Kommentar zum Sommer-TransferIm Sommer droht den Bayern ein neues Torwart-Theater

Die Torhüter Manuel Neuer und Yann Sommer unterhalten sich.

Manuel Neuer und Yann Sommer nach dem Bundesligaspiel am 19. März 2017 zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern München. Künftig sind sie Teamkollegen.

Yann Sommer wechselt nach wochenlangem Hickhack sofort von Borussia Mönchengladbach zum FC Bayern München. Dort steht Manuel Neuer unter Vertrag, der in dieser Saison verletzt ausfällt. Im Sommer droht dem Rekordmeister ein neues Torwart-Theater. Ein Kommentar.

von Denis Canalp  (can)

Der FC Bayern München musste auf dem Transfermarkt nachlegen. Und der Rekordmeister hat abgeliefert. Yann Sommer (34) kommt als Ersatz für den verletzten Nationaltorhüter Manuel Neuer (36) sofort nach München. Ein Wechsel, der durchaus Zündstoff in sich birgt.

Im Sommer 2011 holte der FC Bayern Manuel Neuer für stolze 30 Millionen Euro Ablöse vom FC Schalke 04 an die Säbener Straße und beendete damit eine drei Jahre andauernde Torwart-Diskussion beim FC Bayern, die nach dem Karriereende von Oliver Kahn (53) entstanden war.

Manuel Neuer war jahrelang unantastbar beim FC Bayern München

Nach dem Rückzug des „Titans“ hatten die Bayern damals vergeblich versucht, mit den Torhütern Michael Rensing, Hans Jörg Butt und Thomas Kraft die Lücke zu schließen. Doch erst Neuer, der zunächst von den Bayern-Fans sehr kritisch gesehen wurde (unvergessen die Plakat-Aktion „Koan Neuer“), genügte den hohen Ansprüchen des FC Bayern. Seitdem hütete der 36-Jährige in 488 Pflichtspielen das Bayern-Tor – und war immer unumstritten.

Alles zum Thema Manuel Neuer

Das könnte sich jetzt ändern. Die Verpflichtung von Yann Sommer ist ein klares Zeichen der Bayern-Bosse Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn. Einerseits wird klar, dass man intern nicht komplett vom eigentlichen Neuer-Ersatzmann Sven Ulreich (34) überzeugt ist. Der Vorsprung in der Bundesliga-Tabelle ist mit vier Zählern nicht so üppig und in der Champions League wartet im Achtelfinale Paris Saint-Germain mit den Superstars Lionel Messi (35), Neymar (30) und Kylian Mbappé (24). Natürlich gibt es für den FCB auch mit Sommer keine Garantie auf ein Weiterkommen, mit dem Schweizer steigt die Möglichkeit aber immens.

Die Vertragslaufzeit bis 2025 zeigt zudem, dass erstmals seit seinem Wechsel aus Gelsenkirchen leise Zweifel an Neuer in München wachsen. Kommt der Torwart, der im März seinen 37. Geburtstag feiert, nach seinem Beinbruch wieder auf die Füße? Eine seriöse Prognose fällt schwer, zumal hinter vorgehaltener Hand über einen offenen Bruch bei Neuer nach dessen Ski-Unfall spekuliert wird.

Und es kommt hinzu, dass die Bayern-Bosse – auch wenn es nicht offiziell kommuniziert wird – Neuers Ski-Ausflug durchaus kritisch sehen. Der Kapitän hat die Verantwortlichen durch seine Verletzung erst die Lage gebracht, auf der Torhüterposition tätig zu werden. Und auch wenn die Bayern das Geld im Vergleich zur Konkurrenz eher locker sitzen haben: Die kolportierten acht Millionen Euro Ablöse plus 1,5 Millionen Euro Bonus bei Sommer sind ein stolzer Preis für einen 34-Jährigen bei einem Vertrag mit Restlaufzeit von gerade einmal sechs Monaten.

Nehmen Sie auch an unserer Umfrage teil:

Und diese Millionen hätten Salihamidzic und Kahn im kommenden Sommer mit Sicherheit lieber in andere Kader-Baustellen (Rechtsverteidiger und Stürmer) investiert. Jetzt wurde das Geld außerplanmäßig für einen hochkarätigen Keeper benötigt, was die Laune der Bayern-Bosse nicht beflügeln dürfte.

Sommers Unterschrift unter einen zweieinhalb Jahre dauernden Vertrag signalisiert Neuer, dass sich die Bayern zumindest in der Theorie mit seiner Nachfolge beschäftigen. Klar ist aber auch: Neuer besitzt in Torwart-Trainer Toni Tapalovic (42) einen Vertrauten und großen Fürsprecher. Und kampflos wird sich Manuel Neuer nicht verdrängen lassen. Dafür ist sein Ehrgeiz zu groß.

Dennoch bleibt die Frage, ob Neuer sich persönlich verzockt hat. Denn in Alexander Nübel (26) hatten die Bayern seinen perspektivischen Nachfolger in spe längst verpflichtet. Doch dem Ex-Schalker wurden Einsätze versprochen – wovon Neuer allerdings nichts wissen wollte.

