Nach dem Nations-League-Viererpack bleiben noch fünf Monate bis zur WM in Katar. Welche Spieler haben sich unter Hansi Flick in den Vordergrund gespielt? Wer hat seine Chance nicht genutzt?
Bilanz nach Flicks ViererpackFünf Monate vor WM: Die Gewinner und Verlierer der Länderspiele
Es war ein stressiger Ritt: Vier Länderspiele in elf Tagen – nach einer anstrengenden Saison. Aber zum Glück gelang zum Abschluss das 5:2-Spektakel gegen Italien am Dienstag (14. Juni 2022). „Man muss der Mannschaft ein Riesenkompliment machen, für die Art und Weise, wie sie Fußball gespielt hat“, sagte Hansi Flick (57) und fügte lächelnd an: „So stellen wir uns das vor.“
Mit einem Paukenschlag in der Nations League ging es in den Urlaub. „Wenn wir es so machen“, sagte Ilkay Gündogan (31) zufrieden, „werden es sehr viele Mannschaften gegen uns schwer haben.“ Die WM-Doping-Spritze im Borussia-Park überstrahlte aber auch schnell die vorangegangenen Partien.
Thomas Müller: „Wir haben noch allerhand Defizite“
„Wir haben gute Spieler, eine gute Einstellung, ein gutes Projekt – aber auch noch allerhand Defizite, als dass wir davon sprechen könnten, dass wir perfekt sind, dass uns niemand mehr schlagen kann“, klang Thomas Müller (32) schon sachlicher. Man könne selbst zwar jeden schlagen, so der Bayern-Profi, „aber in fußballschlauen Dingen müssen wir noch draufpacken“.
Nach 360 Minuten Nations League, drei 1:1-Unentschieden und dem Italien-Kracher, ist es Zeit für eine Zwischenbilanz. EXPRESS.de war vom ersten Trainingslager-Tag in Marbella dabei.
Das sind die Gewinner der Länderspiele
Manuel Neuer (36): Eigentlich ist seine Klasse unumstritten. Durch den Europa-League-Sieg mit Frankfurt sahen viele jedoch in Kevin Trapp (31) den formstärkeren Keeper. Ohne Neuers Paraden wären zumindest die drei Unentschieden zu Niederlagen geworden. Auch gegen Italien zeigte er einen tollen Reflex, als es noch 0:0 stand. „Wir sind sehr froh, dass er bei uns im Tor steht“, sagt Flick. Daran wird sich auch nichts ändern.
Jonas Hofmann (29): Der Gladbacher betrieb prima Eigenwerbung. Seine Vielseitigkeit macht ihn so stark. Anfangs war er unter Flick eher als Rechtsverteidiger gefragt, jetzt durfte er dreimal auf dem rechten Flügel ran – mit Erfolg: Gegen England und in Ungarn traf er, gegen Italien holte Hofmann einen Elfmeter raus. Seine Leistung wird so zum Problem von langjährigen Stammspielern wie Serge Gnabry (26).
Ilkay Gündogan (29): Lange wirkte es so, als wäre der Gündogan im DFB-Trikot nicht der gleiche Spieler wie der von Manchester City. Doch jetzt setzte er Zeichen. Gegen England und vor allem gegen Italien bewies Gündogan, dass er an der Seite von Joshua Kimmich (27) derzeit die eindeutig bessere Wahl ist.
David Raum (24) und Lukas Klostermann (26): Die Suche nach den besten Außenverteidigern für das Turnier wird wohl weiter spannend bleiben. Hoffenheims Raum hat links derzeit klar die Nase vor. Das Experiment mit Thilo Kehrer (25) links ging schief, Robin Gosens (27) ist derzeit nicht nominiert. So konnte Raum vor allem offensiv Pluspunkte sammeln, auch wenn er gegen Ungarn ein Gegentor mit verursachte. Gleiches gilt für Klostermann. Der Leipziger wirkte im Vergleich zu Benjamin Henrichs (25) stabiler. Auch bei ihm ist noch Luft nach oben. Die Spiele haben ihn im Ranking aber geholfen.
Das sind die Verlierer der Länderspiele
Leon Goretzka (27): Nach seiner längeren Verletzungspause kam er in der Rückrunde beim FC Bayern nicht in Schwung. Dies setzte sich im deutschen Trikot fort. Goretzka trabte eher über den Platz, ohne Dynamik, ohne Torgefahr. 153 dürftige Minuten sind nicht sein Anspruch. So wird er seinen Platz an Gündogan verlieren.
Leroy Sané (26): Von Oliver Bierhoff (54) gab es eine ordentliche Ansage für das Sorgenkind. Sein träges Verhalten und permanentes Zu-spät-Kommen nervt Mitspieler und Trainer. Gegen Italien zeigte der Bayern-Profi zwar mehr Engagement, ein erlösendes Tor gelang ihm trotzdem nicht. „Leroy hat viel investiert, den Gegner unter Druck gesetzt. Damit kann man zufrieden sein“, sagte Flick. Sané bleibt aber weiter unter Beobachtung und muss in München in der neuen Saison aufdrehen.
Nico Schlotterbeck (22): Mit seinem Wechsel zu Borussia Dortmund will er die nächste Entwicklungsstufe nehmen. Dass der Weg zur internationalen Klasse anspruchsvoll ist, spürte er im DFB-Trikot. Zwei Elfmeter verursacht, eine Gelbsperre kassiert – Schlotterbeck zahlte stellenweise Lehrgeld. Niklas Süle (26) hat sich vorerst als Nebenmann von Antonio Rüdiger (29) etabliert.
Die Ergänzungsspieler: Am Ende schenkte Flick auch noch den letzten Akteuren im Kader ein paar Minuten. Es war als Dankeschön zu sehen, dass sie 23 Tage ihres Urlaubs für diese Abstellungsphase opferten. Allerdings sind Anton Stach (23), Lukas Nmecha (23), Julian Brandt (26), Jonathan Tah (26) oder Karim Adeyemi (20) sehr weit weg von der Startelf. Flick wird in Katar auf ein Gerüst von 15, 16 Spieler setzen. Viele andere können nur hoffen, zur Unterstützung dabei zu sein.