fragen und vier Antworten. Die Fragen stelle ich, die Antworten gebe ich auch“, eröffnete Augenthaler die PK, ließ den Worten Taten folgen und zog nach 44 Sekunden wieder von dannen. (Foto: 19. Mai 2007)

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Beim FC wollen sie das harte Urteil als Chance nutzen, um den eigenen Nachwuchs zu fördern. Max Finkgräfe (19) ist aktuell das Paradebeispiel, Justin Diehl (19) will der Klub unbedingt halten, hat sein Angebot für eine Vertragsverlängerung deutlich erhöht. Meier weiß, aber, wie schwer es ist, Talente zu finden, die in schweren sportlichen Zeiten wirklich helfen können: „Der FC hat immer sehr talentierte Spieler nach oben gebracht, dazu zähle ich auch Spieler wie Florian Wirtz. Ob jetzt die Talente der Kölner in der Lage sind, zu performen und sich in der 1. oder eventuell der 2. Liga durchzusetzen, wird sich erst zeigen müssen.“

Wirtz (20), beim FC ausgebildet, spielt nun bei Bayer Leverkusen eine überragende Rolle. Für FC-Fans eine Horror-Vorstellung: Leverkusen wird Meister, Köln steigt ab. Meier schwärmt auch von Bayer: „Sie zeigen eine solche Stabilität, dass sie für mich ein absolut ernstzunehmender und sogar heißer Titelkandidat sind. Selbst das Fehlen von Stars wie Adli oder Tapsoba, die aktuell beim Afrika-Cup spielen, konnten sie bisher gut kompensieren.“

Hier an der EXPRESS.de-Umfrage teilnehmen:

Nach den Spielen gegen Frankfurt (3. Februar), in Hoffenheim (11. Februar), gegen Bremen (16. Februar) und in Stuttgart (24. Februar) kommt am Sonntag, 3. März, 15.30 Uhr, Leverkusen ins Rhein-Energie-Stadion.

Meier wagt schon einen Ausblick auf das Knaller-Duell: „So ein Derby löst ja bei einer Mannschaft etwas aus. Die Frage ist: sind die Kölner Spieler da so motiviert wie die FC-Fans? Beim Blick auf die Tabelle kann man ja eins schon sicher sagen: Der FC wird Bayer nicht mit seinen spielerischen Mitteln schlagen können. Es geht nur über den Kampf mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung. Und für einen Erfolg muss der FC auch seine größte Schwäche in den Griff bekommen: die Trefferquote.“

Meier glaubt im Abstiegskampf an den FC – jetzt müssen die endlich Spieler abliefern.