Mit dem Antritt von Hansi Flick (56) als Bundestrainer sind viele Hoffnungen verbunden – nicht nur bei den Fans. Ein Kommentar zu den Herausforderungen, die der Löw-Nachfolger zu lösen hat.
Kommentar zum Flick-StartZaubern kann auch der Löw-Nachfolger nicht
Frankfurt. Eine Fußball-Nation, die ihr Interesse am Aushängeschild Nationalmannschaft verloren hat. Ein gigantischer Verband, der führungs- und hilflos von einer Krise in die nächste rutscht. Um den deutschen Fußball stand es schon lange nicht mehr so schlimm, wie in diesem Sommer. Ein Kommentar zur Lage.
Nicht nur die beiden zurückliegenden Turnier-Enttäuschungen unter Joachim Löw haben dafür gesorgt, dass die Anhänger vom kollektiven „Schland“-Rausch nach dem WM-Coup 2014 in die totale Gleichgültigkeit ihrer Mannschaft gegenüber gewechselt sind.
Länderspiele sind schon lange nicht mehr das alle Altersgrenzen umspannende Lagerfeuer. Amateur-Fußballer schämen sich für die DFB-Spitze, die diese eigentlich vertreten und repräsentieren muss. Die Aufgabe für Hansi Flick kann kaum größer sein. Der neue Bundestrainer soll sein Team mit Siegen zur WM 2022 führen, die Fans zurückgewinnen und dem kaputten Verband das Image aufpolieren.
Flick hat in seiner Zeit als Bayern-Trainer große Erfolge gefeiert. Aber ein Zauberer ist er auch nicht. Mit kleinen Symbolen und wichtigen Maßnahmen versucht der Löw-Nachfolger ein Fundament für eine neue Lust zu legen. Seine Vorstellung ging nicht in den skandalbelegten DFB-Räumen über die Bühne sondern auf der Baustelle der Akademie. Statt edler Häppchen gab es Fleischkäse und Frikadellen für die Gäste. Ran an die Arbeit und zurück an die Basis lautet die Botschaft.
Auch die ersten Personalentscheidungen stimmen zuversichtlich. Flick holt frische Gesichter zum Team. Andreas Köpke, der vor allem von seinen selbst gewonnenen EM- und WM-Titeln lebte, wird durch Andreas Kronenberg, der in Freiburg erstklassige Arbeit leistet, ersetzt. Mit Mads Buttgereit sollen die auch bei der EM katastrophalen Standardsituationen belebt werden.
Auch unter Hansi Flick bleibt bei der Nationalmannschaft vieles wie früher
Trotz neuer Assistenten bleibt bei der „Mannschaft“ noch vieles wie früher. DFB-Direktor Oliver Bierhoff zieht weiter quasi ohne Gegenwehr die Fäden. Flicks Mitarbeiter tragen fast uniformartige Einheitskleidung. Letztlich sind das alles nur Äußerlichkeiten. Die Begeisterung kann nur auf dem Platz ausgelöst werden. Und da wird Flick möglicherweise auch schnell an seine Grenzen stoßen.
Auch in der Nach-Löw-Ära steht nirgends ein Stürmer mit Tor-Garantie bereit, der nur auf seine Einladung wartet. Auch Flick wird den Mangel an herausragenden Außenverteidigern nicht so schnell beheben können. Die ersten Gegner Liechtenstein, Armenien und Island taugen zudem nicht dazu, die Fußball-Nation sofort wieder in den Bann zu ziehen.
Sieben Jahre nach seinem Rücktritt als Co-Trainer des Weltmeister-Teams hat Flick viel zu tun. Sein schwacher Trost: Enttäuschender als in den vergangenen Jahren kann es kaum mehr werden – weder für die DFB-Auswahl noch für den Verband.