Bewegendes Interview mit Pele Wollitz„Ein Schicksalsschlag darf dich nicht umhauen!“

Frohnatur: Claus-Dieter Wollitz will Viktoria Köln zurück in den Profi-Fußball führen - und ist guter Dinge, dass es ihm gelingt!

Köln – Kult-Coach. Charismatiker. Gerechtigkeitsfanatiker. „Pele“ Wollitz (47) eilt sein Ruf als Frohnatur voraus. Als der neue Viktoria-Trainer den EXPRESS auf dem Media-Park-See trifft, bestätigt er ihn.

„Ich schaue nur nach vorne!“, sprudelt es aus dem früheren FC-Aufstiegshelden (Wollitz kickte u.a. auch für den VfL Wolfsburg, Osnabrück und Uerdingen), der Donnerstag in Höhenberg die Saisoneröffnung gegen Bundesligist Hertha BSC feiert, heraus. Doch Wollitz kann auch nachdenklich sein. Ein Interview über Wellentäler im Fußballerleben.

Herr Wollitz, warum gehen Sie in die 4. Liga?

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Weil mich das Projekt angesprochen hat. Ich baue gerne was auf. Ich habe lange mit Ewald Lienen darüber gesprochen. Ich will eine Infrastruktur schaffen und langfristig in die 2. Liga. Mit Herrn Wernze im Rücken gibt es die Möglichkeiten. Er hat eine Affinität zu Ehrlichkeit. Er hat Bock drauf.

Wie regeln Sie Ihr Familienleben? Sie haben eine schwerbehinderte Tochter.

Das ist kein Problem. Es ist alles geregelt. Sie ist seit drei Jahren im Internat und erfährt dort eine Rundumbetreuung.

Wie gehen Sie mit diesem Schicksal um?

Es ist einfach ein Schicksalsschlag. Aber den erleben andere Menschen auch. Vieles verändert sich von jetzt auf gleich. In dem Moment, als wir es erfuhren, dass unser Kind nicht gesund ist, war Totenstille. Aber es ging um Verantwortungsbewusstsein. Das haben wir gelebt und dem Kind zugute kommen lassen.

Schicksalsschläge gehören zum Leben dazu. Es gibt noch viel, viel Schlimmeres. Es ist wichtig, stark zu sein. Gerade an diesem Dezembertag 1992 war das so. Damit lernt man zu leben.

Woran leidet sie?

Sie hat eine Schwerstbehinderung. Sie kann weder selber laufen noch sprechen. Muss rundum versorgt werden. Aber sie ist ein glückliches Mädchen in ihrer Welt. Was sie am liebsten mag, ist spazieren gehen. Das war früher komisch: mit einem Rollstuhl statt mit einem Kinderwagen spazieren zu gehen.

Aber man kennt und erlebt Sie als Frohnatur. Woher nehmen Sie diese positive Kraft?

Nach hinten, in den Rückspiegel zu gucken, damit komme ich nicht nach vorne! Das Leben hat sich verändert. Aber mit dieser Verantwortung musst du noch positiver denken. Es ist nicht mehr zu ändern!

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Haut Sie gar nichts um?

Ich erlebe auch oft Enttäuschungen. So wie die Geschichte in Osnabrück neulich, als mich ein „Fan“ heimlich filmte und das Video von meinem Gefühlsausbruch ins Internet stellte.

Ärgert Sie das noch?

Gar nicht mehr. Ich bin kein Täter, ich bin Opfer. Ich habe noch nie jemand verletzt oder aufs Übelste beleidigt. Ich stelle mich immer - und wenn das so gnadenlos ausgenutzt wird, sollte man über diese Leute nachdenken, die so etwas tun, und nicht darüber, was jemand ehrlich in seiner Emotion gesagt hat. Ich bin schon oft hingefallen, manchmal aus eigener Schuld, manchmal nicht. Mein Credo: immer aufstehen!

Was bereuen Sie?

Was heißt bereuen? Man muss aus seinen Fehlern lernen - und zu ihnen stehen! Man macht halt im Leben nicht alles richtig. Manche Fehler passieren aus der Emotion, aus einer Situation heraus, in der du kurzfristig handeln musst. Wichtig ist aber, dass man sich selbst reflektiert. Das sage ich auch meinen Spielern immer.

Wie ist Ihr Führungsstil?

Geradeaus. Ich habe ihnen gesagt: Ich bin euer Freund. Dann darf ich euch auch die Meinung sagen. Denn ich will euch weiterbringen.