Eine Schiedsrichter-Entscheidung beim Zweitliga-Topspiel Holstein Kiel gegen Fortuna Düsseldorf hat für hitzige Diskussionen gesorgt. Jetzt hat sich der DFB zur umstrittenen Szene geäußert.
Fortuna-Fans immer noch sauerDFB erklärt sich zur Kiel-Entscheidung: „Kniffliger Grenzfall“
Diese Szene hat die Fortuna-Fans mal so richtig auf den Baum gebracht! Auch drei Tage nach dem 1:1 der Düsseldorfer im Auswärts-Kracher bei Holstein Kiel (11. Mai 2024) hadern die Rot-Weißen noch mit einer denkbar strittigen Schiedsrichter-Entscheidung.
Hintergrund: Im Zweitliga-Showdown ging es um alles oder nichts! Kiel konnte vor heimischem Publikum den ersten Bundesliga-Aufstieg der Klub-Historie perfekt machen. Fortuna wiederum mit einem Sieg die Chance auf ein „Fern-Endspiel“ mit den Norddeutschen am letzten Spieltag erwirken.
Fortuna Düsseldorf: DFB erklärt sich zur Elfer-Entscheidung in Kiel
Am Ende jubelten die Kieler und starteten ihre feucht-fröhliche Aufstiegs-Sause. Doch nach Meinung vieler Fußball-Fans blieb am Ende ein ganz, ganz fader Beigeschmack. Streitpunkt war eine Szene aus der Anfangsphase der Partie.
Das war passiert: Fortunas Stürmer Vincent Vermeij (29) hatte in der vierten Spielminute einen Querschläger im gegnerischen Sechzehner in Richtung Tor geköpft. Holstein-Verteidiger Patrick Erras (29) ging dazwischen, bekam den Ball dabei allerdings an den Arm. Von da sprang er an seinen Fuß und anschließend ins Tor-Aus. Referee Sven Jablonski (34) entschied auf Eckstoß – und blieb auch nach eingehender Betrachtung der Video-Bilder am Spielfeldrand bei seiner Entscheidung. Was viele Fortuna-Fans bis heute fassungslos zurücklässt.
Denn viele Anhängerinnen und Anhänger der Fortuna sind der Überzeugung: Jablonskis Entscheidung hat das Spiel maßgeblich beeinflusst. Die Fortuna lag zu diesem Zeitpunkt bereits 0:1 zurück, Benedikt Pichler (26) hatte den Rot-Weißen schon nach zwei Zeiger-Umdrehungen per Kopf die kalte Dusche verpasst.
Aber: Hätte Jablonski das Handspiel als strafbar eingestuft, hätte es nicht nur Elfmeter und damit die schnelle Chance auf den Ausgleich gegeben, sondern obendrein auch einen Platzverweis für Erras. 85 Minuten Überzahl für Düsseldorf bei einem möglichen 1:1 vom Punkt – wer weiß, wie der Zweitliga-Gipfel dann geendet hätte.
Am Ende kam es anders. Christos Tzolis (22) egalisierte die Partie in der zweiten Halbzeit noch für Fortuna, zu mehr reichte es für die Rot-Weißen am Ende aber nicht. Weswegen die Düsseldorfer nun in der Relegation um die ersehnte Bundesliga-Rückkehr kämpfen müssen.
Der große Elfer-Klau von Kiel? Oder doch eine regelkonforme Entscheidung? EXPRESS.de hat beim DFB nachgehakt. „Aus regeltechnischer Sicht liegt hier ein kniffliger Grenzfall vor, in dem es Argumente für beide Entscheidungen gibt“, erklärte Schiedsrichter-Sprecher Alexander Feuerherdt (54).
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Der DFB-Sprecher schilderte zunächst noch einmal die strittige Szene aus seiner Sicht: „Als Vincent Vermeij den Ball aufs Tor köpft, unternimmt Patrick Erras im Sprung mit hochgezogenem linken Bein den Versuch, den Ball abzuwehren. Beide Arme hat er im Sprung vor den Körper geführt, wobei der linke Arm angewinkelt und der rechte Arm ausgestreckt ist. Der Ball springt gegen Erras‘ linke Hand und von dort gegen den linken Fuß, dann geht er am Tor vorbei.“
Für viele Fans war der Fall derweil klar: Erras hatte ein mögliches Fortuna-Tor klar mit der Hand verhindert. Doch DFB-Mann Feuerherdt verweist auf das Regelwerk: „Ob der Ball ohne das Handspiel aufs Tor gekommen wäre oder nicht, ist regeltechnisch nicht von Belang. Maßgeblich ist hier nach Regel zwölf lediglich, ob Absicht oder eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers vorlag – also die Armhaltung und -bewegung. Dass Erras bei seinem Einsatz das Risiko eines Handspiels eingegangen ist, lässt sich gleichwohl nicht von der Hand weisen. Für den Schiedsrichter diente die Bewegung und Haltung des linken Arms aber nicht dazu, gegebenenfalls den Ball aufzuhalten oder abzulenken, sondern lediglich der Unterstützung des Sprungs mit dem Bein zum Ball.“
Deswegen sei Jablonski auch nach Ansicht der Video-Bilder bei seiner ursprünglichen Entscheidung auf dem Platz geblieben: „Schiedsrichter Sven Jablonski hat bereits auf dem Feld wahrgenommen, dass es einen Ballkontakt mit der linken Hand gab. Nach seiner Bewertung lag jedoch keine Absicht vor, weil Erras den Arm nicht zum Ball geführt hat, und darüber hinaus auch keine unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche vorlag. Vielmehr hat es der Unparteiische so eingeschätzt, dass die Armhaltung sich aus einer natürlichen Sprungbewegung zum Ball ergab und Erras das Ziel hatte, den Ball mit dem linken Bein zu blocken“, so Feuerherdt.
Der Schiri-Sprecher, den viele Fußball-Fans vor allem vom Regel-Blog „Collinas Erben“ kennen, betonte weiter: „Hätte Erras den Ball mit dem weit ausgestreckten rechten Arm berührt, dann wäre das Handspiel ohne Zweifel strafbar gewesen. Der linke Arm war angewinkelt, mit nach vorne geführtem Unterarm. Für eine Sprungbewegung mit dem ausgestreckten Bein zum Ball ist diese Armhaltung durchaus normal, somit liegt nicht zwangsläufig eine unnatürliche Vergrößerung des Körpers vor.“ Letztendlich habe die Szene Jablonski „den Ermessensspielraum gegeben, das Handspiel nicht als strafbar zu bewerten“, ergänzte Feuerherdt.
Vielen Fortuna-Fans dürften diese Ausführungen freilich nur ein schwacher Trost sein. Wesentlicher Grund: Immer wieder waren in den vergangenen Monaten in der ersten und zweiten Liga teils deutlich weniger klare Handspiele als strafbar gewertet worden. Spieler, Trainer, Offizielle und Fans – kaum einer blickt noch durch. Zumindest die Schiedsrichter sollten es doch aber tun.