Prominenter Besuch in Hannes Ringlstetters Überraschungs-Talk „Club 1“: Uli Hoeneß sprach über seine Gefängniszeit, die neue Klub-Spitze des FC Bayern und auch über Franck Ribéry und die „Goldsteak-Affäre“.
„Ganz schlimme Zeit“Steuer-Affäre, Knast & Netz-Hass: Hoeneß spricht Klartext in der ARD
Ismaning. Es war der Auftritt einer „Legende“ – da waren sich Gastgeber Hannes Ringlstetter (51) und sein Sidekick Caro Matzko (42) völlig einig. In ihrem ARD-Überraschungs-Talk „Club 1“, bei dem Ringlstetter seine Gesprächspartner vorab nicht kennt, schneite in der jüngsten Ausgabe am Dienstagabend (9. November 2021) Uli Hoeneß (69) herein!
„Ihn wollte ich immer schon mal kennenlernen“, jubelte der 1.-FC-Nürnberg-Fan Ringlstetter am Dienstagabend im Ersten. Da passte es nur zu gut, dass ihn Uli Hoeneß darüber aufklären konnte, dass er selbst mal ein halbes Jahr beim „Club“ aus Franken gespielt hat.
„Du bist für mich eine Mischung aus Bescheidenheit und dann aber auch wieder einer totalen Strenge und Härte“, brachte der Gastgeber sein ambivalentes Hoeneß-Bild auf einen Merksatz. „Da bin ich gut charakterisiert“, stimmte der ehemalige Spieler, Manager und Präsident des FC Bayern München zu. Er sei „ein Mann, der aus kleinen Verhältnissen durch harte Arbeit nach oben gekommen ist“. Auf der anderen Seite habe er immer über den Tellerrand geschaut und sei „ziemlich sozial“.
Shitstorms sind Uli Hoeneß egal: „Ich habe kein Internet“
Hoeneß: „Den Schwachen helfe ich. Wenn einer aber den Zampano spielt und große Schnauze hat, kriegt er sie von mir zurück. Das habe ich mir angeeignet: Gegen die Großen ziehe ich überhaupt nicht zurück, das macht mir Spaß, weil ich so unabhängig bin, dass ich mir erlauben kann, jeden anzupacken, wenn er mir blöd kommt.“
In der digitalen Gegenwart glaubt Hoeneß sogar einen „großen Vorteil“ beim Austeilen und Poltern zu haben. „Wenn ich irgendwas sage, was 95 Shitstorms nach sich zieht, muss ich den Leuten sagen: Sie machen sich umsonst die Mühe. Ich habe überhaupt kein Internet. Ich habe keine E-Mail. Ich habe ein Apple-Handy, aber nur zum Telefonieren.“ Zwar könne er neuerdings immerhin SMS lesen, aber eine E-Mail habe er noch nie verschickt. „Meine Frau hat genug Computer.“ Die kümmere sich etwa ums Online-Banking. Allerdings auch um den Gärtner und den Hund, wie Caro Matzko einwarf. Der Gast räumte ein: „Ohne meine Frau würde das System Hoeneß nicht funktionieren.“
Ob die früheren Zeiten ohne digitale Massenmedien für die Seele eines Profifußballers nicht günstiger gewesen seien, wollte Ringlstetter wissen. Es sei einfacher gewesen und nicht so „gläsern“ wie heute, bestätigte der Nationalspieler der 70er-Jahre. „Wir konnten aufs Oktoberfest gehen mit der ganzen Mannschaft und auf dem Fliegenden Teppich nach zwei Maß Bier so lange fahren, bis einer runtergespien hat. Was glaubst du, was heute los wär, bei diesen Selfies, bei diesen Handys? Die Spieler können ja gar nichts mehr machen.“
Das beste Beispiel dafür sei die Goldsteak-Affäre um den ehemaligen Bayern-Star Franck Ribéry. Auf den waren 2019 Dekadenz-Vorwürfe eingeprasselt, nachdem ein Foto publik wurde, auf dem er sich in einem Restaurant in Dubai ein mit Blattgold verziertes Steak servieren ließ - Kostenpunkt: 1.200 Euro. „Der hat das ja nicht absichtlich gemacht“, stellte Hoeneß im ARD-Talk die Hintergründe klar. „Der hat das nicht bestellt. Das hat ihm einer hingestellt und aus Werbegründen fotografiert, und da war er ein bisschen doof und hat sich fotografieren lassen.“
Uli Hoeneß über Steuer-Affäre: „Das war eine ganz schlimme Zeit“
Schließlich war die Gefängniszeit Thema des Gesprächs. „Das ist abgeschlossen“, bekräftigte Hoeneß, der 2014 eine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung verbüßt hatte. Das Belastendste sei im Rückblick nicht die Zeit hinter Gittern gewesen, sondern die „zwei, drei Monate“ zwischen der Urteilsverkündung und dem Haftantritt. Damals hätten „jeden Tag sechs bis acht Kameraleute und Fotografen vor der Haustür“ gestanden, um den Tag nicht zu verpassen, an dem er die Haft antrete. „Das war eine ganz schlimme Zeit. Da habe ich keinerlei Freiheiten mehr gehabt.“
Im Gefängnis selbst habe er „kein Trauma“ mehr gehabt und versucht, sich an den Alltag in der JVA anzupassen. „Ich habe versucht, ein Teil zu sein“, erklärte Hoeneß. Im Laufe der Zeit sei er bei den meisten Gefangen sehr angesehen gewesen, „weil ich sonntags Ratgeberstunde gegeben habe“. Thema: „Was mache ich nach meinem Aufenthalt?“
Und was macht Uli Hoeneß, der die Geschicke des FC Bayern München an seinen Präsidenten-Nachfolger Herbert Hainer (67) und den neuen Vorstandsvorsitzenden Oliver Kahn (52) übergeben hat, nach seinem Ausscheiden aus dem operativen Geschäft? „Ich nehme überhaupt keinen Einfluss“, beteuerte er gegenüber Hannes Ringlstetter.
„Ich gebe Ratschläge, wenn sie gefragt sind, und das kommt immer weniger vor.“ – „Sind die echt der Meinung, dass sie's können?“, spöttelte Ringlstetter. Hoeneß wollte sich zu keinem abschließenden Urteil über die neue Klub-Spitze verleiten lassen: „Sie sind noch zu kurz drinnen.“ (tsch)