Präsident und Trainer weg – doch das reicht den spanischen Fußballerinnen nicht.
Trotz Rubiales-RücktrittSpaniens Fußballerinnen bleiben hart – jetzt gerät Olympia in Gefahr
Knallharter Boykott statt sofortige Rückkehr: Die spanischen Weltmeisterinnen zünden im Streit mit dem eigenen Verband die nächste Eskalationsstufe.
Trotz des Rücktritts von Präsident Luis Rubiales (46) und der Entlassung von Trainer Jorge Vilda (42) geht der Streik nach dem Kuss-Skandal weiter. 21 der 23 Heldinnen von Sydney sagten für die kommenden Spiele der Nations League ab – und bringen Montse Tome (41) gleich bei der Premiere in Not.
Spielerinnen fordern weitere Entlassungen im Verband
„Wie wir dem Verband heute mitgeteilt haben, reichen die eingeführten Änderungen nicht aus, um den Spielerinnen das Gefühl zu geben, an einem sicheren Ort zu sein, an dem Frauen respektiert werden, der Frauenfußball unterstützt wird und wir unsere maximale Leistung erbringen können“, heißt es in einem offenen Brief der Spielerinnen.
Tome wurde erst wenige Stunden vor ihrer ersten Nominierung über die zahlreichen Absagen informiert und muss nun einen Plan B basteln. Die neue Nationaltrainerin hatte eigentlich am Freitag (15. September 2023) ihren Kader für die Partien am 22. und 26. September nominieren wollen. Der spanische Verband RFEF verschob die Bekanntgabe aber auf einen späteren Zeitpunkt.
Denn den Weltmeisterinnen gehen die Veränderungen im Verband RFEF offenbar noch nicht weit genug. Laut „Mundo Deportivo“ sollen sie auch Entlassungen von Generalsekretär Andreu Camps, Miguel Garcia Caba, Leiter der Abteilung für Integrität, sowie einigen Mitarbeitern der Presseabteilung fordern.
Am späten Donnerstagabend (14. September) sollen sich die Weltmeisterinnen bei einem Treffen mit der Gewerkschaft FUTPRO auf den Boykott der Partien gegen Schweden und die Schweiz verständigt haben, bereits am 25. August waren 81 Spielerinnen offiziell in den Streik getreten. Eine Rückkehr streben sie offenbar erst dann an, wenn alle Überbleibsel entfernt wurden, die aus ihrer Sicht dem Frauenfußball geschadet haben.
Damit gehen sie das Risiko ein, ihre Olympiateilnahme in Paris 2024 ernsthaft zu gefährden. Die beiden europäischen Startplätze werden schließlich über die Nations League ausgespielt. Ob eine C-Elf für den zwingend erforderlichen Gruppensieg ausreicht? Mehr als fraglich. Schweden (Halbfinale) und die Schweiz (Achtelfinale) sinnen nach ihrem Aus gegen die Spanierinnen bei der WM nach Revanche.
Doch sportliche Pleiten nehmen die Spielerinnen in Kauf, ihnen geht es nach dem übergriffigen Kuss des mittlerweile zurückgetretenen Verbandschefs Luis Rubiales auf den Mund von Jennifer Hermoso (33) um ein klares Zeichen. Ein nachhaltiger Wandel soll her.
Rubiales musste sich am Freitag wegen des Vorwurfs der sexuellen Gewalt vor Gericht verantworten. Der Ex-Präsident erschien am späten Vormittag im Nationalen Gerichtshof von Spanien in Madrid. Er muss sich in Zukunft Hermoso fernhalten. Rubiales darf sich der Nationalspielerin nur noch bis auf 200 Meter nähern.
Trainer Vilda war im Zuge des Kuss-Skandals in der Vorwoche entlassen worden. Der Ex-Coach galt bereits vor dem WM-Titelgewinn in Australien und Neuseeland als umstritten sowie als enger Verbündeter von Rubiales. 15 Spielerinnen waren im September 2022 gegen Vilda in den Streik getreten, um gegen die Methoden des Trainers zu protestieren. Der Verband hielt dennoch an ihm fest – bis der Druck im Zuge des Rubiales-Skandals zu groß wurde. Die einstige Barca-Spielerin Tome muss nun als Nachfolgerin einen Scherbenhaufen zusammenkehren. (sid)