Die Karnevalssession war kurz und knackig. In nur sechs Wochen fanden in Köln zahlreiche Sitzungen, Partys und Veranstaltungen statt. EXPRESS.de zieht Bilanz und benennt die Tops und Flops.
Karneval 2024 in KölnTops und Flops: Starke Haltung der echten Jecken – Einheitsbrei in Sälen nervt
Hinter Kölns Jecken liegt eine echte Turbo-Session. Zwischen dem Einzug in die Hofburg am 2. Januar und der offiziellen Verabschiedung des Dreigestirns bei „Zick eröm“ am Dienstagabend (13. Februar 2024) lagen nur 41 Tage.
Es war wieder einmal eine bunte Zeit voll kölschem Theater und Jeckespill. Für das Trifolium von der KG Treuer Husar endete die Fastelovends-Zeit bitter. Da Friedrich Klupsch blitzschnell an der Hüfte operiert werden musste, erlebte Köln zum Finale nur noch ein „Zweigestirn“.
Karneval in Köln: Nur 41 Tage lagen zwischen Hofburg-Einzug und „Zick eröm“
Wochenlang hatte Jungfrau Frieda trotz großer Schmerzen tapfer auf die Zähne gebissen und nahezu alle Termine absolviert. Friedrich und sein Bruder, Bauer Werner, sorgten für viele Sympathiepunkte an der Seite von Prinz Sascha I. Der wiederum zeigte beim Prinzen-Essen viele Gefühle und öffnete dort seine Seele.
An Aschermittwoch ist für die Jecken erst einmal alles wieder vorbei, ehe es am 11. November in die neue Session mit dem Motto „FasteLOVEnd – wenn Dräum widder blöhe“ geht. EXPRESS.de blickt noch einmal zurück. Unser Karnevals-Duo hat zahlreiche Termine besucht und viele Gespräche geführt. Das sind die Tops und Flops der zurückliegenden jecken Zeit.
Karneval 2024: Tops der Session
Die Stimmung: Die Jecken wirkten regelrecht ausgehungert nach kölscher Musik, lustigen Reden, tänzerischen Höchstleistungen und dem Miteinander. In den Sälen war es stellenweise ohrenbetäubend laut, in den richtigen Momenten aber auch respektvoll leise. Die Nachfrage nach Karten für Sitzungen und Partys war hoch. Köln kann nach Corona wieder richtig Karneval – und hat das eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Die Haltung: Gerade das Festkomitee hat in dieser Session mehrmals klare Kante gezeigt. Ausnahmsweise wurde der „Kallendresser“-Wagen als Statement gegen alle Nazis frühzeitig bei der Demonstration in der Deutzer Werft gezeigt. Auch mit zahlreichen anderen Persiflagewagen wurde der Zeigefinger gegen Rechtsruck, Antisemitismus, Hass und Gewalt gehoben. FK-Präsident Christoph Kuckelkorn zeigte mit seinem Team mehrmals Haltung. Durch viele Aktionen und Statements wurde deutlich, dass Konfetti bunt und nicht braun ist.
Die Mottowahl: Selten war ein Motto so präsent. Die enge Einbeziehung von Theaterelementen und Bühnen der Stadt sorgten für einen ständigen Bezug zum „Jeckespill“. Noch mehr Lob verdient schon jetzt die Botschaft für 2025. Köln wird voller Flowerpower-Momente sein. Die Devise „Make Fastelovend – not War“ wird so fortgeführt.
Der Ring-Versuch: Strömender Regen und fehlende Werbung im Vorfeld hatten zwar dafür gesorgt, dass die erstmals durchgeführte Straßenkarnevals-Veranstaltung auf dem Hohenstaufenring kaum besucht wurde. Aber was die Verantwortlichen in Rekordzeit auf die Beine gestellt hatten, ließ sich sehen. Der Plan, Jugendliche zumindest in Teilen aus dem Zülpicher Viertel wegzulocken, kann aufgehen, wenn am Konzept und der Umsetzung weiter gefeilt wird. Wichtig ist nur ein schnelles Bekenntnis. Wenn es zum 11.11. eine Wiederholung geben soll, müssen die Weichen dafür schon jetzt gestellt werden – nicht wieder erst fünf Wochen vorher.
Echte Jecke: Das katastrophale Wetter sorgte dafür, dass die Sauf-Touristen vor allem an Weiberfastnacht der Stadt fernblieben. Das Fehlen der Menschen, die Köln zuletzt an den jecken Tagen einfach nur besucht hatten, um sich ohne Grenzen und Regeln danebenzubenehmen, sorgte für eine entspanntere Lage bei Polizei und Rettungsdiensten im Kwartier Latäng. So wehte selbst durch das Studentenviertel stellenweise wieder ein Hauch echter Karnevalsstimmung. Zudem zeigten Hunderte von Jugendlichen, die sich in Karnevalsvereinen engagieren, wie Brauchtum Begeisterung auslösen kann. Auch die Kneipen waren große Gewinner. Gemütlich schunkeln geht drinnen bei jedem Wetter.
