Der FC Bayern München und Trainer Thomas Tuchel gehen nach der Saison getrennte Wege. Das steht seit Dienstag fest. Die Entscheidung überrascht nicht wirklich, der Zeitpunkt dafür umso mehr. Ein Kommentar.
Trainer-Entscheidung beim FC BayernWas am Tuchel-Beben überrascht – und was jetzt droht
Thomas Tuchel wird den FC Bayern München in der kommenden Saison nicht mehr als Trainer betreuen. Das ist das Ergebnis einer eingehenden Analyse beim Rekordmeister. Die Entscheidung ist nachvollziehbar, doch der Zeitpunkt irritiert, findet unser Autor. Ein Kommentar.
Der FC Bayern hat auf die sportliche Krise reagiert. Wenig überraschend kommt es zur Trennung von Trainer Thomas Tuchel (50). Überraschender ist da schon der Zeitpunkt der Trennung – und der Zeitpunkt der Verkündung der Personalie.
FCB handelt nach dem Prinzip: Schlimmer geht’s nimmer
Tuchel geht, aber er verlässt den FC Bayern erst nach der laufenden Saison. Nachdem die vergangenen Wochen und Tage immer wieder vom Zerwürfnis zwischen Trainer und Mannschaft zu hören war, überrascht Tuchels Abschied auf Raten.
Die Bayern-Saison ist nach Pokal-Aus, XXL-Rückstand auf Bayer Leverkusen in der Bundesliga und der Achtelfinal-Hinspiel-Pleite in der Champions League bei Lazio Rom kaum noch reparierbar. Genauso wie das Binnenverhältnis an der Säbener Straße. Und doch darf Tuchel bis zum Sommer weiter wurschteln.
Ein großer Masterplan scheint nicht dahinterzustecken. Vielmehr das Prinzip Hoffnung. Der FC Bayern reagiert ganz nach dem Motto: Schlimmer kann es gerade eh nicht mehr werden. Woher die Hoffnung auf Besserung fußt, bleibt nach den peinlichen Auftritten in Leverkusen, in Rom und in Bochum allerdings komplett unklar.
Und warum ist Tuchel dann jetzt noch Bayern-Trainer? Der größte Faktor dürfte sein, dass die Bayern nicht schon wieder einen Übungsleiter während der Saison entlassen möchte. Im vergangenen Jahr trennte sich der Rekordmeister im März vorzeitig von Julian Nagelsmann und begründete den Schritt damit, dass die Bayern ihre Saisonziele zu verpassen drohten. Ein Satz, der den Bayern-Bossen krachend um die Ohren flog.
Solch ein Szenario wollen die Bayern in dieser Saison ganz offensichtlich unbedingt vermeiden. Die Saisonziele sind ohnehin schon im Eimer, doch so recht will es nicht einleuchten, was die Bayern mit dieser Entscheidung zu diesem Zeitpunkt bezwecken. Klar, man hat jetzt Klarheit in der Personalie Tuchel, doch die Spekulationen um seine Nachfolge werden ein ruhiges Arbeiten in München ebenso torpedieren.
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Zudem ist kaum vorstellbar, dass um Tuchel jetzt Ruhe einkehrt. Was wohl am Samstagabend in München los ist, sollte der Rekordmeister auch gegen RB Leipzig verlieren? Im Mai setzte es gegen die Roten Bullen im Saisonendspurt eine empfindliche 1:3-Niederlage, und im August unterlagen die Tuchel-Bayern dem Brauseklub daheim sogar 0:3.
Bei einem ähnlichen Spielausgang am Samstag (24. Februar 2024, 18.30 Uhr) müsste Tuchel wahrscheinlich doch sofort gehen. Und damit würde der FC Bayern seinen eigenen Plan ad absurdum führen. Dieses Szenario droht dem Klub nicht nur gegen Leipzig, sondern eigentlich für den Rest der Saison.
Jan-Christian Dreesen (56) nahm in der Bayern-Pressemitteilung „die Mannschaft explizit in die Pflicht“. Die Wahrheit: Durch den erneuten Trainerwechsel stellte der Vorstandsvorsitzende Joshua Kimmich und Co. geradezu einen Freibrief aus. Durch den auf nach Saisonende terminierten Tuchel-Abgang wird dieser im Umkehrschluss zur Lame Duck.
Ein klarer Schlussstrich – oder ein letzter Versuch der Stärkung des schwächelnden Trainers – wären sicherlich zum jetzigen Zeitpunkt sinnvoller gewesen. Stattdessen drohen dem FC Bayern und Tuchel weitere (für alle Seiten) unwürdige Szenarien.