Wegen OhrfeigeBoateng: „Ballack kein Stück besser als Podolski”

Ein Tritt mit Folgen: Michael Ballacks WM-Traum ist gestorben. Übeltäter Kevin-Prince Boateng ist unter Beschuss.

Berlin – Kevin Boateng pflegte auch vier Tage nach seinem folgenschweren Foul gegen DFB-Kapitän Michael Ballack sein Rüpel-Image, Halbbruder Jerome Boateng konnte sich deshalb im fernen Sizilien nur noch schämen.

„Ich habe mich deshalb auch schon beim Gespräch mit Michael unheimlich unwohl gefühlt. Als ich das Foul im Fernsehen gesehen, sah es schon richtig böse aus. Da war kein Ball in der Nähe. Kevin hat ohnehin schon keinen guten Ruf. Und jetzt das“, sagte Jerome Boateng am Mittwoch im Trainingslager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft auf Sizilien.

Nach seiner Ankunft im DFB-Trainingslager am Montag hatte Ballack sofort das Gespräch mit Jerome Boateng gesucht. „Ich habe Michael erklärt, dass mir das unheimlich leid tut. Er hat mir gesagt, dass ich damit überhaupt nichts zu tun habe und die Mannschaft mich braucht“, sagte der Verteidiger vom Hamburger SV, der am Montag mehrere SMS mit seinem Bruder ausgetauscht hatte: „Da hat er mir noch gesagt, dass es ihm leid tut.“

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Zwei Tage später hatte es sich Kevin Boateng aber offenbar wieder anders überlegt. Der Mittelfeldspieler vom FC Portsmouth zeigte auch noch am Mittwoch nur wenig Einsehen gezeigt und holte zum Rundumschlag gegen Ballack, Bundestrainer Jogi Löw und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) aus. Ballack habe ihm vor dem Foul im FA-Cup-Finale eine Ohrfeige gegeben, die keiner beachtet habe. „Von ihm habe ich nichts dazu gehört“, sagte Boateng der Sport Bild.

„Ich denke, eine Tätlichkeit ist schlimmer als ein Foul aus dem Spiel heraus“, sagte Boateng und machte Ballack schwere Vorwürfe. „Ich muss mich doch sehr über Ballack wundern. Er beschwert sich wochenlang über Podolski, dass er ihn geohrfeigt hat. Nun macht er es selber. Er ist so kein Stück besser als Podolski.“

Boateng hatte Ballack im FA-Cup-Finale gegen den FC Chelsea (0: 1) am Samstag so stark gefoult, dass der deutsche Kapitän seine Teilnahme an der WM in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli) wegen einer Sprunggelenkverletzung absagen musste.

Dass Jerome Boateng die Situation in der WM-Vorbereitung beeinträchtigen könnte, glaubt Nationalkeeper Manuel Neuer indes nicht: „Er ist ja nicht sein richtiger Bruder und auch kein Freund, deshalb wird das Jerome nicht belasten“, sagte Neuer ganz unverblümt.

Auch gegen den DFB erhob Boateng schwere Vorwürfe, da Ballacks Ohrfeige dort niemand interessiere. „Hätte ich beim DFB so etwas gemacht, wäre ich fristlos geflogen. Bei ihm wird noch nicht einmal darüber geredet. Unfassbar, wie da beurteilt wird“, sagte der frühere Spieler von Hertha BSC Berlin und Borussia Dortmund.

Auch die Forderung von Löw, dass er wegen des Fouls an Ballack eine Rote Karte hätte erhalten müssen, ärgerte den gebürtigen Berliner. „Wenn ich das höre, sehe ich, wie mit zweierlei Maß gemessen wird.“

Dem DFB warf er vor, von ihm ein Bild des Rüpels zu zeichnen. Im Gegensatz zu seinem Bruder Jerome hatte sich Kevin Boateng vor einigen Monaten entschieden, für Ghanas und nicht für die deutsche Nationalmannschaft zu spielen. „Da tun einige Funktionäre in Deutschland leider ihr Übriges hinzu, wenn sie behaupten, Jerome sei der nette Bruder und ich der böse. Das ist ein Witz! Auch deswegen bin ich nach Ghana gewechselt. Dieses Klischee-Denken halte ich für überholt“, sagte Boateng.

Derweil hat sich Ghanas Fußball-Verbands-Chef Kwesi Nyantakyi für das grobe Foul von Boateng an Ballack entschuldigt. Ghanas Teammanager Anthony Baffoe sagte dem Kölner Express im Namen des Verbands-Präsidenten: „Es tut uns sehr leid, dass Michael Ballack an der WM nicht teilnehmen kann. Er hat in Ghana einen großen Namen. Wir wünschen ihm alles Gute und hoffen, dass er baldmöglichst wieder spielen kann.“