Dramatische Szenen beim Achtelfinale. Ein Mann kletterte beim EM-Spiel in Dortmund unter das Stadiondach. Die Polizei musste eingreifen. Das Spiel wurde währenddessen fortgesetzt.
Nach SEK-Einsatz im StadionEr ist Wiederholungstäter: 21-Jähriger verrät Grund seiner Dachbesteigung
Als die Regenschlacht von Dortmund abgepfiffen war und die deutschen Spieler nach dem 2:0-Sieg noch ihre Ehrenrunde drehten, herrschte in den Katakomben des Stadions große Hektik.
Mehrere schwarze SUV fuhren vor den Kabinen des Dortmunder Stadions vor. Polizisten in voller Kampfmontur, mit Maschinengewehren bewaffnet, stiegen aus. Das Sondereinsatzkommando (SEK) rückte an.
Polizei holt Mann aus Osnabrück aus Stadiondach-Konstruktion
Erst kurz vor Mitternacht kam die Entwarnung. Ein vermummter Mann war während der Partie am Samstag (29. Juni 2024) mit einem größeren Rucksack unter das Dach des Westfalenstadions geklettert. Die Polizei musste einschreiten und den Mann auf den Streben unterhalb der Dachkonstruktion mit vorgehaltener Waffe überwältigen.
Als die zweite Halbzeit beginnen sollte, wurde Schiedsrichter Michael Oliver von einem UEFA-Mitarbeiter noch einmal an die Seitenlinie gerufen. Danach holte der Unparteiische die Teamkapitäne Ilkay Gündogan und Kasper Schmeichel zu sich und informierte sie über den Zwischenfall, ließ den zweiten Durchgang dann aber ohne Unterbrechung spielen.
Bei dem Kletterer handle es sich um einen 21-Jährigen aus Osnabrück, teilte die Polizei am Sonntagmorgen (30. Juni) mit. Nach ersten Erkenntnissen wollte er, wie bereits an anderen Orten in Deutschland, auf dem Dach des Stadions Fotos aufnehmen. Dafür führte er in einem Rucksack eine Kameraausstattung mit sich. Zu keinem Zeitpunkt bestand für andere Menschen im Stadion eine Gefahr. Die Dortmunder Polizei schließt derzeit eine politische Motivation aus.
Seit Bekanntwerden der Situation im Stadion um 22.11 Uhr habe die Polizei den 21-Jährigen lückenlos beobachten und die Lage jederzeit einschätzen können. Für die Beobachtung setzte die Polizei eigene Kräfte, Drohnen und einen Hubschrauber ein.
„Einsatzkräfte der Polizei näherten sich, um die Person anzusprechen und einen sicheren Rückweg vom Dach zu gewährleisten“, sagte ein Polizeisprecher. Der Mann folgte schließlich den Anweisungen der Polizei und kehrte um 23.44 Uhr auf einen Steg unter dem Dach zurück. Kräfte einer Spezialeinheit nahmen ihn dort fest, fesselten und durchsuchten ihn. Gefährliche Gegenstände führte der Mann nicht mit sich.
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Erste Ermittlungen ergaben, dass der Mann bereits im April 2022 in Herne und im Mai 2024 in Ulm an markanten Gebäuden in großen Höhen Fotos aufnehmen wollte. Wie jetzt auch in Dortmund laufen dazu Strafverfahren. Der Osnabrücker gab in der Vernehmung bei der Kriminalpolizei in der Nacht zu Sonntag an, dass er lediglich „gute Fotos“ habe machen wollen.
Er wurde nach Abschluss der ersten Ermittlungen aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Die Kriminalpolizei ermittelt unter dem Tatvorwurf Hausfriedensbruch.
Der Vorfall wirft auf jeden Fall Fragen zum Sicherheitskonzept der EM auf. Immer wieder war es in den vergangenen Tagen zu Zwischenfällen gekommen, als Zuschauer auf den Rasen gelangt waren, um mit den Spielern ein Foto zu machen. Zudem hatte sich beim Eröffnungsspiel ein YouTuber als EM-Maskottchen auf den Platz geschlichen.
Wie kam der Mann mit dem großen Rucksack überhaupt ins Stadion?
Unklar ist, wie der Mann überhaupt in den Bereich unter dem Dach gelangen konnte. Der Zugang ist im Regelfall gesperrt. Die begehbaren Plattformen unter dem Dach dienen etwa der Wartung der technischen Ausstattung des Stadions. Offen ist auch, wie der Mann mit einem großen Rucksack in den Innenraum gelangte, normalerweise ist der Eintritt damit nicht erlaubt.
Die Europäische Fußball-Union UEFA verwies am Sonntagmorgen auf die Mitteilung der Polizei. „Wir haben keinen weiteren Kommentar“, teilte der Dachverband lediglich mit. Die Dortmunder Polizei sagte, dass zu der Frage nach Konsequenzen weitere Gespräche mit der UEFA erforderlich seien.