Zwei Eingriffe des Videoschiedsrichters binnen vier Minuten prägten das Achtelfinale in Dortmund. Dänemark fühlte sich um den Erfolg gebracht, Deutschlands Spieler konnten den Frust verstehen.
Dänen-Wut nach VAR-DoppelschlagDeutschlands Spieler fühlen mit – „nicht im Sinne des Fußballs“
Joachim Andersen (28) stand noch eine Stunde nach Spielschluss in den Katakomben des Dortmunder Stadions und gestikulierte wild. Der dänische Abwehrspieler war die tragische Figur des Achtelfinals am Samstag (29. Juni 2024).
In der 48. Minute hatte der Akteur von Crystal Palace nach großem Durcheinander in der deutschen Abwehr ins Tor getroffen – der vermeintliche Führungstreffer zählte aber nicht. Thomas Delaneys Fußspitze sorgte für eine hauchzarte Abseitsstellung.
Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand: „Das ist lächerlich“
Die Abseitsentscheidung war für Dänemarks Nationaltrainer Kasper Hjulmand (52) ein Skandal. „So sollten wir nicht den Videoschiedsrichter benutzen. Es geht um einen Zentimeter“, sagte er und zeigte das Beweisfoto auf seinem Handy. „Kann das wirklich die zweifelsfreie Wahrheit sein? Ist die Technik so genau? Lässt sich der Zeitpunkt des Abspiels so genau bestimmen? Ich habe Fragen.“
Kurze Zeit später kam eine Flanke von David Raum (26) aus kurzer Distanz an die Hand des Verteidigers. Die sogenannte Impulsgrafik des Ballkontakts sorgte dafür, dass Schiedsrichter Michael Oliver in der 52. Minute auf Strafstoß für Deutschland entschied.
„Ich habe echt genug von dieser lächerlichen Handregel“, wetterte Hjulmand. „Wir können nicht erwarten, dass unsere Verteidiger mit den Händen auf dem Rücken laufen. Er ist normal gelaufen.“ Auch Elfmeterverursacher Andersen war sich sicher: „Das ist niemals Hand. Er schießt mich aus einem halben Meter an, was soll ich tun?“
Bundestrainer Julian Nagelsmann (36) konnte sich in die aufgewühlte Gefühlswelt des Gegners hineinversetzen. „Die Abseitsszene berechnet ein Computer, deshalb ist es korrekt, auch wenn es skurril ist. Ich kann verstehen, dass die Dänen sich aufregen. Aber die Regeln sind so. Der Arm ist abgespreizt. Die Handregel wird seit Jahren diskutiert, das kann man pfeifen, muss man nicht“.
Der deutsche Coach fand, der VAR und die Technik machten „den Sport etwas fairer“ und ergänzte: „Wenn ich richtig aufgepasst habe in der Regelkunde vor der EM, war das ein Handspiel.“ Die Spieler hingegen wussten, dass sie vom VAR-Doppelschlag mächtig profitiert haben. Kapitän Ilkay Gündogan (33) wollte den Elfmeterpfiff nicht konkret bewerten, weil er die Szene nicht ausreichend gesehen hatte.
Doch generell beschäftigt auch ihn die Eingriffsschwelle der Videoschiedsrichter. „Bei Handspiel bin ich noch so ein bisschen zwiegespalten, das ist so ein bisschen subjektiv. Man versucht, gewisse Regeln zu machen. Ich glaube, dass nicht alle im Sinne des Fußballs sind. Wenn man selbst Fußball gespielt hat und auch auf hohem Niveau, dann weiß man, dass es natürliche Bewegungen sind“, gab Gündogan zu.
Niclas Füllkrug (31) verwies lieber auf das aus seiner Sicht zu Unrecht aberkannte deutsche Führungstor durch Schlotterbeck. „Dann haben wir halt ein bisschen Glück mit dem Abseits. Verrückt, wie eng das war. Abseits ist Abseits. Ich musste auch schon oft in den sauren Apfel beißen“, sagte der BVB-Stürmer.