Das Tabakprodukt Snus ist im Fußball stark verbreitet. Zahlreiche Spieler sollen es aufgrund der berauschenden Wirkung nehmen, verboten ist es bislang nicht. Auch BVB-Topstar Mats Hummels erzählt von seinen Erfahrungen.
„Wirkt wie ein Dopingmittel“Diese „Trenddroge“ berauscht die Top-Ligen: Auch Weltstars greifen zu
Schon seit einigen Jahren zeigen sich Profifußballer mit einer eher unbekannten „Trenddroge“. Die Rede ist von Snus. Seinen Ursprung hat das nasse, pulverisierte Tabakerzeugnis in Schweden und Norwegen. Dort wird es seit mehr als 200 Jahren konsumiert.
Mit dem Zustrom skandinavischer Spieler in die europäischen Top-Ligen wurde auch Snus ein Thema in den Fußballer-Kabinen. Absolute Weltstars wie Zlatan Ibrahimovic (42) oder Jamie Vardy (37) sollen Snus konsumiert haben.
Ein Viertel aller Bundesligaspieler sollen Snus nehmen
Die „Trenddroge“, die gerade im Sport und im Profifußball angesagt ist, soll die Konzentrationsfähigkeit und die Leistungssteigerung erhöhen.
Für gewöhnlich wird der Beutel unter die Oberlippe gesteckt und gegen das Zahnfleisch gedrückt. Dabei wird das Nikotin freigesetzt und gelangt über die Mundschleimhaut direkt in den Blutkreislauf.
Verboten ist das bislang nicht. Der Verkauf in Deutschland ist illegal, der Konsum aber erlaubt. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hat Snus aber auf die Beobachtungsliste gesetzt. Im Sport ist die Verwendung durchaus verbreitet. Gerade auch im Fußball. Doch was bringt die Einnahme im Leistungssport?
Snus hat eine aufputschende Wirkung, kann aber auch zur Entspannung und einer verbesserten Verdauung führen. Viele Sportler berichten, dass aber gerade der mentale Effekt von Vorteil ist. Sie fühlen sich mental fokussierter und ihre physische Ausdauer während langer und anspruchsvoller Spielen sei stark verbessert.
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Ein Spieler der Regionalliga Nord nahm kein Blatt vor den Mund, sagte einmal zur Wirkung: „Ich habe mir das vorm Training reingefetzt. Mein Zahnfleisch hat wie Hölle gebrannt. Schon beim Schuhanziehen in der Kabine habe ich gezittert. Beim Aufwärmen war mir dann richtig schlecht, ich dachte, ich muss kotzen. Ich hatte Schweißausbrüche. Der Überlebenskampf war aktiviert. Als der aber vorbei war, habe ich richtig heftig gespielt.“
Auch in der Fußball-Bundesliga soll Snus in der Kabinenkultur ein Thema sein. Als wohl erster Spieler ist Marcel Thomas (31) zu nennen. Thomas spielte von 2011 bis 2013 in der zweiten Mannschaft des VfL Bochum.
Wie weit ist Snus im Fußball verbreitet?
In einem Interview 2018 sagte er: „Die Schweden nehmen Snus so, wie die Deutschen Bier trinken.“ Thomas habe das vermeintliche Wundermittel damals von einem skandinavischen Bundesligaspieler angeboten bekommen. Seitdem nahm er es regelmäßig.
Über die Verbreitung in Deutschland sagte er damals: „Ich würde behaupten, dass kein einziger Bayern-Profi Snus nimmt. Das machen eher Spieler aus den unteren Ligen.“
Doch auch zu der Zeit gab es schon Gerüchte um eine viel stärkere Verbreitung der „Trenddroge“. In einem anonymen Interview sagte ein Spieler des SC Freiburg gegenüber dem NDR 2018, dass ein Viertel aller Bundesligaspieler zum schwedischen Lutschtabak greife. Tendenz steigend.
Bereits 2015 war ein Bild der BVB-Stars Marco Reus (34) und Adnan Januzaj (29) im Flieger zu sehen. Vor Reus lag eine Dose Thunder, ein bekannter Hersteller von Snus.
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Bei der WM 2022 veröffentlichte auch Karim Benzema (36) ein Bild aus dem Flieger, auf dem er und seine Team-Kollegen Raphael Varane (30) und der Ex-Gladbacher Marcus Thuram (26) zu sehen waren.
