Julian Nagelsmann richtete den Blick nach dem EM-Aus gleich wieder nach vorne, der Frust war dem Bundestrainer dennoch anzumerken. In Spanien regte sich Kritik an seinem Auftreten.
Spanische Presse schießt gegen BundestrainerNagelsmann blickt Richtung WM – als „schlechter Verlierer“?
von Béla Csányi (bc)
Der Traum vom EM-Triumph im eigenen Land ist geplatzt, der Frust nach dem dramatischen Aus im Viertelfinale ist daher auch bei Bundestrainer Julian Nagelsmann (36) gewaltig.
Trotz deutlicher Unzufriedenheit über den nicht gegebenen Elfmeter und der Enttäuschung über den K.o.-Treffer kurz vor Ende der Verlängerung gab sich Nagelsmann als fairer Verlierer, bemühte sich bei allen Interview-Terminen, die Fassung zu wahren.
Julian Nagelsmann blickt Richtung WM – als schlechter Verlierer?
„Das Traurigste ist, dass eine Heim-EM in meiner Karriere wahrscheinlich nicht mehr kommt. Das tut weh und auch, dass man zwei Jahre warten muss, dass man Weltmeister wird, tut auch weh“, sagte der Bundestrainer auf der Pressekonferenz am Freitag (5. Juli 2024).
Nach einer kurzen Pause nach dieser Aussage führte Nagelsmann mit einem Grinsen in Richtung der Journalisten aus. „Die gefällt euch, die Aussage, da werden die Augen groß. Was soll ich sagen, dass wir in der Vorrunde ausscheiden? Natürlich wollen wir Weltmeister werden, das will jede Mannschaft, die teilnimmt in der Quali“, sagte der Bundestrainer.
In Spanien wurde der gefasste Auftritt des Bundestrainers allerdings durchaus kritisch gesehen. Die Tageszeitung „Marca“, Spaniens populärstes Sport-Blatt, betitelte den Bundestrainer auf ihrer Website als „schlechten Verlierer“.
Er habe sich über das Auftreten der spanischen Auswahl und das nicht gepfiffene Handspiel von Marc Cucurella (25) ausgelassen. Auch das Online-Blatt „OK Diario“ titelte: „Nagelsmann kann nicht verlieren.“
Nagelsmann sei es schwergefallen, auf der Pressekonferenz zum Spiel die obligatorische Gratulation an Spanien auszusprechen, hieß es im „Marca“-Artikel, der zudem das Verlängerungs-Fazit des Bundestrainers aufgriff. „In der Verlängerung waren es mit Ausnahme der ersten fünf Minuten der zweiten Halbzeit fast nur wir, die wirklich gewinnen wollten“, hatte Nagelsmann erklärt.
Ob bereits diese Aussage ihm das Attribut des schlechten Verlierers eingebrockt haben sollte, blieb allerdings offen. Eine weitere Einordnung fand im weiteren Verlauf des Textes nicht mehr statt.
Julian Nagelsmann beklagt Schiri-Vorteile für Spanien
Bei MagentaTV hatte Nagelsmann sich im Interview eher über die Spielleitung beschwert und geklagt: „Der Schiedsrichter hat auch ein bisschen für Spanien gepfiffen.“ Explizite Vorwürfe in Richtung des Gegners waren allerdings auch dort nicht zu vernehmen. Und auch betrogen habe er sich nicht gefühlt, betonte der Bundestrainer auf Nachfrage bei der Pressekonferenz.
Schon für seinen nächsten Kader kündigte Nagelsmann derweil personelle Veränderungen an – ohne Namen zu nennen. „Wir haben schon einen Kader, der nicht extrem jung ist. Wir werden uns in Ruhe Gedanken machen, was für die Nations League das Richtige ist“, sagte der Bundestrainer.
Bislang hat nur Toni Kroos (34) aus dem aktuellen EM-Kader seine Karriere beendet. Weitere Routiniers wie Torwart Manuel Neuer (38) oder der dritte Rio-Weltmeister im EM-Aufgebot Thomas Müller (34) haben noch keine endgültige Entscheidung über die Fortsetzung ihrer Karriere im Nationalteam getroffen. (mit dpa)