Bei den letzten drei Turnierteilnahmen startete die deutsche Nationalmannschaft mit einer Niederlage. Das soll gegen Schottland anders werden. EXPRESS.de hat elf Mutmacher für unsere Elf.
„Das muss der Anspruch sein“Vor EM-Auftakt gegen Schottland: Elf Europameister mit Prognose
Das Warten hat ein Ende. Die Heim-Europameisterschaft kann starten. In der Münchner Allianz-Arena soll am Freitagabend (14. Juni 2024, 21 Uhr, ZDF und MagentaTV) der Grundstein zu einem begeisternden Turnier gelegt werden.
Gegen Schottland startet die Nationalmannschaft in hoffentlich vier begeisternde EM-Wochen. 2006 gelang in der Arena des FC Bayern der Knaller-Sieg zum WM-Auftakt gegen Costa Rica. 2021 setzte es dort aber auch zum Beginn der EM ein 0:1 gegen Frankreich.
Deutschland startete seit 1980 nur einmal mit Niederlage in eine EM
Seit 1980 wird die Europameisterschaft in einem Gruppenformat ausgespielt. Deutschland startete seitdem nur einmal mit einer Niederlage ins Turnier – vor drei Jahren. Die letzten drei Turniere endeten für die DFB-Elf und ihre Fans enttäuschend. Klappt es nun mit einem neuen Sommermärchen?
Bundestrainer Julian Nagelsmann (36) spricht von einem „Brett“ zum EM-Auftakt, Sportdirektor Rudi Völler (64) erwartet einen „tollen Fight“. Die Startelf steht, die Vorbereitung ist absolviert. Nun gilt es. Wie denken die Experten vor dem Start? Bei EXPRESS.de kommen elf deutsche Europameister zu Wort.
Jürgen Kohler (58, Europameister 1996): „In der Tat sehe ich gute Chancen, dass wir Europameister werden. Das muss auch der Anspruch sein, andere Nationen sind auch nicht besser. In der Gruppenphase wäre alles andere als Platz eins eine Enttäuschung. In der Offensive haben die Spieler oft genug ihre Qualitäten bewiesen. Wichtig ist, dass die Mannschaft defensiv gut steht. Die Abwehr ist das Fundament zum Titel. Wir brauchen stets eine gute Absicherung.“
Markus Babbel (51, Europameister 1996): „Die Jungs haben Qualität und sollen das einfach zeigen. Sie können ohne Angst und mit viel Vertrauen spielen, denn die Nation steht hinter ihnen. Julian Nagelsmann hat neuen Geist und neuen Wind reingebracht. Da sind Spieler am Start, die brennen und es als Ehre ansehen, für Deutschland zu spielen“.
Thomas Helmer (59, Europameister 1996): „Deutschland hat einen guten Kader, die Typen passen zusammen, die Leute freuen sich aufs Turnier. Einfach wird es aber nicht. Die Mannschaft, die man auf jeden Fall schlägt, gibt es nicht mehr. In der Offensive mache ich mir keine Sorgen, da gibt noch genug Potenzial auf der Bank, mit dem der Trainer nachlegen kann. Unser EM-Titel 1996 ging über eine gute Defensivleistung. Das wird auch diesmal der Schlüssel sein“.
Thomas Häßler (58, Europameister 1996): „Natürlich bin ich optimistisch, was die EM angeht. Schlussendlich haben wir gute Spieler, spielen zu Hause, das ganze Land steht hinter dem Team. Das Finale ist auf alle Fälle drin. Julian Nagelsmann hat mit Toni Kroos einen sehr erfahrenen Spieler zurückgeholt, der dafür sorgen wird, die Mannschaft zusammenzuhalten. Darüber hinaus finde ich es ganz wichtig, dass wir mit Füllkrug einen echten Stürmer vorne drin haben. Er muss nur von Beginn an spielen und treffen. Der Trainer hat bis jetzt alles richtig gemacht. Jetzt liegt es nur noch an den Spielern, alles richtig umzusetzen.“
Stefan Kuntz (61, Europameister 1996): „Es wird Zeit und ich drücke die Daumen, dass unsere Mannschaft von 1996 als letzter deutscher Europameister abgelöst wird. Ich traue es der Mannschaft von Julian Nagelsmann absolut zu. Der Teamspirit scheint zu stimmen, die Qualität ist vorhanden. Dann braucht man nur noch etwas Spiel- und Turnier-Glück. Bei den vergangenen Turnieren gab es meiner Meinung nach immer unterschiedliche Störfaktoren von außen, die das Spiel der Nationalmannschaft leider negativ beeinflusst haben. Das ist bei der Heim-Europameisterschaft bisher nicht der Fall – und das ist gut so. Die Stürmerfrage hat Julian meiner Meinung nach klar beantwortet: Havertz beginnt und Füllkrug ist sein erster Back-up. Die Entscheidung des Bundestrainers steht und ist aus meiner Perspektive verständlich.“
