Amelie Stiefvatter wird bei der Heim-EM für das ZDF aus dem deutschen Mannschaftsquartier in Herzogenaurach berichten. Im EXPRESS.de-Gespräch äußert sie sich zu ihrer Rolle.
Amelie StiefvatterDie ZDF-Stimme aus dem DFB-Quartier: Schicksalsschläge gaben ihr die Gute-Laune-Garantie
Amelie Stiefvatter (33) war nach ihrem Studium in Wien ab 2013 zunächst für Servus TV tätig. Als Regisseurin produzierte sie Dokumentarfilme über Marcel Hirscher und Anna Fenninger, über die WM in Russland und über den Schweizer Olympiasieger Marco Odermatt.
2020 bis 2021 moderierte die gebürtige Berlinerin den renommierten „Tigerenten Club“ im KIKA, ehe sie bei MagentaTV ins EM-Team rutschte. Bei der Heim-EM wird die Sportskanone, die im Volleyball- und Schwimmverein war, Stand-up-Paddling, Skifahren und Snowboarden leidenschaftlich betreibt, für das ZDF aus dem deutschen Quartier berichten.
Amelie Stiefvatter: Bei der WM 2006 erlebte sie die Euphorie in Berlin
Noch wird vielen TV-Zuschauerinnen und -Zuschauern ihr Name nichts sagen, doch im Sommer wird sich Stiefvatter regelmäßig aus Herzogenaurach melden. Im EXPRESS.de-Interview verrät die Journalistin schon einmal einiges über sich.
Sie stehen vor Ihrem dritten großen Fußballturnier. Was waren bisher Ihre Aufgaben?
Amelie Stiefvatter: Bei der EM 2021 habe ich bei MagentaTV die Lounge-Ecke mit prominenten Gästen moderiert, Social Media beobachtet und das Turnier eher von der Seitenlinie begleitet. Ähnlich war es 2022 in Katar für das ZDF. Dort bin ich mit meinem Kameramann durchs Land gereist und habe Geschichten abseits des Sports produziert. Jetzt darf ich erstmals richtig den Fußball sportlich präsentieren.
Wie sieht das aus?
Amelie Stiefvatter: Sven Voss und ich werden als Team aus dem deutschen Quartier in Herzogenaurach berichten. Ich freue mich, von ihm dort lernen zu können. Wir haben eine klare Arbeitsaufteilung. Ich werde die ersten Schalten des Tages ins ZDF-Morgenmagazin, zu „Volle Kanne“ oder ins ZDF-Mittagsmagazin machen. Sven übernimmt die Abendschicht plus die Interviews mit dem Bundestrainer. Die Gespräche mit den Spielern werden wir uns aufteilen.
Haben Sie noch Erinnerungen an die Heim-WM 2006?
Amelie Stiefvatter: Da kam ich gerade von meinem Auslandsaufenthalt in den USA zurück. Das war mein schönstes Turnier. Ich war jung, Berlin war eine große Fußballparty, jeden Tag lief Fußball. Da habe ich erstmals gespürt, wie Sport Menschen zusammenbringen kann. Ich hatte (am Ende des Turniers) ganz viele getauschte Trikots zu Hause.
Wie sieht es um Ihre Fußball-Leidenschaft aus?
Amelie Stiefvatter: Ich komme aus Berlin-Charlottenburg, entsprechend ist Hertha BSC mein Herzensverein. Grundsätzlich finde ich es aber nicht unbedingt notwendig, einen Sport ausgeübt zu haben, um über ihn berichten zu können. Ich habe mich inzwischen in den Fußball hineingearbeitet. Mein Ziel ist es nicht der nächste Bundestrainer zu sein – ich will das Spiel verstehen und ordentlich darüber berichten.
Bei der Amerika-Reise im Herbst 2023 haben Sie erstmals Julian Nagelsmann interviewt. Wie war das?
Amelie Stiefvatter: Er war wirklich locker, offen, gut gelaunt. Das hat mir Motivation gegeben, dass die EM auch kommunikativ ein Erfolg werden kann.
Spüren Sie schon Druck vor so einem Heim-Turnier mit sicherlich hohen Einschaltquoten?