TV-Freude: Die Übertragung der Fernsehsitzung aus dem Gürzenich schauten sich am Montag 3,44 Millionen Menschen an. Die Sendung war eines Rosenmontags würdig. Das lag auch am neuen Moderator Marcus Gottschalk, der souverän und modern durch das Programm führte. Zudem bewies der WDR beim Zusammenschnitt von zwei Aufzeichnungsabenden ein gutes Händchen, um die einzelnen Programmpunkte vernünftig rüberzubringen.
Karneval 2024: Flops der Session
Fehlende Vielfalt: Die Literaten der Vereine stecken in der Zwickmühle. Viele glauben, dass nur die erste Garde an Bands und Rednern für einen ausverkauften Saal sorgt. Daher scheuen sich die meisten, auch mal dem Nachwuchs oder den eher unbekannteren Künstlern eine Chance zu geben. Heraus kam oft ein Einheitsbrei. Die bekannten sieben, acht Top-Bands sowie fünf, sechs Büttenredner waren nahezu überall zu erleben. Die Abläufe der Veranstaltungen waren oft deckungsgleich. Durch die Monopolstellung der Platzhirsche bleibt kein Raum für Überraschungen.
Die Preise: Ein Glas Kölsch drei Euro, ein Kranz für 33 Euro, ein Pittermännchen für 135 Euro. Karneval geht vor allem in den bekannten Locations mächtig ins Geld. Teure Getränke, hohe Preise für kleine Snacks, zahlreiche weitere Kosten für Garderobe, Toilette, Parkhaus oder Fotos – dann auch noch Weinzwang in gewissen Häusern. Da kann die Lust auf das organisierte jecke Treiben schon mal auf der Strecke bleiben.
Die Auflagen: Karneval ist ein Publikumsmagnet. Natürlich ist deshalb ein hoher Sicherheitsstandard inzwischen bei Veranstaltungen Pflicht. Doch die Stadt Köln überdreht die Schraube. Für die Alternativveranstaltung auf dem Ring musste ein 68-seitiges Sicherheitskonzept her, inklusive Notärzten und Intensivbetten. Die Stadt Köln profitiert enorm durch den Karneval – Events und Tourismus lassen die Steuern sprudeln. Gleichzeitig wälzt die Verwaltung viele Auflagen auf die Vereine ab. Die jüngsten Aussagen vom Festkomitee lassen verhärtete Fronten erkennen. Der städtische Zuschuss müsse dringend erhöht werden, um auch die Veedelszüge zu erhalten, lautet eine deutliche Forderung.
Das Wetter: Naturgemäß sind an Karneval keine sommerlichen Temperaturen zu erwarten. Doch vor allem an Weiberfastnacht meinte es Petrus nicht gut mit den Jecken. Der strömende Regen zerstörte einige Veranstaltungen. Bei der Sessionseröffnung auf dem Alter Markt oder beim Südstadtzug „Jan un Griet“ goss es wie aus Eimern. Der Straßenkarneval auf dem Hohenstaufenring wurde angesichts des Wetters quasi nicht besucht. Auch Rosenmontag waren alle nach dem Zoch durchgefroren und einmal durchnässt.
Die Termin-Hatz: Natürlich wollten alle Beteiligten in der knappen Session möglichst die gleichen Einnahmen wie immer erzielen. Zudem wünschten sich die Gesellschaften, dass alle Wünsche erfüllt werden. Doch das führte am Ende zu einem enormen Termin-Stress bei allen. Das Dreigestirn konnte kaum einen Auftritt richtig genießen, weil der Kalender so voll war. Die Künstler absolvierten ihre Auftritte im Akkord. Erstaunlich, wie wenige gesundheitliche Ausfälle diese Fließbandarbeit dennoch verursacht hat. Zum Glück ist die nächste Session drei Wochen länger.
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TV-Ärger: Die Proklamation war für die Gäste im Saal ein Reinfall. Auch vor dem Fernseher wollte bei der WDR-Produktion keine Stimmung aufkommen. Das ZDF zog sich zudem den Zorn der Jecken durch einen lieblosen Zusammenschnitt der Mädchensitzung zu. Die Mitarbeitenden der TV-Sender nehmen gerne viele Sonderrechte für sich in Kauf und glauben, dass alle nach ihrer Pfeife tanzen müssen. Die Umsetzung wirkt aber oft stümperhaft und wenig originell.
Kriminelle im Fasteleer: Massenhafter Handy-Diebstahl in der Hofburg, Einsatz von K.-o.-Tropfen auf Partys und Sitzungen. Leider mischen sich auch immer häufiger kriminelle Gestalten unter das bunte Treiben. Dass die Polizei mit der Kampagne „It's a dress, not a yes“ eine Präventionskampagne gegen sexualisierte Gewalt starten musste, zeigt, wie viele sich im bunten Treiben danebenbenehmen.