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Derby-InterviewChristoph Daum über FC-Bosse und Alonso-Problem: „Spricht sogar ein wenig für Köln“

Christoph Daum während eines Interview mit der Deutschen Presse Agentur in einem Hotel am Flughafen München.

Hat beim 1. FC Köln und bei Bayer Leverkusen erfolgreich gearbeitet und Spuren hinterlassen: Christoph Daum, hier im Oktober 2020 in München.

Das Rheinland ist elektrisiert: Am Sonntag trifft der 1. FC Köln auf Bayer Leverkusen. Die Favoritenrolle ist klar verteilt – doch Derbys haben bekanntlich eigene Gesetze. Das weiß auch Christoph Daum (70). Das Interview.

von Uwe Bödeker  (ubo)

Der 1. FC Köln gegen Bayer Leverkusen – sorgt der FC im Abstiegskampf für eine dicke Überraschung, stolpert Bayer im Kampf um den Titel oder wird es eine klare Sache wie im Hinspiel, als die Werkself 3:0 gewann?

Die Fußball-Fans im Rheinland fiebern dem Duell am Sonntag (3. März 2024, 15.30 Uhr/Dazn und Liveticker auf EXPRESS.de) entgegen. Auch Christoph Daum (70) freut sich auf das Duell. Beim FC wurde er einst zum Star-Trainer, kehrte später als Messias nochmals zurück. Bei Bayer verpasste er die Meisterschaft hauchdünn und erlebte das Vizekusen-Trauma in Unterhaching. Im Interview mit EXPRESS.de spricht Daum über das Derby.

Christoph Daum über Sohn Marcel: „Großartige Arbeit bei Bayer“

Ihr Sohn Marcel ist als „Co-Trainer Analyse“ ein wertvoller Mitarbeiter von Bayer-Trainer Xabi Alsonso – sozusagen Bayers Mastermind. Macht Sie das stolz?

Alles zum Thema Christoph Daum

Christoph Daum: Er leistet wirklich großartige Arbeit bei Bayer Leverkusen. Die Wertschätzung ist aber nicht nur im Verein sehr hoch, sondern auch ligaweit. Das höre ich immer wieder, wenn ich Länderspiele oder Bundesligaspiele besuche. Marcel hat sich da riesig was aufgebaut – das ist alleine seine Leistung. Genau das habe ich auch immer gewollt, dass er nicht wahrgenommen wird als Sohn von, sondern als Marcel Daum.

Glauben Sie, dass der FC eine Chance hat gegen ein unbesiegtes Überteam wie Bayer? Oder wird es eine eindeutige Sache?

Daum: Derbys sind nie eine eindeutige Sache. Wir haben schon oft erlebt, dass ein Team in einem solchen Duell seiner Favoritenrolle nicht gerecht werden konnte. Natürlich spricht alles für Leverkusen, aber wenn Köln einen Sahnetag erwischt, dann kann es auch anders ausgehen. Ganz ehrlich, der FC hat eine Mannschaft, die vielen Vereinen Paroli bieten kann, siehe das 1:1 in Stuttgart. Das war auch gegen einen Top-Gegner. Aber Köln braucht Dreier – das ist klar! Mainz war zuletzt sehr stark gegen Leverkusen, sie haben nur unglücklich verloren.

Einen richtigen Favoriten gibt es für Sie am Sonntag also wirklich nicht?

Daum: Das Momentum spricht sogar ein wenig für Köln. Bayer Leverkusen hat gegen Mainz nicht so überzeugend gespielt und der FC hat bei Top-Team Stuttgart überzeugt.

Glauben Sie, dass Leverkusen nochmal ins Straucheln geraten könnte auf dem Weg zum Titel?

Daum: Erreicht haben sie noch nichts, außer eine gute Ausgangsposition. Jetzt kommt es darauf an, dass sie immer wieder bis ans Leistungslimit rangehen. Sie müssen einfach in jedem Spiel absolut an die Grenzen gehen.

