Das 17. Amphi-Festival wurde wieder zum großen Familientreffen der Gothic- und Dark Wave-Szene. Über 40 Bands spielten auf den Bühnen am Tanzbrunnen.
Amphi-FestivalSchriller Szene-Treff am Tanzbrunnen: Top-Band völlig aus dem Häuschen
„Das ist fantastisch, überragend. Können wir bitte, bitte im nächsten Jahr wiederkommen? Oder morgen gleich?“ Andy McCluskey (64), Sänger der britischen Band Orchestral Manoeuvres in the Dark (OMD), war komplett aus dem Häuschen nach dem umjubelten Konzert seiner Band.
Die Synthiepop-Größen bildeten am Sonntagabend (30. Juli 2023) mit ihrem Auftritt den krönenden Schlusspunkt des 17. Amphi-Festivals. Mit 16 feinsten New-Wave-Perlen von „Electricity“ über „Maid of Orleans“ bis zu „Enola Gay“ räumten OMD im strömenden Regen zum Finale noch einmal richtig ab.
Amphi-Festival: OMD räumten zum Finale noch einmal mächtig ab
Selbst bei extremen Pop-Nummern wie „Pandora's Box“ oder „Sailing on the Seven Seas“ sangen die Fans der Gothic- und Dark-Wave-Szene begeistert mit. Schwarz. Überall nur Schwarz. Wer sich am Wochenende in die Nähe des Tanzbrunnen-Geländes verirrt hat, wird das Treiben dort etwas verstört beobachtet haben.
Über 40 Bands waren auf den drei Bühnen zu erleben, doch in erster Linie ging es beim „Familientreffen“ der schwarzen Szene um ein Schaulaufen. Aufwendige Kostüme und Outfits, so weit das Auge reichte. Zwar alle düster, doch enorm vielfältig: Lack und Leder, Piercings und Tattoos, wilde Frisur- und Bartkreationen, schwere Stiefel, kurze Röcke, Strapse, Ketten, Stachel, Masken.
Amphi-Festival: KD-Schiff konnte dank des Regens doch am Ufer liegen
Wer da in Jeans und Sneakern auftauchte, fühlte sich sofort als Exot. Ein Besucher hatte beim Make-up derart täuschend echt künstliches Blut aufgetragen, dass man beim Vorbeigehen schon Übles befürchten musste. Dass sich Paare an einer Leine durch die Menge begleiten, ist auch völlig normal.
Die Gothic-Szene ist relativ eng mit der Fetisch-Szene verbunden. 12.500 Fans waren am Start und sorgten so mit ihren kreativen Looks für eine Art Christopher Street Day in Schwarz. „In der Szene ist man offen gegenüber jedem Geschlecht. Man darf alles sein und muss keiner Körper-Norm entsprechen“, sagt Ina.
Denn eine Haltung zeichnet die Szene vor allem aus: Schwarz bei den Klamotten, aber bunt im Herzen. „Die Amphi-Familie zeichnet sich durch eine generationenüberspannende, friedliche Atmosphäre aus“, sagte der Festival-Sprecher zu EXPRESS.de. „Untereinander entsteht so ein großer Zusammenhalt.“ Für die meisten ist die Gothic-Szene eine Lebenseinstellung.
Bis kurz vor Festival-Beginn bangten die Organisatoren noch um ein besonderes Highlight. Die MS Rhein-Energie, die zum Gothic-Traumschiff umgewandelt wurde, drohte aufgrund des Niedrigwassers im Rhein nicht am Kennedyufer anlegen zu können. Doch der permanente Regen in den vergangenen Tagen spülte doch noch genug Wasser unter den Kiel. So lag die „Orbit Stage“ doch direkt vor dem Tanzbrunnen am Anker.
Das Musik-Programm bot wieder einen großen Querschnitt aus Electro, Dark Rock und EBM. Am Sonntag waren auch Lord of the Lost, die beim Eurovision Song Contest im Mai für Deutschland an den Start gegangen waren, unmittelbar vor OMD am Start.
Am Samstag waren mit Deine Lakaien und Front 242 zwei große Namen auf der Tanzbrunnen-Bühne zu erleben. Aber auch das elektronisch-sinfonische Musikprojekt Das Ich wurde bejubelt. Sänger Stefan Ackermann hatte gleich auch noch eine Botschaft für die Fans: „Es gibt zwei Dinge, die mich derzeit stören. Zum einen die Tatsache, dass Krieg herrscht, zum anderen die AfD. Ich bin der Erste, der sich zur Verfügung stellt im Kampf gegen Rassismus“.
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Abseits der Bühnen war ein großer Gothic-Markt aufgebaut. Dort gab es jede Menge Klamotten, Schmuck oder Stahl-Skulpturen, sogar Quietscheenten mit Vampirzähnen und Skelettlook. Auch kulinarisch war einiges geboten. An einem Stand gab es Waffeln in Penis- und Vulva-Form. Neben Met wurde auch Kirschbier ausgeschenkt.
Die Szene kann sich bereits jetzt auf die nächste Ausgabe freuen. Vom 27. bis 28. Juli 2024 steigt das 18. Amphi-Festival. Mit And One und Blutengel stehen schon erste Top-Bands fest.