Doch bei genauem Hinsehen konnte man in der Hand von Thuram eine Dose Snus sehen. Diese wollte der ehemalige Gladbacher eigentlich verstecken. Sein gepostetes Bild verdeckte die Dose mit einem Emoji. Bei Benzema hingegen war das Emoji nicht zu sehen und die Snus-Dose klar erkennbar.
Aber auch Benzema selbst wurde bei einem Champions League-Spiel dabei gesehen, wie er auf der Ersatzbank Snus konsumierte. Dennoch gehen die allermeisten Spieler in der Öffentlichkeit verhalten mit den kleinen Döschen um.
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Geredet wird über die sich immer stärker verbreiteten Konsum nicht. Schließlich gilt Snus als gesundheitsschädlich, hat ein hohes Sucht-Risiko und soll krebserregend sein. Auch Thomas gab zu: „Ich war richtig süchtig danach.“
Der Doping-Experte Fritz Sörgel erklärte in einem Interview mit der „Bild“: „Es wirkt wie ein Dopingmittel, aber es ist nicht auf der Verbotsliste. Chemisch gesehen gehört Nikotin zu den sogenannten Alkaloiden, zu denen auch Kokain gehört. Diese Stoffe können über die Nase oder die Mundschleimhaut gut und schnell ins Blut gelangen. Bei einer schnellen Aufnahme ins Blut wirkt der Stoff auch besonders gut.“
Immer wieder sieht man vereinzelte Spieler im Zusammenhang mit Snus. Werder-Profi Marvin Ducksch (30) zeigte sich im Februar 2024 mit einer ganzen Ladung Snus-Dosen unterm Arm.
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Der Konsum bei den Spielern ist also auch heutzutage immer noch stark verbreitet. Mögliche Konsequenzen durch die Einnahme werden wohl in Kauf genommen.
Solange die Wada den Konsum aber nicht als Doping deklariert, werden die leistungsfördernden Chancen weiter ausgeschöpft. Mittlerweile gehört Snus bei den allermeisten Nutzern schon zur Normalität. Gesehen werden wollen sie aber lieber nicht.
Hummels beichtet Snus-Experiment – Ex-Profi berichtet von Sucht
Mit Mats Hummels (35) äußerte sich Anfang April 2024 ein weiterer aktiver Profi zu der Snus-Thematik. Im Twitch-Stream mit Marcel Eris (36, bekannt als MontanaBlack88) sagte der Weltmeister von 2014 Anfang April auf die Frage, ob Snus erlaubt wäre: „Das ist erlaubt, ja. Ich habe es zweimal in meinem Leben genommen. Ich weiß nicht, wie man das machen kann. Ich habe es probiert, ich bin schockiert, dass man sich das freiwillig antut, aber jeder soll machen, was er will, muss ich sagen.“
Über die Wirkung sagte der Abwehr-Routinier: „Mir ging es wirklich nicht gut, aber beim ersten Mal habe ich beim klassischen ‚Fli-Fla-Flu‘ (Schere-Stein-Papier) verloren, dass ich es probieren musste und da habe ich so Kopfschmerzen bekommen. Und beim zweite Mal war es noch schlimmer“, erklärte Hummels.
Wo er mit Snus in Kontakt gekommen ist, verriet der BVB-Star nicht. Dass die Einnahme durch ein simples Spiel entschieden wurde, zeigt aber die Normalität, die Snus für manche offenbar längst hat.
Vor wenigen Woche äußerte sich auch der ehemalige Fußball-Profi Sidney Friede (25), der unter anderem bei Hertha BSC gespielt hat, in einem YouTube-Video zu der Thematik. Er sagte: „Snus ist so ein Thema, was bei Fußballern sehr verbreitet ist. Gefühlt die Hälfte nimmt Snus.“
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Außerdem erklärte Friede, der mittlerweile als Influencer und Unternehmer tätig ist, dass er seit Profi-Zeiten über sechs Jahre abhängig gewesen sei. Seinen ersten Kontakt mit Snus hatte er demnach in der Hertha-Kabine bei den Profis.
Der Sportwissenschaftler Ingo Froböse (67) würde sich einen anderen Umgang mit dem Thema wünschen. In einem Interview mit der „Zeit“ sagte er: „Ich hoffe, dass Snus verboten wird. Es ist gesundheitsschädlich. Das wäre auch in pädagogischer Hinsicht ein wichtiges Signal.“