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Große EM-BilanzKöln verabschiedet sich als Austragungsort: Was lief super? Was war schlecht?

Köln verabschiedet sich als EM-Austragungsort aus dem Turnier. Zeit für ein erstes Fazit: Was war gut? Und was war schlecht?

von Niklas Brühl  (nb)

Schluss, Aus, Köln hat fertig! Mit dem Viertelfinaleinzug der Spanier gegen Georgien ist das letzte der fünf Spiele zu Ende gegangen, die während der Europameisterschaft in Köln stattgefunden haben.

Auch wenn die EM noch nicht vorbei ist, der Austragungsort Köln verabschiedet sich jetzt frühzeitig aus dem Turnier. Zeit genug, um eine erste Bilanz zu ziehen. Was bleibt von den letzten 15 Tagen EM-Wahnsinn in Köln? Was war gut? Was hätte besser laufen können?

EM in Köln: Das lief richtig gut in den vergangenen 15 Tagen

Die Kleinen ganz groß: Kleinere Fußball-Nationen wie Georgien, Slowenien und allen voran Schottland haben eine gewaltige Duftmarke in Köln hinterlassen. Die Herzlichkeit der positiv-bekloppten schottischen Fans hat wie die Faust aufs Auge zum kölschen Lebensgefühl gepasst.

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Sie feierten, tranken, blieben dabei aber immer respektvoll und zeigten Interesse an der kölschen Kultur. Das Video, in dem zwei Schotten einem älteren Herren am Heumarkt den Regenschirm hielten oder die Geschichte um das verlorene Handy vom schottischen Fan Kieran sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.

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Aber auch andere Nationen haben in Köln einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Die slowenischen Fans beispielsweise, die bei ihrem Fanmarsch so richtig Lärm machten. Oder die Belgierinnen und Belgier, die mit einer älteren Dame vom Balkon aus eine Laola-Welle starteten. Ihr dürft alle gerne wiederkommen!

Die Helden im Hintergrund: Wenn viele Menschen nach Köln kommen, wie aktuell während der EM, fällt auch viel Arbeit an – in vielerlei Hinsicht. Die Beschäftigten in der Gastronomie haben anstrengende Tage hinter sich, waren vor allem an den Spieltagen in Köln im Dauereinsatz.

Die zahlreichen Volunteers, die den Gästen innerhalb der Stadt mit Rat und Tat zur Seite standen und immer zur Stelle waren, wenn die internationalen Fans Hilfe benötigten.

Die AWB säubert die Stadt nach einem EM-Spiel.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AWB waren während der EM im Dauereinsatz.

Oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der AWB, die in den Nächten schuften mussten, um das Stadtbild nach einem durchzechten Fußballabend wieder auf Vordermann zu bringen. Ihr habt die EM in Köln zu einem großartigen Erlebnis gemacht!

Die englischen Fans können sich benehmen: Ja, so ein wenig eilt den englischen Fußballfans ein zweifelhafter Ruf voraus. Asozial, besoffen, auf nichts Rücksicht nehmend. In Gelsenkirchen kam es beim ersten Spiel der Three Lions auch zu Auseinandersetzungen einiger England-Anhänger mit serbischen Fußballfans.

Anders sah das in Köln aus. Zwar sangen und feierten sich die Engländerinnen und Engländern nicht so sehr in die kölschen Herzen wie ihre britischen Nachbarn aus Schottland, aber auch die zahlreichen englischen Fans bleiben positiv in Erinnerung.

An einem der wenigen Sonnentage während der EM zelebrierten sie ihre Liebe zum Fußball am Alter Markt, Groß und Klein kickten zusammen oder sie trällerten ihre Liedchen. Randale oder Ausschreitungen gab es keine, so soll es sein! Nur den „Ten German Bomber“-Song könnt ihr beim nächsten Mal gerne zu Hause lassen.

Die Stadt zeigt Augenmaß und Flexibilität: Ja, auch die Stadt Köln gehört gelobt. In den Public-Viewing-Areas am Heumarkt (Platz für ca. 8000 Menschen) und am Tanzbrunnen (12.000) herrschte regelmäßig tolle Stimmung. Die Verantwortlichen zeigen darüber hinaus Augenmaß, als die Locations wegen des Andrangs bereits vor Anpfiff einzelner Partien geschlossen werden musste.

Es war oft sehr voll, allerdings hatten die Besucherinnen und Besucher immer noch genug Luft zum Atmen und Raum für sich. Auch die Schaffung eines dritten Public-Viewing-Bereichs am Konrad-Adenauer hat, zumindest zweimal, sehr gut funktioniert. Tausende Schottinnen und Schotten wichen ans Rheinufer aus, als die Bravehearts in Köln spielten und die anderen Fanzonen bereits voll waren.

Fans schauen das Deutschland-Spiel am Konrad-Adenauer-Ufer.

Das Achtelfinale der deutschen Nationalmannschaft verfolgten tausende Fans auch am Konrad-Adenauer-Ufer.

