Zum 70. GeburtstagChristoph Daum: Mein Leben mit dem Krebs und die Gedanken an den Tod

Christoph Daum bei der Chemotherapie.

Christoph Daum geht weiterhin regelmäßig zur Chemotherapie. In der Sky-Dokumentation „Daum – Triumphe & Skandale“ wird auch das dokumentiert.

Christoph Daum feiert seinen 70. Geburtstag. Seit gut einem Jahr befindet er sich wegen seiner Lungenkrebs-Erkrankung in Behandlung. Was das bedeutet, hat er im großen EXPRESS.de-Interview erzählt.

von Marcel Schwamborn  (msw)Christian Knop  (knop)

„Ich habe einiges an Scheiß gebaut, aber die positiven Dinge waren in der Überzahl. Alle Erwartungen, die ich an mich und mein Leben gestellt habe, habe ich bei weitem übertroffen. Dabei habe ich ein Leben auf der Sonnenseite geführt, oft auf der Überholspur. Es war nie langweilig.“

Mit diesen Worten umreißt Christoph Daum wenige Tage vor seinem 70. Geburtstag am 24. Oktober 2023 eine turbulente Zeit und seine wechselhafte Karriere. Der Erfolgstrainer gewann in drei Ländern mit vier Vereinen zehn Titel. Nun feiert er bald mit 200 Gästen in einem brasilianischen Restaurant in Köln seinen Ehrentag.

Christoph Daum: Sky-Dokumentation zum 70. Geburtstag

Der wohl schillerndste und streitbarste Trainer der Bundesligageschichte hat sich anlässlich seines Geburtstags von Sky noch einmal zu bedeutenden Stationen seines Lebens begleiten lassen. Herausgekommen ist der Dokumentarfilm „Daum – Triumphe & Skandale“, der ab 27. Oktober beim Bezahlsender zu sehen ist.

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In der jüngsten Episode seines Lebens kämpft der Kölner Coach gegen eine Lungenkrebserkrankung an. Bei der Uniklinik Köln wird er als Patient mit der Nummer 5254772 geführt. Die Kameras begleiteten ihn auch während einer Chemotherapie. „Dieser Tropf verdeutlicht mir auch immer so ein bisschen unsere Endlichkeit“, sagt er auf dem Krankenbett liegend.

Christoph Daum bei Atemübungen in Pattaya.

Morgens macht Christoph Daum Atem- und Meditationsübungen, um Kraft für den Tag zu sammeln.

Im Herbst 2022 machte Daum seine schwere Erkrankung öffentlich. Seitdem hat er sich 22 Chemotherapien unterzogen und mehrere Kilogramm Körpergewicht verloren. „Im Moment habe ich aber wieder 70 Kilo“, sagt er zufrieden. Beim ausführlichen Treffen mit EXPRESS.de in seiner Kölner Villa gewährte Daum einen sehr persönlichen Blick in sein Seelenleben.

Bei Ihnen wurde vor einem Jahr eine Zyste an der Wirbelsäule entfernt. Da fielen die Krebs-Metastasen auf. Was schoss Ihnen zunächst durch den Kopf?

Christoph Daum: So eine Diagnose ist ein Schock, wie ein Todesurteil. Das muss man erst mal vernünftig einordnen. Phasenweise hat mich die Chemo dann doch auch mächtig in die Knie gezwungen.

Haben Sie sich mit dem Tod beschäftigt?

Christoph Daum: Als ich die Diagnose Krebs bekommen habe, hat das Gedanken bei mir ausgelöst: Musst du noch was regeln, falls du im nächsten halben Jahr stirbst? Ist noch was zu erledigen? Mein Testament hatte ich schon vorher gemacht. Aber verschiedene Dinge gingen mir durch den Kopf, da führt man schon Selbstgespräche über den Tod. Danach wurde ich aber entspannter, weil ich meine To-do-Liste im Grunde abgearbeitet habe.

Was steht denn auf der drauf?