Die Folge: Nübel wurde an die AS Monaco verliehen. Nachdem der Ex-Schalker nun wieder Forderungen nach Spielzeit auch nach Neuers Rückkehr an den Rekordmeister formuliert hatte, nahmen die Bayern von einer Rückholaktion Abstand. Für die Zukunft heißt das: Nübel besitzt keine in München. Im Sommer wird er dauerhaft den FC Bayern verlassen, wahrscheinlich in Monaco bleiben.

Zwei Wechsel im dreistelligen Millionen-Bereich

Die teuersten Winter-Transfers aller Zeiten

Jürgen Klopp herzt Luis Díaz nach einem Spiel des FC Liverpool.

Im Sommer werden auf dem Transfermarkt in der Regel die großen Geschäfte gemacht, aber auch im Winter fließen gerade bei den Top-Klubs auch mal hohe Millionen-Beträge für neue Spieler. Auch Jürgen Klopp, hier am 9. Dezember 2023 mit Luis Díaz, ist mit dem FC Liverpool zweimal im Ranking vertreten. Die 15 teuersten Winter-Transfers gibt es in der Bildergalerie.

Luis Díaz jubelt über ein Tor für den FC Liverpool.

Platz 15: Luis Díaz. Anfang 2022 griff Jürgen Klopp beim FC Liverpool tief in die Tasche, um den kolumbianischen Nationalspieler vom FC Porto in die Premier League zu holen. Díaz hatte sich zuvor in der Gruppenphase der Champions League in zwei direkten Duellen gegen die Reds empfohlen, zudem waren ihm zwei Tore in zwei Spielen gegen den AC Mailand gelungen. Die frischen Eindrücke waren Liverpool 47 Millionen Euro wert. Nicht der teuerste Winter-Transfer in der Klub-Geschichte... (Foto: 24. Januar 2024)

Alex Teixeira bejubelt ein Tor für Juangsu Suning.

Platz 14: Alex Teixeira. Einer von zwei China-Wechseln unter den teuersten Winter-Transfers: Anfang 2016 zog es den Brasilianer von Schachtar Donezk zum 2021 aufgelösten Jiangsu Suning FC. 50 Millionen Euro kostete der offensive Mittelfeldspieler, der fünf Jahre in China blieb und in 119 Ligaspielen mit 90 Scorerpunkten voll überzeugte. (Foto: 5. März 2016)

Ferran Torres mit gesenktem Kopf im Spiel des FC Barcelona.

Platz 13: Ferran Torres. Im Januar 2022 blätterte der FC Barcelona 55 Millionen Euro für den Flügelstürmer hin, der in jungen Jahren beim FC Valencia den Durchbruch geschafft hatte und anschließend zu Manchester City gewechselt war. Mit grundsoliden, aber selten herausragenden Leistungen konnte er die hohe Ablöse nur bedingt rechtfertigen. (Foto: 24. Januar 2024)

Fernando Torres bedankt sich mit erhobenen Händen bei den Fans.

Platz 12: Fernando Torres. In der Saison 2010/11 wechselte der Welt- und Europameister für rund 59 Millionen Euro vom FC Liverpool zum FC Chelsea. Hier bedankt er sich nach dem Champions-League-Spiel gegen den FC Schalke 04 am 22. März 2013 bei den Fans.

Oscar schaut auf das Spielgeschehen.

Platz 11: Oscar. Der Brasilianer verließ in der Saison 2016/17 den FC Chelsea für 60 Millionen Euro und ging zu Shanghai SIPG. Als einer von ganz wenigen Legionären, die der damalige Transfer-Strom mittriss, blieb der offensive Mittelfeldspieler jahrelang. Hier ist er bei einer Partie am 28. November 2020 gegen die Yokohama F. Marinos im Trikot seines Klubs zu sehen.

Diego Costa wirkt enttäuscht und stemmt die Hände in die Hüfte.

Platz 10: Diego Costa. In der Saison 2017/18 wechselte Costa für 60 Millionen Euro vom FC Chelsea zurück zu Atlético Madrid. Vom damaligen spanischen Meister war er 2014 für 38 Millionen Euro in die Premier League gewechselt. Das Foto zeigt den Spanier bei einer Partie gegen Real Madrid am 26. Juli 2019.

Aubameyang jubelt nach seinem Treffer.

Platz 9: Pierre-Emerick Aubameyang. Der pfeilschnelle Angreifer wechselte in der Saison 2017/18 von Borussia Dortmund für 63,75 Millionen Euro zum FC Arsenal. Das Foto zeigt den Stürmer bei einem Freundschaftsspiel gegen Lazio Rom am 4. August 2018.

Christian Pulisic rutscht jubelnd auf seinen Knien in Richtung Fans.