Ähnlich sah es beim deutschen Achtelfinale gegen Dänemark aus. Gerne weiter so, bis die DFB-Elf dann (hoffentlich) im Finale steht. Die Spezial-Fanzone auch beim England-Spiel geöffnet zu haben, war hingegen ein kleiner Flop. Nur um die 1500 Fans versammelten sich auf der für mehrere zehntausend Menschen ausgelegten Fläche.

Polizei und Sicherheitskräfte strahlen Ruhe und Gelassenheit aus: Dass es bislang nicht zu größeren Vorfällen und Ausschreitungen kam, ist neben den friedlichen Fans vor allem auch den zahlreichen Polizei- und Sicherheitskräften rund um die Kölner Fanzonen zu verdanken.

Sie sind in großer Anzahl immer sichtbar und präsent, lassen den Fans aber ihren nötigen Freiraum und versprühen eine angenehme Gelassenheit. Wenn es mal zu kleinen Streitigkeiten kam, was bei solchen Menschenmengen gar nicht zu verhindern ist, schritten die Beamtinnen und Beamten schnell ein, ohne dabei den Bogen zu überspannen.

Einsatzkräfte der Polizei stehen am Konrad-Adenauer-Ufer zwischen Fußballfans.

Die Beamtinnen und Beamten waren während der EM in Köln immer präsent.

Viel eher wurde auch mal mit den Fans gesprochen und gewitzelt. Danke für euren Einsatz!

EM 2024 in Köln: Das hätte besser laufen können

Das Wetter passt nicht so ganz: Und was lief eher nicht so gut während der EM in Köln? Das Wetter hat die Fußball-Euphorie der Menschen in Köln und im gesamten Bundesgebiet wohl noch nicht so recht mitbekommen.

Bis auf wenige Ausnahmen waren bislang kaum so richtige Sommertage dabei. Stattdessen gab es viele Schauer und Gewitter, so auch pünktlich zum Abpfiff des deutschen Achtelfinales am Samstagabend (29. Juni). Unzählige Blitze ließen die Nacht in Köln beinahe taghell erscheinen.

Hier lesen: Denkwürdiges DFB-Spiel Achterbahnfahrt der Gefühle in Köln - Fans können gleich doppelt durchatmen

Am 18. Juni musste die Fanzone aufgrund eines vorhergesagten Unwetters sogar gänzlich geschlossen bleiben. Für die letzten Turniertage darf es gerne nochmal etwas sommerlicher werden!

Wildpinkeln nervt: Ein Kritikpunkt an den vielen internationalen Fans muss trotz der überwiegend tollen Atmosphäre erwähnt werden. Auch wenn viele Anwohnerinnen und Anwohner in Köln beispielsweise durch Karneval bereits leidgeprüft sind, ist das Wildpinkeln zahlreicher internationaler Fans ein kleiner Wermutstropfen in der sonst äußerst positiven Betrachtung des kölschen Turnierverlaufs.

Vor allem während der Fanmärsche oder beim Public-Viewing am Rheinufer war das Aufkommen von Wildpinklern enorm. An einigen Stellen bildeten sich sogar Pfützen – und das nicht aufgrund des Regens. Dabei wurde zur EM enorm aufgestockt: Unzählige Dixi-Klos, Toilettenwagen und Urinalsterne stehen verteilt in der Stadt. Bitte nutzen! Alles andere ist eklig, es stinkt und es nervt.

Horrende Preise für ein Stadionbier: Es ist kein Köln-spezifisches Problem, denn die Getränkepreise in den Stadien hat die Uefa vorgegeben. Allerdings stockte wohl bereits vielen Fans der Atem, als sie die Preise im Rhein-Energie-Stadion zur EM sahen.

Sieben Euro für einen halben Liter Kölsch, plus drei Euro Pfand – das ist schon happig! Auch die Preise für Cola (sechs plus drei Euro Pfand) und Wasser (fünf plus drei Euro Pfand) haben es in sich.

Immerhin: Bei den Public-Viewing-Events am Heumarkt, im Tanzbrunnen oder am Konrad-Adenauer-Ufer ist die Stadt Köln für die Preise zuständig. Ein 0,3-Liter-Kölsch kostet vier Euro plus zwei Euro Pfand – hier sind Preise zumindest etwas humaner.

Ansonsten gibt es an der EM-Performance in Köln wenig auszusetzen. Viele Menschen haben dazu beigetragen, dass in der Stadt in den vergangenen 15 Tagen zahlreiche unvergessliche Fußballfeste gefeiert wurden.

Und das Beste ist: Es ist ja auch noch nicht vorbei. Auch wenn es keine Spiele mehr in Köln gibt, läuft die EM noch weitere zwei Wochen. Und wenn die DFB-Elf von Julian Nagelsmann weiterhin erfolgreich im Turnier bleibt, wird diese EM den Kölnerinnen und Kölnern noch sehr lange in Erinnerung bleiben.