„Weil ich gewisse Sachen nicht akzeptiere“Hannawald redet sich bei Live-Übertragung Frust von der Seele

Sven Hannawald als Experten an der Schanze.

Sven Hannawald, hier am 31. Dezember 2024 als Experte bei der Vierschanzentournee, ist zunehmend frustriert über die Zustände im Skispringen.

Bei der Ski-WM in Trondheim drückte nicht nur das Regenwetter auf die Stimmung beim Mixed-Wettbewerb, sondern auch Sven Hannawald.

von Antje Rehse  (are)

Diese Diskussion wird das Skispringen nicht so schnell los. Immer wieder geht es auch bei der WM in Trondheim um die Weite der Anzüge. Sven Hannawald (50) war bei der Live-Übertragung des Mixed-Wettbewerbs am Mittwoch (5. März 2025) hörbar frustriert.

Beim viel zu kurzen Sprung der Italienerin Lara Malsiner (24) brach es aus ihm heraus. „Wenn ich den Anzug sehe, kann sie keine Chance haben“, sagte Hannawald als Co-Kommentator in der ARD. Auf Nachfrage von Tom Bartels (59) erläuterte er: „Einfach zu wenig Fläche. Das ist knall eng, auch vom Schrittmaß, was ja bei uns so wichtig ist.“

Hannawald: „Ich möchte jetzt nicht die Stimmung dämpfen, aber es arbeitet in mir“

Der ehemalige Vierschanzentournee-Sieger ging ins Detail, erklärte, welche Vorteile ein weiterer Anzug schon beim Absprung bringt: „Wenn du dann eine Anna Godine Ström (norwegische Weltklassespringerin, Anm. d. Red.) siehst, wo da der Schritt hängt ... Wenn du die Fläche hast, kannst du so nach vorne rausspringen. Das fängt dich auf, du nimmst voll Geschwindigkeit mit.“

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Wenn Malsiner das ähnlich gemacht hätte, „würde sie gefühlt einen Vorwärtssalto machen. Da sind dir die Hände gebunden. Und das sind die Fragezeichen, die ich aktuell mit mir rumschleppe. Wo es mir extrem schwerfällt, gewisse Dinge zu akzeptieren und einfach ruhig zu bleiben, weil ich es einfach nicht verstehe.“

Hannawald schloss zunächst ernüchtert ab: „Aber am Ende ist es eine Weltmeisterschaft und es gibt Platz eins, zwei, drei.“

Danach folgte erst einmal ein langes Schweigen, das Bartels schließlich brach. „Tja gut, das ...“, setzte er an. Der Kommentator wurde aber von seinem Experten unterbrochen, in dem es immer noch rumorte: „Ich möchte jetzt auch nicht die Stimmung dämpfen, aber es arbeitet in mir. Man merkt es mir wahrscheinlich dann auch an, weil ich gewisse Sachen einfach nicht akzeptiere.“

Das sei Hannawald in der Tat anzumerken, bestätigte Bartels, der Verständnis für den Frust seines Nebenmanns in der Kommentatoren-Kabine zeigte. „Da kommt ja dann noch dazu, dass der deutschen Mannschaft unterstellt wird, dass Karl Geigers Anzug auch nicht in Ordnung ist von der polnischen Seite.“

Das polnische Portal „sport.pl“ hatte Geigers Anzug nach dessen viertem Platz von der Normalschanze als „monströs“ bezeichnet und von einem „Witz-Wettkampf“ gesprochen. Auch Polens Skisprung-Legende Adam Malysz (47), inzwischen Präsident des polnischen Skiverbands, zeigte sich in der Zeitung „Przeglad Sportowy“ empört: „Entweder haben wir immer noch Schlupflöcher im Reglement und einige Leute wissen, wie man die Regeln umgeht, oder ich weiß einfach nicht, was hier los ist.“

Bundestrainer Stefan Horngacher (55) hatte für die Vorwürfe am ARD-Mikro nur ein müdes Lächeln übrig: „Die Leute schauen auf die falschen Dinge. Sie hätten besser geschaut, wie Karl Geiger vom Schanzentisch weggesprungen ist. Das war ausgezeichnet. Deshalb stört uns das überhaupt nicht.“

Hannawald stören die Diskussionen und vor allem die unterschiedlichen Voraussetzungen aber sehr wohl. „Wir drehen uns im Kreis, aber da ist egal, weil alles vogelwild ist“, so Hannawald. „Stoff ist Stoff, aber am Ende des Tages gibt es Unterschiede und die sind sichtbar.“