In der chinesischen Hauptstadt Peking laufen die paralympischen Winterspiele. Neben einem guten Auftakt für das Team Deutschland erreichte Linn Kazmaier sogar historisches.
„Ein Naturtalent“Paralympics 2022: Team Deutschland holt beim Traumstart historische Medaille
Die erwartete Medaille der Fahnenträgerin, eine silberne Sensation des Kükens – und dazu noch zwei weitere Überraschungen: Dem deutschen Team ist bei den Paralympics in Peking ein unerwarteter Traumstart gelungen.
Monoskifahrerin Anna-Lena Forster (26) lieferte mit Silber in ihrer vermeintlich schwächsten Disziplin die Vorlage, ehe im Biathlon die erst 15 Jahre alte Linn Kazmaier (15) und Marco Maier (22) ebenfalls mit zweiten Plätzen sowie Leonie Walter (18) mit Bronze furios nachlegten.
Paralympics 2022: 15-Jährige schreibt Geschichte
Für Leonie Walter, Linn Kazmaier und Marco Maier ein ganz besonderer Erfolg: Sie sind zum ersten Mal bei den Paralympics dabei und sammeln bei ihrem Debüt gleich Medaillen.
Im Fall von Linn Kazmaier ist die Silbermedaille sogar historisch. Die Biathletin ist mit 15 Jahren und 4 Monaten die jüngste deutsche Medaillengewinnerin bei Winterspielen. Lediglich Schwimmerin Yvonne Hopf war bei ihren Medaillen bei Olympia 1992 in Barcelona mit 14 Jahren aus deutscher Sicht bei Paralympics jünger.
Sie habe schon von Edelmetall „geträumt“, sagte Kazmaier. „Aber nicht, dass es jetzt klappt, sondern irgendwann mal mit 20 oder so. Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet.“ Dabei zeichnete sich ihr enormes Potenzial schon länger ab.
Wegen einer angeborenen Zapfendystrophie und einem Nystagmus sieht Kazmaier nur verschwommene, wackelnde Bilder. Ständig muss sie Sonnenbrille tragen, sonst wirkt alles, als starre sie auf einen Gletscher in der Sonne.
DBS-Präsident Beucher: „Ein Naturtalent“
Selbst Friedhelm Julius Beucher (75), dem so erfahrenen und wortgewandten Präsidenten des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), der schier schon alles erlebt hat, gingen bei dieser historischen Leistung fast die Superlative aus. „Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein“, sagte der 75-Jährige: „Was steckt in diesem Mädchen für eine Kraft, ein Wille und auch ein Naturtalent. Ich bin entzückt.“
Ein Schnupperkurs am Notschrei im Jahr 2015 entfachte ihre Liebe für den nordischen Sport. „Ich weiß noch, dass ich die ganzen zweieinhalb Stunden Heimfahrt durchgequasselt habe, so begeistert war ich“, erzählt sie rückblickend. Schon bei der WM im Lillehammer war die Schülerin als Sechste gleich zweimal beste Nicht-Russin. Nach deren Ausschluss wegen des Angriffskrieges in der Ukraine packte sie ihre Chance beim Schopf.
„Ich freue mich total, aber ich kann es noch nicht so richtig glauben“, sagte Kazmaier. Ohne den einen Schießfehler hätte bei minus 10 Grad und böigem Wind sogar Gold gewunken. Das kann der etwas schüchterne Teenager in den verbleibenden Wettkämpfen im Skilanglauf und Biathlon ja noch nachholen - überraschen würde das nun niemanden mehr.
Nach dem deutschen Traumstart ist der Grundstein für erfolgreiche Paralympics gelegt. Und vielleicht bescheren uns die Athletinnen und Athleten sogar weitere Rekorde. (sid/sto)