Deutschland verliert gegen Japan und steht bereits im zweiten WM-Spiel gegen Spanien gehörig unter Druck. Parallelen zum frühen Turnier-Aus 2018 werden wach.
„Dann ist der Ofen aus“Dicke Luft nach WM-Pleite: Sonntag droht schon wieder das Turnier-Fiasko
Ist in vier Tagen schon wieder alles vorbei? Deutschland droht das zweite WM-Fiasko in Folge. Nach der 1:2-Niederlage gegen Japan am Mittwoch (23. November 2022) ist jetzt schon wieder ordentlich Druck im Kessel. Das anschließende 7:0-Spektakel Spaniens gegen Costa Rica hat die Lage sogar noch verschärft.
Sonntag droht gegen Spanien (20 Uhr) erneut das vorzeitige WM-Aus. Vor vier Jahren war das Turnier für die DFB-Elf nach der Vorrunde vorbei. „Ich war 2018 nicht dabei, deshalb interessiert mich das nicht. Wir haben die Qualität, Spanien zu schlagen“, sagte ein schockierter Hansi Flick (57) mit schwer angeschlagener Stimme. „Ich blicke nach vorne. Wir haben etwas gutzumachen und müssen am Sonntag unsere Chancen nutzen. Wir haben die Qualität, um zu gewinnen – aber das müssen wir über 90 Minuten zeigen“.
Hansi Flick: „Wir haben die Qualität, um Spanien zu schlagen“
Völlig frustriert zog sich Manuel Neuer (36) nach den 104 Spielminuten das Trikot über den Kopf und warf seine Handschuhe und die so umstrittene Kapitänsbinde auf den Rasen. Erstmals seit 1978 ging ein WM-Spiel nach einer Halbzeitführung doch noch verloren. Ilkay Gündogan (32) hatte vom Elfmeterpunkt getroffen. Die weiteren großen Chancen wurden vergeben.
„Das ist eine Riesen-Enttäuschung für uns, wir sind frustriert. Für mich ist es so knapp nach dem Spiel schwer zu verstehen, wie wir das aus der Hand gegeben haben“, sagte Neuer. Lange sah es nach dem perfekten Turnierstart aus. 1:0-Führung zur Pause, mehrere Großchancen zum 2:0. Doch dann sorgten zwei Joker-Tore des Freiburgers Ritsu Doan (75.) und des Bochumers Takuma Asano (83.) für den Katar-Kater.
„Aktuell bin ich noch etwas geschockt. Das ist ein Horror-Szenario. Die Effektivität hat an beiden Enden nicht gepasst. Es ist aberwitzig, dass wir hier mit einer Niederlage dastehen. Am Ende müssen wir uns die mangelnde Effizienz klar vorwerfen“, bemängelte Thomas Müller (33) selbstkritisch. „Die Situation ist eine ähnliche wie 2018. Das fühlt sich nicht gut an.“
Deutschland hatte im ersten Durchgang 78 Prozent Ballbesitz und verlor trotz des „Expected-Goals“-Wertes von 3,3. Seit die Daten-Experten von Opta dies seit der WM 1966 erheben, verlor noch nie ein Team eine Partie mit einem so hohen Wert.
Bastian Schweinsteiger mit harter Kritik an Mentalität des Teams
Sportlich erinnerte das 1:2 an die WM vor viereinhalb Jahren, als ein 0:1 gegen Mexiko das schmachvolle Vorrunden-Aus einleitete. „Jetzt haben wir den Salat. Gegen Spanien müssen wir es besser machen und zeigen, welches Potenzial wir haben“, forderte Neuer.
Es klang wie das Pfeifen im Walde. „Wir müssen schauen, dass wir es abschütteln und uns körperlich erholen, etwas anderes bleibt uns nicht übrig. Ich gehe davon aus, dass wir zwei Siege brauchen. Die K.-o.-Runde hat jetzt für uns schon früher begonnen. Diesen Druck wollten wir uns mit einem Auftaktsieg eigentlich nehmen“, sagte Müller.
ARD-Experte Bastian Schweinsteiger (38) klang skeptisch. „Wenn wir das verlieren, ist der Ofen aus“, sagte er. „In schwierigen Situationen zeichnen sich große Spieler aus. Mit dem 1:1 haben die Japaner uns den Zahn gezogen. Da fehlen Spieler auf dem Platz, die das Kommando übernehmen. Da fehlte mir die Körpersprache. Und Spieler, die sich reinwerfen, den Ball haben wollen, böse sein wollen gegen die Japaner.“
Zudem nahm sich der Weltmeister explizit einzelne Spieler vor. BVB-Profi Niklas Süle (27) sah bei beiden Gegentoren nicht gut aus. „Wir haben große Fehler in der Defensive gemacht“, sagte Schweinsteiger. „Wenn jemand auf einen zukommt, im Eins gegen Eins, gerade ein Außenspieler, dann lässt man den nicht nach innen laufen, sondern macht die Innenbahn zu und lässt ihn nach außen laufen, weil da kann weniger passieren“, erklärte er mit Blick auf das 1:1. „Das ist ein klassischer, richtig schwerer Abwehrfehler.“
Michael Ballack: „Haben grundsätzlich ein großes Abstimmungsproblem“
Ex-Kapitän Michael Ballack (46) kritisierte die gesamte Mannschaft: „Wir machen dafür immer einzelne verantwortlich, aber das zieht sich durch die Mannschaft“, sagte er bei MagentaTV. „Wir haben grundsätzlich ein großes Abstimmungsproblem und in der Verantwortung der Defensive.“
So oder so: Als Flick mit seinem Team am Abend wieder in der Luxus-Oase im Norden Katars ankam, war die Laune richtig im Keller. Alle wussten nach der Niederlage und der Spanien-Party, dass das nächste Turnier-Fiasko greifbar nah ist.