Christoph Daum: Vor 20 Jahren habe ich mal 100 Dinge aufgeschrieben, die ich vor meinem Tod noch machen will. Davon ist beim Großteil ein Haken dran, an verschiedenen Reisezielen beispielsweise. Gestrichen habe ich Dinge, die meine Abenteuerlust und Risikobereitschaft befriedigen, wie Fallschirm- oder Bungeesprung. Ich muss auch nicht mehr barfuß ohne Sauerstoffgerät auf den Mount Everest. Ich möchte aber noch Kochkurse belegen. Bis 2010 habe ich auch viel gemalt, Markus Lüpertz findet einige Werke richtig gut. Vielleicht hole ich die Utensilien noch mal raus.

Marcel Schwamborn, Christian Knop und Christoph Daum beim Interview.

Christoph Daum empfing die EXPRESS.de-Reporter Marcel Schwamborn (l.) und Christian Knop zum ausführlichen Gespräch in seiner Villa in Köln.

Sie sagten: Früher war der Gegner auf dem Spielfeld die andere Mannschaft. Jetzt ist er in meinem Körper. Wie ist das gemeint?

Christoph Daum: Die Medizin hat gute Fortschritte gemacht, kann dir helfen. Aber man kann auch selbst durch seine Einstellung die ganzen Therapien unterstützen. Durch Atem- und Meditationsübungen, bewusste Ernährung und Bewegung kann man helfen. Gesundheit wird nicht durch Tabletten und Infusionen erzeugt. Damit kann die Krankheit zwar zurückgedrängt werden, aber Gesundheit muss man sich wieder zurückerkämpfen. Dazu muss man in Bewegung bleiben. Auch wenn mein Körper signalisiert, dass er sich lieber ausruhen will, zwinge ich mich, etwas zu machen.

Wie sieht das aus?

Christoph Daum: Morgens fange ich mit 30 bis 45 Minuten Atem- und Entspannungsübungen an. Dann gehe ich im Forstbotanischen Garten laufen. Die kleine Runde ist knapp fünf Kilometer, die große siebeneinhalb Kilometer lang. Da jogge ich ganz gemütlich. Zudem habe ich im Keller einen Fitnessraum mit einer Hantelbank. Ich kann zumindest den Muskelschwund stoppen. Dann schwimme ich eine Runde und gehe in die Sauna.

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Ihr behandelnder Arzt, Prof. Dr. Jürgen Wolf, lobt Ihren Kampfgeist.

Christoph Daum: Ich erhalte mir den Optimismus, die Zuversicht und einen Schuss Humor, um auch meine Familie und mein Umfeld nicht zu beeinträchtigen. Daher sage ich immer, dass es mir, auch wenn es sich blöd anhört, den Umständen entsprechend gut geht. Alle Werte sind so weit gut, aber fühlen tue ich mich nicht gut. Aber gut, da muss ich durch.

Christoph Daum beim Urlaub in Pattaya.

Christoph Daum erholte sich Anfang des Jahres von den ersten Chemotherapien in Thailand.

Wie sieht es denn wirklich bei Ihnen aus?

Christoph Daum: Wir hoffen, dass wir den akuten, entzündlichen Krebszustand in einen chronischen überführen, den wir mit Medikamenten kontrollieren können. Die Rückmeldungen, die ich aktuell erhalte, sehen sehr gut aus und stimmen mich zuversichtlich, dass die Therapien anschlagen, der Körper darauf anspricht und die Krebszellen sich zurückentwickeln. Mit solch einer Erkrankung ist es ein Fahren auf Sicht.

Christoph Daum: Rückmeldung der Ärzte zur Erkrankung ist positiv

Ist ein Ende der Behandlungen in Sicht?

Christoph Daum: Ich habe noch zwei weitere Chemo-Termine, dann sehen wir wieder weiter. Inzwischen habe ich einen Portkatheter, das hilft, um die Infusionen einzuleiten. Die Venen sind schon so zerstört nach über 80 Nadelstichen. Die Medizin ist aber noch nicht so weit, dass ich künftig auf die Behandlungen verzichten könnte.

Wie belohnen Sie sich in schwierigen Phasen? Mit einem guten Essen vielleicht?

Christoph Daum: Die Geschmacksnerven haben auch ein wenig gelitten. Gute Gespräche, ein gutes Buch, ein schöner Film, ein Konzert oder ein Musical, Zeit mit den Kindern und Enkeln verbringen, das sind die Highlights. Es gibt genügend Dinge, womit ich mich belohne. Natürlich sehe ich auch sehr viele Fußballspiele.