Klare Uefa-Warnung„Niemals ein Elfmeter“: Darum wurde das Spanien-Handspiel nicht gepfiffen

Julian Nagelsmann ist sauer, die Fans entsetzt: Das vermeintliche Handspiel das Spaniers Marc Cucurella in der Verlängerung sorgt für große Diskussionen.

Der große Viertelfinal-Aufreger begleitete die deutsche Nationalmannschaft und Millionen Fans auch durch die schwere Nacht nach dem bitteren EM-Aus.

Wer das DFB-Spiel gegen Spanien (1:2) am Freitag (5. Juli 2024) verfolgt hatte, konnte gar nicht anders, als die Szene aus der 106. Minute ein ums andere Mal hin und her zu wälzen, um eine Erklärung für den ausgebliebenen Elfmeter-Pfiff nach dem klaren Hand-Kontakt von Marc Cucurella (25) im eigenen Strafraum zu finden.

Klare Meinungen zur Hand-Szene beim deutschen EM-Aus

„Der Schiedsrichter hat auch ein bisschen für Spanien gepfiffen“, kritisierte Bundestrainer Julian Nagelsmann (36) nach dem 1:2 nach Verlängerung bei MagentaTV: „Wenn Jamal Musiala den Ball in die Stuttgarter Innenstadt schießt und Cucurella berührt ihn, würde ich nie einen Elfmeter haben wollen.“

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Der Ball komme aber „aufs Tor und er stoppt ihn klar mit der Hand“. Es gebe „50 Roboter, die uns Kaffees bringen, da muss es doch auch eine KI geben, die berechnet, wo der Ball hinkommt.“

In diese Richtung hatte sich auch Deutschlands Experten-Riege geäußert. Egal ob Bastian Schweinsteiger (39), Michael Ballack (47), Thomas Hitzlsperger (42) oder Christoph Kramer (33) und Per Mertesacker (39). Sie alle konnten nicht glauben, dass die Pfeife von Schiedsrichter Anthony Taylor (45) stumm geblieben war.

Der Video Assistant Referee (VAR) hatte nicht eingegriffen. Offen blieb auch, ob Niclas Füllkrug (31) oder Florian Wirtz (21) in der Szene womöglich im Abseits standen. Die österreichische „Kronen-Zeitung“ fragte dennoch, ob Deutschland „ein Elfmeter gestohlen“ worden sei. Die italienische Tuttosport schrieb von einem „sensationellen Fehler“ des Schiedsrichters.

Musialas Schuss sei „sehr gut gewesen, der geht wahrscheinlich sogar rein, und die Hand ist weit weggestreckt“, sagte Nagelsmann. Joshua Kimmich (29) schloss sich der Bewertung an. „Wenn der Ball ansonsten ins Tor geht, ist es für mich ein Handspiel“, sagte der Münchner, der von einem „Vorteil für Spanien“ sprach.

Was Thomas Müller (34) sagte, beschäftigte auch die vielen Experten: „Die Handspielregel ist ein verzwicktes Luder.“

Schiri-Experte bewertet Hand-Szene – Schiri-Boss erklärte Uefa-Sicht

Patrick Ittrich (45) bemühte sich um eine objektive Sicht. „Die Entscheidung wird so oder so nicht zurückgenommen, egal, ob er ihn gibt oder nicht. Ich bin aber eher bei Handspiel“, sagte der Bundesliga-Schiedsrichter bei Magenta TV.

Ex-Referee Manuel Gräfe (50) attestierte Taylor ein „schwaches Spiel“. Aus seiner Sicht sei es ein „strafbares“ Handspiel gewesen, schrieb Gräfe bei X. Von der Uefa gab es auf SID-Anfrage vorerst keine Stellungnahme.

Eine Verbands-Erklärung, die den Entschluss von Taylor zumindest deckte, gab es dennoch. Im Vorfeld der EM hatte Schiedsrichter-Chef Roberto Rosetti (56) die Teilnehmer-Länder bereits gewarnt, dass es in vergleichbaren Situationen keinen Strafstoß geben werde.

Als Beispiel zeigte er bei einer Präsentation in München unter anderem eine Szene aus einem Champions-League-Spiel von RB Leipzig, die der aus der deutschen EM-Partie nahe kommt. „Das ist niemals ein Elfmeter“, erklärte Rosetti kurz vor dem Turnierstart klar und deutlich über die Szene mit Verteidiger Castello Lukeba (21). Hatten auch Taylor und sein VAR-Team diese Auslegung am Freitagabend im Hinterkopf?

Die Szene sorgte dennoch für erhitzte Gemüter. Laut Regelbuch des International Football Association Boards (IFAB) ist nicht jede Ballberührung eines Spielers mit der Hand ein Vergehen. Sollte aber Absicht oder eine unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche vorliegen, muss der Schiedsrichter auf Strafstoß entscheiden.

So oder so – Nagelsmann war wütend. Er betonte aber auch, dass die Elfmeter-Szene „nicht der Hauptgrund“ gewesen sei, „warum wir nicht weitergekommen sind“. Er wolle „nicht rumjammern“, sagte er, „aber die Bühne nutzen, um dafür zu werben, die Regel im Sinne des Fußballs anzupassen“. (sid)