Schon 66 Kilo runterCallis neues Leben nach der Magen-Verkleinerung
Köln – Wenn Reiner Calmund (71) das Café Reichard im Schatten des Kölner Doms betritt, weiß die Belegschaft, was er möchte: eine Extrawurst. Denn geteilte Pfannkuchen, zur Hälfte mit Blaubeeren und zur Hälfte mit Äpfeln belegt, stehen nicht auf der Karte. Aber Calli bekommt die Halb-und-Halb-Version immer ohne Diskussionen serviert.
Doch diesmal gibt es einen kleinen Unterschied: Reiner Calmund schiebt zwei große Stücke des Pfannkuchens seiner Begleitung auf einen Teller. Auf die Idee wäre er früher nie gekommen. Aber aus dem XXL-Manager ist ein XL-Manager geworden, was die Leibesfülle betrifft. Schon beim Betreten des Cafés fällt auf, wie „schmal“ der 71-Jährigen geworden ist und mit welch einer neuen Leichtigkeit er sich durch die Stuhlreihen bewegt.
Reiner Calmund verrät aktuelles Gewicht nach Magen-OP
Beim Termin mit EXPRESS zeigte sich Calmund sichtlich erleichtert. „Mir geht es sau wohl. Dieses neue Lebensgefühl ist wie sechs Richtige im Lotto für mich“, sprudelt es aus dem früheren Schwergewicht heraus. „Ich nehme ab ohne zu hungern, habe nichts von meinem Geschmackssinn eingebüßt. Ich esse nur weniger, das Hungergefühl ist schneller weg. Und ich bin noch klarer in der Birne. Ich bin heilfroh, dass ich das gemacht habe“. Im Januar 2020 ließ sich Reiner Calmund in der Offenbacher Sana-Klinik einen Magen-Bypass setzen. 85 Prozent des Magens wurden dadurch abgebunden, die Nahrung „rutscht“ quasi direkt in den Verdauungstrakt.
In den ersten Wochen nach dem Eingriff musste Calmund regelmäßig zur Nachsorge, um feststellen zu lassen, ob sich Nieren- oder Gallensteine gebildet haben. Aber alles lief bestens. „Alle meine Blutwerte sind tipp-top, mein Cholesterin-Wert liegt inzwischen bei 95. Das Beste, mein Innenfett ist geschmolzen wie der Schneemann in der Sonne“. Ende 2019 brachte er 172,8 Kilogramm auf die Waage, aktuell (November 2020) zeigt sie nur noch 106 Kilo an. „Ich kann die 100 Kilogramm erreichen, auch wenn die Pfunde jetzt etwas langsamer purzeln. Aber das Gewicht ist nicht das einzig entscheidende. Ich bin endlich beweglicher, kann längere Strecken gehen. Früher hatte ich nach 50 Metern Schnappatmung.“
Reiner Calmund: 100 Kilogramm sind das Ziel
Diese Momente brachten den „gemütlichen Dicken“ schließlich auch zum Entschluss den Eingriff machen zu lassen. Beim Sommerurlaub im vergangenen Jahr besuchte er mit seiner Tochter Nisha einen Freizeitpark. Darin konnte er sich nur mit einem Elektro-Wagen fortbewegen. Und an Flughäfen wurde er zu den Gates und Maschinen stets in einem Rollstuhl gefahren. Und dann waren da noch die dramatischen Ereignisse bei einer Thailandreise Ende 2018, die im Krankenhaus endete.
„Die haben da festgestellt, dass ich eine Lungenembolie hatte, in beiden Lungen. Auch einen Infarkt. Ich kam auf die Intensivstation. Mein Leben hing am seidenen Faden.“ In den Monaten danach war er auf einen Rollator angewiesen. Mit seiner Fröhlichkeit („Ich habe halt einen Medizinball verschluckt“) überspielte Calmund die Sorgen und auch die Tatsache, dass das Gewicht auf die Gelenke drückte. „Ich habe es mir nicht so anmerken lassen, aber es waren Schmerzen“.
Deshalb war der Entschluss Anfang des Jahres nach einigen Gesprächen mit Top-Medizinern klar. „Mit der Hilfe von Joey Kelly und viel Sport hatte ich mich 2009 ja schon mal auf 130 Kilo runtergekämpft. Aber mehrere Experten haben mir versichert, dass ich in meinen Gewichtsregionen den Jo-Jo-Effekt des Körpers nicht besiegen kann. Das hatte nichts mit fehlender Disziplin zu tun: Selbst wenn ich nach Grönland fliegen würde und dort nur Fisch äße – ich würde trotzdem wieder zunehmen.“
Nun kann der frühere Leverkusen-Zampano im Garten Federball spielen. Selbst den Weiher und den Spielplatz, die nur wenige Meter von seinem Haus entfernt sind, hat er das erste Mal gesehen. Morgens und abends greift er zu den Nahrungsergänzungsmitteln und regelmäßig geht’s auf das Anti-Schwerkraft-Laufband. Darauf kann der 71-Jährige dann 45 Minuten ganz schnell gehen, mit nur 20 Prozent des eigenen Körpergewichts.
Bei „Grill den Henssler“ schmeckt es Calli trotzdem weiterhin
Während das Liga-Leckermäulchen früher gerne stundenlang über das perfekte Stück Fleisch („Picanha! Es gibt nichts Besseres!“) dozieren konnte, sprudeln nun die Fitnesswerte aus ihm heraus: „Ich laufe mit 6,3 km/h, der Puls ist höchstens bei 110“. Dennoch kann er auch die im Moment laufenden Aufzeichnungen der TV-Show „Grill den Henssler“ wieder komplett genießen. Ein Blick auf den Speiseplan eines Tages verdeutlicht, dass der Geschmackssinn noch voll gefordert ist: T-Bone-Steak mit Passionsfrucht und Cognac, Wolfsbarsch in Brottasche, Filet-Roulade mit Spitzkohl, Mango-Mousse-Pfannkuchen – alles verputzt innerhalb weniger Stunden. „Es schmeckt mir alles, ich bin nur wesentlich schneller satt“.
Dass Calli sich nun dünne macht, bringt eher andere Herausforderungen mit sich. Die ersten Schönheitschirurgen haben sich bereits gemeldet und wollen die überschüssigen Hautlappen entfernen. „Da lasse ich aber noch keinen ran“, sagt der 71-Jährige. Und im Kleiderschrank muss ausgemistet werden. Viele Hemden mit Kragenweite 48 passen nicht mehr, die Anzüge ebenfalls nicht mehr.
„Es gab Anfragen von Kindergärten und Schulen, die die Sachen als Malerkittel haben wollen. Arbeitslose haben sich gemeldet, die ein schickes Hemd für ein Vorstellungsgespräch benötigen, und manche Fans wollen einfach noch ein signiertes XXL-Hemd.“ Den Wünschen wird Calli nachgehen, weil er sich schon auf seine neuen Klamotten freut. „Allerdings gibt es wegen Corona noch Lieferengpässe beim Stoff“, sagt er. „Dass nun die eine oder andere Hose etwas rutscht, nehme ich doch gerne in Kauf“.