Promi-Auflauf an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Der Grund: Es gibt einen neuen Zertifikatsstudiengang: „Sportdirektor*in im Nachwuchsleistungs- und Amateurfußball“. Am Dienstag war Fredi Bobic (51) zu Gast.
Dozent an der SpohoBobic hat klaren Rat für den FC: „Köln spielt dann immer eine ordentliche Rolle“
Die Diskussion wurde auf Augenhöhe geführt. Fredi Bobic war an diesem Dienstag (19. September 2023) an die Deutschen Sporthochschule nach Köln gekommen, um über das Thema Kaderverwaltung zu referieren.
Es entwickelte sich eine lebendige Diskussion mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern – viele darunter arbeiten schon in einem Fußball-Verein, entweder im Nachwuchsbereich oder sogar schon auf höherer Ebene. Sie alle sind hier Teil des neuen Zertifikatsstudiengangs „Sportdirektor*in im Nachwuchsleistungs- und Amateurfußball“.
Sporthochschule Köln bietet neuen Studiengang an
Professor Dr. Daniel Memmert hat für den Kurs hochrangige Referenten gewonnen. Ralf Rangnick (65, Nationaltrainer Österreich), Peter Knäbel (56, geschäftsführender Vorstand Schalke 04) oder Markus Gisdol (54, u. a. Ex-Trainer des 1. FC Köln) und Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger (41).
„Wir haben gute Leute, die sehr guten Input geben in vielen Bereichen. Wir geben tiefergehende Einblicke in die Themen Führung, finanzielle sowie strategische Planung, Rechtsberatung, und den Umgang mit Medien und Entwicklungen in der Talentdiagnostik, um den vielfältigen Aufgaben eines Sportdirektors oder einer Sportdirektorin gewachsen zu sein.“
Jetzt war Bobic da und gab interessante Einblicke hinter die Kulissen in seinem Vortrag, aber auch im Gespräch danach. Er hatte dabei auch einen Rat für den 1. FC Köln dabei. Bobic über ...
… Ausbildung in Vereinen: „Ich bin ein Freund davon, dass man immer wieder etwas Neues macht, dass man sich immer wieder verbessert. Und zwar in allen Bereichen, die es in einem Verein gibt, egal ob Nachwuchs, Trainer oder Physio. Ich versuche immer wieder, den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Chance zu geben, sich weiterzuentwickeln.“
… Ausbildung von Talenten: „Das Problem im Fußball ist oft, dass viel Geld, wenn es da ist, ausgegeben wird. Und man verlässt den Pfad, auf die eigenen Talente zu setzen. Als Verein sollte man eine Idee haben und die komplett umsetzen über Jahre. Egal ob man mal oben oder unten ist. Das ist für mich Nachhaltigkeit.“
… Traditionsvereine: „Mit Tradition ist das so eine Sache. Die muss ich wahren und pflegen, aber man muss vor allem in die Zukunft schauen, nach vorne. Was kommt, wo kann ich innovativ sein und besser werden? Nicht alles, was die Amis machen ist super, aber in einigen Dingen sind sie uns meilenweit voraus. Auch andere Ligen kommen plötzlich nach oben. Bei aller Tradition: Man muss immer eine Entwicklung vorantreiben im Verein. Die größte Freude ist es, die Jugend zu entwickeln, Spieler nach vorne zu bringen, eine Mannschaft zu formen. Und dann ist der größte Lohn für einen Sportdirektor, wenn die Mannschaft gewinnt und das ganze Stadion singt. Das ist die größte Belohnung.“
… den 1. FC Köln: „Erfolg ist das Beste herauszuholen, aus dem, was du hast. Der 1. FC Köln hat aktuell ein bisschen Spielpech. Aber der Weg ist richtig. Sie sollten noch mindestens fünf Jahre mit Steffen Baumgart zusammenarbeiten. Dann würde man einen gewissen Fußballstandard immer zeigen. Köln spielt dann immer eine ordentliche Rolle in der Bundesliga. Ob das jetzt im Mittelfeld ist oder weiter oben, kommt dann auch immer darauf an, ob man noch ein bisschen Geld hat. Aber mit Baumgart wird es immer ein ansehnlicher Fußball sein. Union Berlin und der SC Freiburg haben es vorgemacht, mit Kontinuität.“
… spezielle Klauseln in Verträgen: „Zu mir kamen auch Stürmer, die wollten eine Tor-Prämie aushandeln. Sowas habe ich nicht gemacht, da habe ich gleich abgewunken. Denn nachher hast du die Situation, dass der Spieler alleine aufs Tor läuft und selber schießt, anstatt seinen besser platzierten Nebenmann anzuspielen.“
… Sportdirektoren im Ausland: „In Deutschland arbeitet der Sportdirektor bei einem Bundesligisten immer im Blick der Öffentlichkeit. Im Ausland ist es meistens komplett anders. Da sind mehr Trainer und Mannschaft die Ansprechpartner. Der Sportdirektor soll seinen Job im Hintergrund machen – und das am besten kontinuierlich über Jahre. In England gibt es keinen Sportdirektor der über Klopp oder Guardiola redet nach dem Spiel. Als Sportchef hat man die Verantwortung für alles im Verein, aber die Verantwortung für die Mannschaft hat nur der Trainer.“
… Geld im Fußball: Bobic präsentierte interessante Fakten auf einem Schaubild: Laut Fifa werden 60 Prozent der Solidaritätsansprüche und Ausbildungsentschädigungen von Vereinen gar nicht abgerufen. Da staunten die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht schlecht. Bobic sagte: „Fußball ist natürlich auch ein großes Geschäft. Aber wenn man den Schwerpunkt auf die Jugendarbeit setzt, wird man erfolgreich sein können.“ Dann sollte man die Ansprüche für ausgebildete Spieler aber auch wahrnehmen...
… seine eigenen Ambitionen: „Ich bin froh, dass ich mal ein wenig Abstand zum Fußballgeschäft finde. Ich schaue mir vieles an, habe auch Lust, wieder irgendwo einzusteigen, aber ich habe keinen Zeitdruck. Momentan genieße ich es, auch mal etwas ganz anderes zu machen.“
Hier geht es zu unserer Umfrage:
... den DFB: „Kommunikativ war das ein Desaster mit der Personalie Andreas Rettig. Da kannst Du die Männer aus der Taskforce, Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Mintzlaff, die teilweise wirklich viel für den deutschen Fußball getan haben, auch mal mitnehmen, dass sie es nicht aus den Medien erfahren. Eins ist klar: durch die Entscheidung für Rettig haust du einen Spalt rein zwischen Liga und DFB. Da kann DFB-Boss Bernd Neuendorf erzählen, was er will, das ist ein Fakt. Im Sommer wird er wahrscheinlich eh einen neuen Sportdirektor brauchen, da hat er genug Zeit, um zu überlegen, wie man das zwischen Liga und DFB kommuniziert.“
… die EM 2024 in Deutschland: „Wir dürfen auch nicht immer alles kaputt reden, das ist schließlich eine Europameisterschaft in Deutschland. Egal wie unsere Mannschaft spielt: Die EM sollte ein Fest werden, dann feiern wir halt mit den anderen. Dann haben wir wenigstens etwas Spaß. Mir sind viele zu grau vom Denken her.“
Auch wenn es für die Studierenden ein langer Tag war, Input von Profis wie Bobic ist einfach Gold wert für die künftige Arbeit im eigenen Verein.