Und die Kölner – können sie die Klasse halten?

Daum: Der FC hat ganz klar das Potenzial – sie müssen nur ihre Konter besser zu Ende spielen. Das ist das Kernproblem des FC: Es fehlt die Präzision beim letzten Pass oder im Abschluss.

Jetzt kehrt Stürmer Davie Selke zurück – ein wichtiger Faktor für Köln?

Daum: Selke ist ein unberechenbarer Spieler, der haut sich immer voll rein, der hält körperlich immer voll dagegen. Er hat schon einige Tore erzielt, weil er mit voller Wucht hereingeht.

In Leverkusen träumen viele vom Titel, sogar von Double oder Triple – was würde das für den Verein bedeuten, wenn man endlich etwas in den Händen hält? Bayer spielt seit Jahren erfolgreicher als Köln, wäre mit einem Titel die Genugtuung noch größer?

Daum: Wenn Bayer Titel holt, würde das in erster Linie einmal bedeuten, dass sie sich für ihre hervorragende Arbeit belohnen. Angefangen von Fernando Carro, über Simon Rolfes bis hin zu Xabi Alonso und seinem Team. Wir haben damals bei Bayer auch gute Arbeit geleistet und haben uns nicht belohnt. Das würde ich den Verantwortlichen dort jetzt schon sehr gönnen. Denn für mich ist klar: Es gibt in dieser Saison keine bessere Mannschaft als Bayer. Der FC Bayern ist gleich gut, ganz abschreiben will ich sie nicht, aber eine bessere Mannschaft gibt es wie gesagt nicht. Und das hat Leverkusen nicht geschenkt bekommen, das haben sie sich erarbeitet.

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Glauben Sie, dass Alonso über die Saison hinaus bei Bayer bleibt? Oder ist er bald Trainer in München?

Daum: Erstmal hat er noch einen Vertrag in Leverkusen bis 2026. Aber es ist eine schwierige Situation für ihn. Ich schätze ihn so ein, dass er sich aktuell nicht mit Abwanderungsgedanken beschäftigt, er möchte sich zu 100 Prozent auf die Aufgabe bei Bayer konzentrieren. Aber man weiß ja nicht, was hinter den Kulissen abläuft, das könnte die Situation ja schon beeinflussen. Es ist nun mal so, dass er ein Wunschtrainer in München ist. Er passt ins Profil, spricht die deutsche Sprache, kennt den FC Bayern. Da sind viele Kriterien, die dafürsprechen, dass die Bayern alles dransetzen werden, um ihn zu verpflichten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Alonso aktuell an diesen Gesprächen aktiv beteiligt. Er ist zu 100 Prozent bei Bayer.

Wie geht es mit dem 1. FC Köln weiter? Im Umfeld gibt es einige Experten, die mehr Sportkompetenz in der Führung fordern.

Daum: Ich glaube, dass sich in der FC-Führungsriege alle unglaublich mit dem Verein identifizieren und alles für den Erfolg geben, aber man sollte sich auch die Frage stellen, inwieweit noch Fachkompetenz mit reingeholt werden kann. Ich glaube, dass die FC-Führung in Sachen Sozialkompetenz sehr gut aufgestellt ist, in Sachen Sportkompetenz aber... Wichtig ist aber: Welche Personen stehen denn konkret zur Verfügung, um dem FC zu helfen? Nur einen holen, um den Posten zu besetzen, reicht nicht – es muss schon qualitativ passen.

Wie geht es Ihnen persönlich mit Ihrer Erkrankung?

Daum: Nach der 29. Chemo ganz gut muss ich sagen. Ich mache jetzt auch wieder mein Fitness-Programm. Wir haben den Krebs so weit im Griff, dass er nicht wächst, haben ihn unter Kontrolle. Ich bin also soweit zufrieden.