„Ich fighte weiter“Flick klebt an seinem Stuhl – DFB-Bosse stehen vor einer Premiere

Bundestrainer Hansi Flick gibt Anweisungen.

Hansi Flick gibt beim Training am Sonntag (10. September 2023) in Wolfsburg Anweisungen.

Am Tag nach der sportlichen Bankrotterklärung gegen Japan wird Hansi Flick auch die öffentliche Trainingseinheit in Wolfsburg leiten. Die Bosse beraten derweil das weitere Vorgehen vor dem Frankreich-Spiel.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Das Timing hätte nicht schlechter gewählt sein können. Während sich die Nationalmannschaft in der abgelaufenen Woche in ihrem Quartier in Wolfsburg einmal mehr eingeigelt und aus den Trainingseinheiten ein Hochsicherheitsspektakel veranstaltet hatte, ließ der DFB ausgerechnet am Sonntag (10. September 2023) die Fans rein.

Das öffentliche Auslaufen nach dem 1:4-Debakel gegen Japan geriet zur anstrengenden Pflichtaufgabe. „Wir haben uns das alle sicherlich ein bisschen anders vorgestellt. Aber nichtsdestotrotz ist es für uns selbstverständlich, dass wir mit allen Spielern und allen Trainern hier sind und uns hier stellen“, sagte Sportdirektor Rudi Völler (63) ins Mikrofon.

DFB zieht am Montag nach Dortmund um – Länderspiel gegen Frankreich

Auch Hansi Flick (58) war bei der Einheit vor 3500 erwarteten Fans dabei. Im Profi-Fußball sei „vieles schwer vorherzusagen“, sagte der stark umstrittene Bundestrainer. Fans rief er bei der Autogrammstunde am Spielfeldrand zu: „Ja, ja, ich fighte weiter. Es geht weiter. Das ist so.“

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Zu Beginn gaben die Spieler Autogramme und standen für Fotos mit den Fans bereit. Die Trainingseinheit war in erster Linie für die Spieler gedacht, die am Samstagabend nur kurz oder gar nicht gespielt hatten. Am Montag zieht der DFB-Tross nach Dortmund ins Radisson Blu Hotel um.

Rudi Völler (l.) spricht mit Deutschlands Thomas Müller.

Rudi Völler unterhält sich am Rande des Trainingsplatzes mit Thomas Müller.

Im BVB-Stadion soll abends dann das Abschlusstraining steigen, ehe am Dienstag (21 Uhr, ARD) Frankreich auf die völlig verunsicherte Mannschaft wartet. Die Verantwortlichen stehen vor einem Dilemma und einem Novum. Erstmals in der 123-jährigen Geschichte des Verbands muss ein Bundestrainer entlassen werden. Die zehn Vorgänger traten von sich aus zurück.

Doch Flick klebt an seinem Stuhl und verdeutlichte nach der Bankrotterklärung gegen Japan, dass er keinen Bezug mehr zur sportlichen Realität hat. „Auch wenn es schwer nachvollziehbar ist, aber wir bereiten uns gut vor. Wir bereiten die Mannschaft auf den Gegner gut vor. Da gibt es nichts dran zu deuteln. Das werden wir auch weiter so machen. Wir sind überzeugt von dem, was wir machen. Deswegen geht es auch so weiter für mich“, sagte er auf der Pressekonferenz.

In der Spitze sahen bis zu 6,97 Millionen Menschen bei RTL die Blamage, die knapp 25.000 Fans im Stadion pfiffen lautstark. Sportdirektor Rudi Völler (63) stellte sich völlig verschwitzt und „schockiert“ den Journalisten. Er wolle eine Nacht über diese Blamage von Wolfsburg schlafen, „wir müssen uns jetzt sammeln“, sagte er. „In drei Tagen spielen wir gegen die beste Mannschaft Europas, das wird natürlich schwierig. Aber wir dürfen uns auch nicht in die Hose machen“.

In Wolfsburg hatte der Bundestrainer 2021 in der Bayern-Kabine seinen überraschenden Abschied vom Rekordmeister verkündet. Nun will er kein zweites Mal von sich aus hinwerfen. „Ich finde, wir machen es gut, und ich bin der richtige Trainer“, sagte er und erntete nur noch Kopfschütteln.

Bernd Neuendorf, Hans-Joachim Watzke und Rudi Völler.

Bernd Neuendorf, Hans-Joachim Watzke und Rudi Völler (v.l.) beim Länderspiel auf der Tribüne. Der DFB-Präsident wird nun auf den Rat seiner Einflüsterer hören.

Das kurzfristig einstudierte System mit Joshua Kimmich (28) als immer wieder ins Mittelfeld rückender Rechtsverteidiger für den Dreier-Aufbau ging nicht auf. Flick schaute lange zu, griff auch nicht ein, als Nico Schlotterbeck (23), der die Position des Linksverteidigers gar nicht kennt, einen Fehler nach dem anderen machte.

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„Sie werden nicht von mir hören, dass ich irgendeinen Spieler anprangere. Das sind Dinge, die wir intern besprechen“, sagte Flick und verwies im gleichen Atemzug auf den für Schlotterbeck eingewechselten Robin Gosens (29), der prompt das 1:3 verursachte. „Jeder Einzelne, der auf dem Platz war, möchte gegen Frankreich ein anderes Spiel zeigen. Das gibt mir Hoffnung, wir bereiten uns jetzt auf Dienstag vor“, sagte Flick trotzig.

Die Bosse stecken nun in der Zwickmühle. Lassen sie den Bundestrainer diese Begegnung auch noch bestreiten oder ziehen sie vorher die Reißleine, obwohl sie keinen Plan B in der Tasche haben? DFB-Präsident Bernd Neuendorf (62) wollte vorerst nichts sagen. Er wird jetzt die Meinung von seinen Einflüsterern Völler und Hans-Joachim Watzke (64) einholen.