Platz 8: Christian Pulisic. Ein Jahr nach Aubameyang wechselte auch Christian Pulisic von Borussia Dortmund in die Premier League und schloss sich für 64 Millionen Euro dem FC Chelsea an. Die Saison 2018/19 beendete er jedoch noch auf Leih-Basis bei den Dortmundern und machte sich erst im Sommer auf den Weg nach London. Hier jubelt der Amerikaner nach seinem Treffer gegen den OSC Lille am 22. Februar 2022 in der Champions League.

Bruno Fernandes jubelt nach seinem Treffer.

Platz 6: Bruno Fernandes. Für 65 Millionen Euro schnappte sich Manchester United die Dienste des portugiesischen Nationalspielers. Der Portugiese wechselte 2020 von Sporting Lissabon zum Premier-League-Klub. Hier ist Fernandes nach seinem Treffer gegen den FC Brentford am 19. Januar 2022 zu sehen.

Aymeric Laporte bedankt sich klatschend bei den Fans.

Platz 6: Aymeric Laporte. Den teuersten Wintertransfer der Vereinsgeschichte tätigte Manchester City als die Skyblues Laporte im Januar 2018 von Athletic Bilbao für 65 Millionen Euro in die Premier League lotsten. Hier bedankt er sich am 22. Januar 2022 nach der Partie gegen Southampton klatschend bei den Fans.

Mykhailo Mudryk jubelt über ein Tor für den FC Chelsea.

Platz 5: Mykhailo Mudryk. Im Sommer 2022 war der ukrainische Senkrechtstarter schon fast bei Bayer Leverkusen, doch der für rund 20 Millionen Euro ausgehandelte Deal platzte am Ende doch noch. Im Winter 2023 schlug dann der FC Chelsea zu, nachdem der Preis des Flügelstürmers explodiert war. 70 Millionen Euro gingen letztlich an Schachtar Donezk.

Dusan Vlahovic rennt mit dem Ball in der Hand zum Anstoßpunkt.

Platz 4: Dusan Vlahovic. Der Serbe wechselte im Winter 2022 für rund 82 Millionen Euro vom AC Florenz zu Ligarivale Juventus Turin. Hier rennt er am 16. April 2022 nach seinem Tor gegen Bologna zum Anstoßpunkt.

Virgil van Dijk hält mit beiden Händen die FA-Cup-Trophäe.

Platz 3: Virgil van Dijk. Er gilt als einer der besten Innenverteidiger der Welt. Der FC Liverpool verpflichtete den Niederländer 2017/18 vom FC Southampton für rund 85 Millionen Euro. Nach anfänglicher Verwunderung zeigte sich später: Der Niederländer war jeden einzelnen Cent seiner Ablöse wert. Hier hält er nach dem gewonnenen FA-Cup-Finale am 14. Mai 2022 die Trophäe hoch.

Enzo Fernández gestikuliert bei einem Spiel des FC Chelsea.

Platz 2: Enzo Fernández. Die erste Winter-Weltmeisterschaft der Geschichte führte nur wenige Wochen später auch zum zweitteuersten Winter-Transfer aller Zeiten. Das starke Turnier mit dem WM-Titel für Lionel Messi machte auch Mittelfeldspieler Enzo Fernández zum großen Star. Der FC Chelsea blätterte in einer gewaltigen Transfer-Offensive, bei der im Januar 2023 insgesamt 330 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben wurden, alleine 121 Millionen Euro für den Argentinier von Benfica Lissabon hin. Die Portugiesen hatten ein halbes Jahr zuvor 44,25 Millionen Euro an River Plate gezahlt und machten somit ein sattes Transfer-Plus.

Philippe Coutinho in Aktion mit Ball.

Platz 1: Philippe Coutinho. Den teuersten Wintertransfer tätigte der FC Barcelona. In der Saison 2017/18 wechselte Coutinho für 135 Millionen Euro vom FC Liverpool zu den Katalanen. Den Erwartungen, die die Mega-Summe auslöste, wurde er allerdings niemals gerecht. Das Foto zeigt den Brasilianer bei einer Partie gegen Real Valladolid am 25. August 2018.

1/16

Hat Neuer sich also verpokert? Wäre es für ihn persönlich nicht klüger gewesen, Nübel ein paar Spiele das Bayern-Tor zu überlassen, anstatt sich ab Sommer dem Zweikampf mit dem Schweizer Nationaltorwart Sommer, einem der besten Torhüter der Bundesliga, zu stellen? Aus dem Bayern-Umfeld ist zu vernehmen, dass Sommer im Juli entscheiden darf, ob er sich dem Konkurrenzkampf mit Neuer stellen will, oder einen erneuten Transfer bevorzugt.

Zwar ist es bislang nur ein theoretisches Gedankenspiel, sollte aber Sommer in dieser Saison sportlich auf ganzer Linie überzeugen, droht dem FC Bayern im Sommer ein neues Torwart-Theater. Noch gibt es zu viele unbekannte Variablen, um einen Ausgang komplett vorherzusagen. Die Neuer-Verletzung wirbelt die Bayern-Pläne allerdings jetzt schon kräftig durcheinander – ein großer Knall im Sommer ist derzeit nicht auszuschließen.