Bei „Inas Nacht“ sprach Christoph Daum unverblümt über die Kokain-Affäre und andere schwarze Stunden seiner Laufbahn. Spektakulär auch eine Anekdote, wie der Fußballtrainer einst vor „stinkesauren“ Oligarchen aus der Ukraine floh.
„Inas Nacht“Daum über unglaubliches Ukraine-Erlebnis und schwarze Stunden seiner Karriere
Schön, dass im Hamburger „Schellfischposten“ wieder gezapft wird. Wo sonst als im Kneipentalk „Inas Nacht“ wird der Auskunftsbereitschaft prominenter Gäste so verlässlich auf die Sprünge geholfen? „Darum sind wir ja hier, damit das mal alles rauskommt“, bekräftigte ein bestens aufgelegter Christoph Daum in der am späten Donnerstagabend ausgestrahlten neuen Folge der ARD-Show mit Ina Müller.
Damit bezog sich der Fußballlehrer allerdings nicht auf noch unbekannte Details zur Kokainaffäre, die ihn im Jahr 2000 um den Posten des Bundestrainers brachten. Christoph Daum, so kam im Tresen-Gespräch heraus, ist nicht nur ein erfolgreicher Trainer, sondern auch ein begabter Maler. „Fußball hat sehr viel mit Kreativität zu tun“, belehrte er Gastgeberin Ina Müller: Wenn du meine Taktik-Zeichnungen gesehen hättest vor dem Spiel ..."
Christoph Daum: „Ich saß auf einem Feldweg und habe geheult“
Daum weiter: „Ich wollte Kunst studieren, ich habe mit 17 meine erste Ausstellung gehabt, ich habe mit Markus Lüpertz zusammen ein Bild gemalt.“ Eine Künstlerkarriere hat sich dann aber doch nicht ergeben: „Die Galerie, die meine Bilder angeschaut hat, hat gesagt, ich hätte einen sogenannten neoklerikalen Malstil.“ Nach dieser für ihn offenbar ernüchternden Expertise habe er das Malen „reduziert“.
Gut für den 1. FC Köln, dessen Jugendarbeit Daum nach eigener Auskunft revolutioniert habe, eher er den Klub als Cheftrainer fast bis auf sportliche Augenhöhe mit dem FC Bayern München führte. Seine Entlassung 1990 ohne gravierende sportliche Gründe habe er entsprechend tragisch genommen, erinnerte sich der 67-Jährige nun im Kneipen-Talk. „Die haben mich richtig rausgeschmissen. Ich saß nach dieser Entlassung auf irgendeinem Feldweg in der Nähe von Erba und habe geheult wie so'n Schlosshund, weil man mir plötzlich mein Lebenswerk weggenommen hat.“
Christoph Daum und die „schwarze Seite meines Lebens“
Aufgeschrieben hat Chrstoph Daum diese und andere Erinnerungen in einer bereits vergangenes Jahr erschienenen Autobiografie ("Immer am Limit"). Ina Müller hat sie mit Interesse gelesen - und auch mit Erstaunen, wie sie kundtat. Dass die Rückschau auf den Kokain-Skandal von 2000 auf 60 Seiten ausgebreitet ist, habe sie gewundert.
„Mein erster Vorschlag war, dass ich zehn Seiten nur schwärze. Die 'schwarze Seite in meinem Leben“, scherzte Daum. „Aber dann haben wir gesagt: 'Komm, das wäre Papierverschwendung, dann schreiben wir auch was.“ Ina Müller fasste zusammen, was womöglich nicht jedem Fußballfan so detailliert geläufig ist: Nachdem Drogengerüchte über ihn im Umlauf waren, ließ Daum heimlich bei einem Labor im Ausland eine Haarprobe untersuchen. Nachdem diese Probe negativ ausfiel, habe er sich entschieden, eine weitere Probe in Deutschland zum Beweis seiner Unschuld nehmen zu lassen. Mit dem wohlbekannten Ausgang: Daum lieferte der Öffentlichkeit den Nachweis seines Drogenkonsums frei Haus.
Die Worte „Ich tue das, weil ich ein absolut reines Gewissen habe ...“, hallen nicht nur Ina Müller noch wie gegenwärtig im Ohr. „Dumm gelaufen“, befand die Moderatorin. „Absolut sch... gelaufen“, bestätigte Daum umverblümt. An eine Schadensersatzklage gegen das internationale Labor habe er dennoch nie gedacht: „Ich war ja längst wieder als Trainer tätig, ich hatte mich zurückgearbeitet. Was sollte ich mit Schadenseratz?“
Daum: „Wie sagst du ab, wenn sie dich mit Geld zuscheißen?“
Langeweile kam in der Karriere von Christoph Daum auch ohne Bundestrainer-Posten nicht auf. Das unterstreicht eine Anekdote um ein Beinahe-Engagement in der Ukraine, die der Meistertrainer von 1992 (mit dem VfB Stuttgart) zum Besten gab.
„Hingeflogen wurde ich mit einem Lear Jet, es gab gleich Kaviar und Schampus“, erinnerte sich Daum. „Wir kamen am Flughafen an und wurden von schwarzen Limousinen empfangen mit verdunkelten Scheiben. Die machten den Kofferraum auf, um unser Handgepäck reinzutun, dann haben sie erst mal die Kalaschnikows zur Seite geschoben. Da sagte meine Frau gleich zu mir: 'Ich glaube, hier bleib ich nicht.“
Den Ukrainern einen Korb zu geben, sei dennoch schwierig gewesen. „Wie sagst du eigentlich ab, wenn sie dich mit Geld zuscheißen?“ Immer wieder habe er sich neue Forderungen ausgedacht, und immer wieder habe sein Verhandlungspartner mit den Fingern geschnippt: „Da lag wieder ein Koffer mit einer halben Million bar auf der Theke.“ Daum weiter: „Dann habe ich gesagt: 'Wir haben noch nichts Passendes zum Wohnen gefunden.“ Darauf sei die Antwort gekommen: „Sie suchen sich in Deutschland ein Fertighaus aus, das wird mit dem Tieflader hergefahren, dann haben Sie Ihr Haus hier!“
„Diese Oligarchen sind nicht gewohnt, dass einer nicht zusagt“
Als sich Daum trotz allem geweigert habe den Vertrag zu unterschreiben und auf „Bedenkzeit“ bestanden habe, sei die andere Seite „stinkesauer“ geworden. Mit dem Ergebnis, dass er und seine Frau nur mit Mühe außer Landes kamen. Am Ende habe man auf den Metallbänken eines Transportfliegers platzgenommen und in Bremen erleichtert wieder deutschen Boden betreten. Daum: „Diese Oligarchen sind nicht gewohnt, dass einer nicht zusagt.“
Heute trainiert Christoph Daum „ab und zu“ die Kölner Frauenfußballmannschaft, der seine Tochter Janine angehört. „Das macht unheimlich viel Freude, weil das ist ein ehrlicherer Fußball.“ Und überhaupt: „Trainer hörst du nie auf zu sein, das bist du lebenslänglich.“ Sein Kollege Jupp Heynckes habe vorgemacht, dass es in diesem Job kein Alterslimit gebe. Heynckes, Daums Intimfeind in den späten 80er-Jahren, hatte 2013 das Triple aus Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions-League-Triumph mit dem FC Bayern im Alter von 68 Jahren errungen. (tsch)