Amelie Stiefvatter: Nein, bisher gar nicht. Ich bin eher zufällig in den Moderationsjob reingerutscht, ohne spezielle Ausbildung. Wenn man bei sich bleibt und für sich den besten Job macht, dann kann es gut gelingen. Natürlich schaut die Welt bei so einem Turnier hin und hat bestimmt etwas zu kritisieren. Ich sehe mich in dem Job aber nicht im Mittelpunkt, sondern bin nur Sprachrohr und stelle die Fragen stellvertretend für die 80 Millionen Bundestrainer im Land.
Haben Sie auch keine Sorgen, dass Ihre Social-Media-Kanäle für böse anonyme Kritik genutzt werden könnten?
Amelie Stiefvatter: Ich nutze meine Kanäle, um dort meine Arbeit zu präsentieren. Wenn man das gezielt einsetzt und weiß, wie man damit umzugehen hat, hoffe ich, dass ich da nicht drüber stolpere. Schon jetzt bekomme ich teilweise üble Kommentare, das macht aber nichts mit mir. Das Phänomen kennen bestimmt alle Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen. Diese Typen melde ich dann und/oder ignoriere sie.
Also kennen Sie auch das Problem von Hatespeech im Netz?
Amelie Stiefvatter: Was mich noch viel mehr besorgt, sind die aktuellen Angriffe auf Politiker. Wenn ich das betrachte, frage ich mich natürlich schon, warum die Gesellschaft so aufgeheizt ist. Bei uns ist es zum Glück noch ein paar Stufen darunter. Wir machen Sportberichterstattung und retten kein Kinderleben. Wir haben die dankbare Aufgabe, über unsere Leidenschaft berichten zu können. In einer Welt, in der es so viele schlimme Nachrichten gibt, ist es doch toll, dass wir „nur“ ein Fußball-Turnier transportieren.
Was sollte das TV-Publikum noch über Sie wissen?
Amelie Stiefvatter: Ich bin Halb-Österreicherin, weil meine Mutter Tirolerin war. Entsprechend schlägt mein Herz bei der EM für zwei Teams. Ralf Rangnicks Team sollte man mit auf dem Zettel haben. Ich lebe im Salzburger Land in den Bergen, fühle mich dort wohl, auch wenn es logistisch herausfordernd ist, zu den Jobs zu reisen. Aber die Berge brauche ich, um den Kopf frei zu kriegen.
Und welche Hobbys haben Sie?
Amelie Stiefvatter: Ich bin Fallschirmspringerin, Gleitschirmfliegerin, habe Klavier gelernt und spiele Gitarre. Ich spreche Französisch und habe Arabisch studiert. Eine gute Köchin bin ich auch, und backen kann ich auch – glaube ich zumindest (lacht).
Amelie Stiefvatter: Ihr Herz schlägt bei der EM auch für Österreich
Und Sie sind auffallend gut gelaunt und positiv gestimmt.
Amelie Stiefvatter: Manchmal bin ich sogar zu fröhlich, der Kritikpunkt kommt bestimmt auch bei der EM wieder hoch. Ich habe einige Schicksalsschläge im Leben erlebt, wie den Krebstod meiner Mutter vor ein paar Jahren. Das hat mich von dem einen auf den anderen Tag erwachsen gemacht. Mir wurde bewusst: Du hast nur das eine Leben und die Chance, meine Leidenschaft Sport im Fernsehen zu betreuen. Das kann ich doch nur genießen, das Leben auskosten und dankbar sein. Ich trage das wirklich ansteckende Lachen meiner Mutter weiter in die Welt hinaus.
Deshalb macht es Ihnen auch nichts aus, nachts um 2 Uhr aufzustehen, wenn Sie im Morgenmagazin arbeiten?
Amelie Stiefvatter: Es hört sich vielleicht blöd an, aber ich stehe wirklich mit einem Lächeln auf. Ich finde es herrlich, wenn ich nachts auf die Straße gehe, wenn die Stadt schläft, um zum Sender zu laufen und die Moderationen vorzubereiten, mit denen ich die Leute aufwecke.