Felix Magath (70, Europameister 1980): „Mut macht mir, dass der Bundestrainer eine Struktur und mit Toni Kroos einen Mann gefunden hat, der die Mannschaft auch führt. Ziel kann natürlich nur der Titel sein, auch wenn man nicht als Favorit in so ein Turnier geht. Es gibt allerdings Aspekte, die für uns sprechen: Zum Beispiel, dass wir eine Heim-EM haben. Natürlich ist Atmosphäre wichtig für die Spiele. Und die wird da sein. Wir wollen ja alle, dass wir Europameister werden. Aber so ein Turnier muss man eben – und ich bin überzeugt, dass wir das machen werden – fokussiert und konzentriert angehen und nicht Nebenkriegsschauplätze hochspielen. Ich habe immer dazu tendiert, mit großen Stürmern zu spielen, wenn man ständig im Angriff ist und gegen massive Abwehrreihen antreten muss. Aber wir haben eine andere Auffassung jetzt, das ist legitim. Damit muss man vorne Lösungen finden. Wir haben ja mit Musiala und Wirtz außergewöhnliche Offensiv-Talente.“
Lothar Matthäus: Acht, neun Mannschaften spielen um den Titel
Lothar Matthäus (63, Europameister 1980): „Ich freue mich auf die Atmosphäre, die Spiele, auf schönes Wetter, volle Stadien und ein hoffentlich friedvolles Miteinander. Wir sind bereit, Deutschland ist bereit. Natürlich hat das Land hohe Erwartungen an die Mannschaft. Es gibt aber auch acht, neun andere Mannschaften, die zum Favoritenkreis gehören. Eine EM ist fast noch stärker als eine Weltmeisterschaft. Wir haben die Qualität, ins Finale zu kommen und den Titel zu holen. Die Stimmung im Team scheint gut zu sein, das darf nur die Konzentration in den Spielen nicht stören. Wir haben Spieler vom Champions-League-Sieger, Leverkusen hat das Double geholt, Stuttgart eine Riesen-Saison gespielt. Auch die Bayern waren im Halbfinale der Königsklasse und haben gezeigt, wie stark sie sind. Ich habe gar keine Angst vor dem Turnier, wenn die Mannschaft funktioniert, wenn sie stabil sind im gesamten Team, nicht nur unter den ersten Elf.“
Karlheinz Förster (65, Europameister 1980): „Lange Zeit war ich negativ eingestellt, weil die Ergebnisse schlecht waren, auch unter Nagelsmann. Als man Frankreich und die Niederlande geschlagen hat und auch Personalentscheidungen getroffen wurden, ist mein Gefühl besser geworden. Das macht Mut. Hinzu kommt der Rückhalt der Fans. Ich bin wesentlich positiver, als noch vor ein paar Monaten. Die Menschen im Land stehen voll hinter der Mannschaft. Wenn man den Pott gewinnen will, muss man die ersten beiden Gruppenspiele gegen Schottland und Ungarn gewinnen. Wir sind im eigenen Land und wollen Europameister werden – und dafür muss man voll da sein. Das traue ich der Mannschaft zu. Da ich selbst Abwehrspieler war, war für mich immer klar: Die Verteidigung muss sicher stehen, man muss hinten die Räume zu machen, die Zweikämpfe gewinnen und schnell nach vorne spielen. Wie heißt es so schön: Die Offensive gewinnt Spiele, die Defensive Titel. Wir haben eine Riesenchance den Pott zu holen, aber dafür müssen wir gut verteidigen und kein Tor bekommen. Vorne haben wir mit Musiala und Wirtz Leute, die Spiele alleine entscheiden können.“
Jürgen Klinsmann (59, Europameister 1996): „Natürlich werden sie ihr Bestes geben, dass sie gut ins Turnier kommen. Wir wünschen uns natürlich alle, dass die Mannschaft Erfolg hat, gut ins Turnier reinkommt, Freude ausstrahlt und das Land mitnimmt. Aber du kannst nicht etwas kopieren, was vor 20 Jahren passiert ist. Das ist auch gar nicht nötig. Das ist eine neue, ganz andersdenkende Generation und die haben ihren Esprit, ihre Stimmung, ihre Ideen und die sollen sie verwirklichen. Ich glaube fest an mindestens das Halbfinale“.
Paul Breitner (72, Europameister 1972): „Ich freue mich am meisten darauf, dass der Bundestrainer eine Mannschaft gefunden hat, die neuen jungen Spielern, die sich in dieser Saison in den Vordergrund gespielt haben, eine Chance gibt. Wenn sie sich von der Erwartungshaltung im Stadion, der Situation, dass die Zuschauer die Mannschaft sicher bei jedem Ballkontakt nach vorne peitschen wollen, nicht einschüchtern lassen, sondern dass sie es schaffen, für 90 Minuten auf dem Platz das Drumherum auszublenden, erwarte ich gegen Schottland einen klaren Sieg der deutschen Mannschaft, ein 3:0.“
Sepp Maier (80, Europameister 1972): „Mannschaften wie Schottland können alle gut verteidigen und pressen, sie haben sich souverän qualifiziert. Wie bei den Österreichern oder Schweizern spielen auch zahlreiche schottische Spieler in den großen Ligen der Welt, zum Beispiel in England. Also Vorsicht. Aber im eigenen Land zu spielen, wie wir bei der WM 1974, das beflügelt dich als Spieler. Mit der Unterstützung der Fans, und die werden hoffentlich richtig mitgehen, ist schon einiges gewonnen.“